Das Testament des Satans
finden. Allein kann ich den Kampf nicht gewinnen, um die Progression des Todes aufzuhalten. Ich muss Yannic suchen.
Der Hüter des Erzengels
Intermezzo 8
Im Scriptorium
Kurz vor fünf Uhr morgens
Ma Doue, jetzt schon? Bestürzt verbirgt Corentin sich in den Schatten der Treppe und blickt hinunter ins Scriptorium, wo Jourdain, halb hinter einer Säule verborgen, an einem Lesepult sitzt und in der Purpurchronik blättert.
Corentin beugt sich vor und späht um die Ecke, um zum Geheimarchiv hinüberzusehen. Jourdain hat die Tür aufgeschlossen – Abelard hatte ihm den Schlüssel übergeben, den Raymond als sein Adlatus zuvor verwahrt hatte.
Diese Nacht ist verflucht.
Mit einem lähmenden Gefühl der Traurigkeit beobachtet Corentin den Frater, der wieder seine Finger mit der Zunge anfeuchtet, um die durch das Gift verklebten Seiten umzublättern.
Das ist sein Todesurteil.
Jourdain hat gerade die Seite mit dem Fluch aufgeschlagen, als ein Geräusch an der Tür zum Gästesaal ihn herumfahren lässt. »Hast du mich erschreckt!«
Padrics Gesicht ist grau wie ausgebrannte Asche. »Die Laudes beginnen gleich. Die Fratres versammeln sich schon im Kreuzgang. Was machst du hier?«
»Sieh mal, was ich gefunden habe.« Jourdain winkt seinen Freund heran und zeigt ihm den Fluch.
Padric rutscht neben ihn auf die Holzbank und zieht den Kodex zu sich heran. »›Verflucht seist du, Diener des Satans, der du diese Worte liest! Saint-Michel vernichte dich und werfe deine gottlose Seele hinab in die Feuer der Hölle!‹«, liest er und bekreuzigt sich erschrocken. »Gott im Himmel!«
Jourdain deutet auf die weggekratzte Schrift, die noch schwach zu lesen ist. »Guck mal hier!«
Padric beugt sich tief über den Kodex und blinzelt im Kerzenschein. »Das Liber Secretorum Diaboli -das Buch der Geheimnisse des Teufels?« Er blickt auf. »Was soll das sein?«
Jourdain entziffert die schemenhafte Schrift. »› … ein Buch, mit Satans Hilfe von einem Mönch verfasst, das in Buchstaben aus Feuer Geheimnisse offenbart, die selbst den Engeln des Himmels verborgen geblieben sind …‹«
Padric lehnt sich zurück. »Glaubst du, dass Conan und Raymond wegen dieses Buches gestorben sind?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich werde es herausfinden.«
»Wo hast du’s gefunden? Ich hab’s noch nie gesehen.«
»In einer Truhe im Geheimarchiv. Komm, ich will dir noch was zeigen. Was zum Gruseln, weißt du. Eine Reise in die Hölle. Ein Abstieg in den grauenvollen Abgrund der menschlichen Fantasie. Du wirst es nicht glauben, bis du es siehst.«
Padric folgt Jourdain zur offenen Tür des Archivs. Ihre aufgeregten Stimmen hallen durch das Heulen des Sturms bis zu Corentin, als Jourdain seinem Freund das Dämonenloch und die darin verborgenen Blutskizzen zeigt. Corentin beobachtet seine Konfratres so angespannt, dass er erschrocken zusammenzuckt, als plötzlich die Glocke der Kirche zum Stundengebet ruft.
Als er sich umwendet, steht Yann hinter ihm und mustert ihn mit einem Blick, der Corentin das Blut gefrieren lässt. Wie lange steht er schon dort?
Yannic
Kapitel 60
In der Sakristei der Abteikirche
Das Stundengebet der Laudes um fünf Uhr morgens
Während Lucien mir das weiße liturgische Gewand über den Kopf zieht, bereite ich mich im Stillen auf das Stundengebet vor.
Werde ich das ›Vergib uns, wie auch wir vergeben‹ sprechen können, wenn Corentin vor mir kniet?
»Hältst du nachher auch die Morgenmesse, wenn die Montois in die Abtei kommen?«, fragt Lucien, während er an meinem Gewand herumzupft.
»Yvain hat mich darum gebeten.«
»Ich werde dafür sorgen, dass das Altartuch nicht verrutscht und den Kelch mitreißt. Oder dein Messgewand Feuer fängt.«
Ich muss lächeln. »Danke für den ›Hokuspokus‹ vorhin. Du hast Alessandra das Leben gerettet.«
»Ach Quatsch, das warst du.« Als ich nicht antworte, sieht er mir in die Augen. »Du liebst sie.«
Ich nicke nur.
»Glaubst du, eure Liebe hat eine Zukunft?«
Traurig senke ich den Blick und schüttele den Kopf.
Lucien legt mir die Hand auf die Schulter. »Komm jetzt.«
Ich folge ihm in die erleuchtete Abteikirche und gehe zum Altar hinüber.
Die meisten Konfratres haben sich schon eingefunden. Mit ausgebreiteten Armen liegen sie in einer festgelegten Formation in ihren weißen Gewändern vor dem Altar und murmeln Gebete. Jourdain und Padric betreten nacheinander die Kirche, huschen mit gerafften Roben an ihre Plätze, bekreuzigen sich und legen sich auch auf den
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