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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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den Zunder zu schlagen und den Kerzenstummel aus meiner Zunderdose zu entzünden. Schwach beleuchtet er den Korridor, der vor mir liegt.
    Morsche Eichenbalken stützen die Decke. Ist der Gang einsturzgefährdet?
    Nach wenigen Schritten endet er an einer Zisterne. Ich bin jetzt unterhalb von Notre-Dame-sous-Terre. Der Felsen vor mir birgt den keltischen Totentempel.
    Die Treppe in die Abteikirche muss ganz in der Nähe sein. Ich schütze die Flamme mit der Hand und verbrenne mir beinahe die Finger, während ich den Gang zurückhaste und um die Ecke biege.
    Vor mir erhebt sich eine Mauer aus großen Granitblöcken.
    Dahinter muss die Treppe hinauf in die Abteikirche liegen.
    Aber hier geht es nicht weiter!
    Leise nähern sich schlurfende Schritte.
    Nur ein Mönch?
    Ich flüchte zurück, dem Verfolger entgegen. Da vorn ist die Treppe, die wieder ins Verlies hinabführt.
    Ich biege um die Ecke – und erstarre. Langsam kommt mir ein schwarzer Schatten entgegen.
    Corentin.
    Er trägt ein Schwert in der Hand.
    Eoghans? Oder Robins?
    Oder das Flammenschwert des Satans?
    Wo ist Yannic?, schießt es mir durch den Kopf. Ist er tot?
    Ich wirbele herum und erreiche nach wenigen Schritten die schmale Treppe mit der Tür, die zur offenen Plattform hinaufführt. Mit der Schulter werfe ich mich dagegen. Tyson kreischt protestierend, als die Tasche gegen die Mauer knallt.
    Ich stoße die Tür auf und flüchte hinaus auf die Plattform.
    Das Sigillum Dei aus Conans Blut. Dahinter der Abgrund, der fast senkrecht bis zur Mole mit Yannics Boot abfällt. Gewaltige Strebepfeiler, die die Abtei und die Kirche halten, wachsen wie die knorrigen Wurzeln eines alten Baumes aus dem steilen Felsabhang. Es ist Irrsinn, auch nur daran zu denken: Die Felsen sind zu schroff und zu steil, das Gras ist nass und rutschig, der Regen prasselt noch immer nieder. Nur eine einsame Eiche, deren Wipfel unterhalb der Plattform in den Böen wogen, keine Wurzel, kein Gebüsch, nichts zum Festhalten, um den Sturz abzubremsen.
    Ich weiche zurück.
    Corentin tritt auf die Plattform, nimmt das Schwert in beide Hände und hebt es über seinen Kopf.
    Das war’s!, denke ich.
    »Und ich sah, als das Lamm das sechste von den sieben Siegeln öffnete, dass der große Tag des Zorns gekommen ist. Und wer vermag zu bestehen? Das sechste Siegel, Alessandra, das bist du … Sprich dein letztes Gebet. Es ist so weit.«

Yannic
Kapitel 74
    Vor dem Portal des Châtelets im Saal der Wachen
Gegen halb acht Uhr morgens
    Wo bleibt sie denn? Das Gefühl der Angst erstickt mich fast. Sie hätte längst hier am Portal sein müssen. Was ist bloß geschehen?
    Eine Minute vergeht. Eine zweite.
    Sie kommt nicht.
    Ich muss sie suchen.
    Das Testament des Satans schlägt mir hart auf den Rücken, während ich über den Hof hetze und die Tür der Merveille aufreiße, um durch den Klostergarten an der Nordflanke dorthin zurückzukehren, wo wir uns vorhin getrennt haben.
    Keine Spur von ihr.
    Und wo sind eigentlich meine Konfratres?
    »Alessandra?«
    Keine Antwort.
    Rasch werfe ich einen Blick ins Scriptorium. Nichts. Im Gästesaal ist sie auch nicht. Also zurück, die Treppe hinunter und den Gang entlang ins Labyrinth der Treppen und Gänge im einsturzgefährdeten Flügel.
    »Alessandra!«
    Kein Schreien, keine Schritte, kein Miauen – nur Totenstille.

Alessandra
Kapitel 75
    Auf der Plattform des eingestürzten Westflügels
Gegen halb acht Uhr morgens
    »Das sechste Siegel, Alessandra, das bist du … Sprich dein letztes Gebet. Es ist so weit.«
    Wer das siebte sein wird, kann ich mir denken: Yannic.
    Corentin wird sich für seinen vermeintlichen Verrat rächen.
    Der Hüter der Lade kommt langsam näher.
    Ein Blick über seine Schulter: Hinter ihm ragt das mit Gestrüpp überwucherte Mauerwerk des abgestürzten Gebäudeteils in den Himmel. Die Reste von zwei zerborstenen Gewölbepfeilern bewahren die Wand vor dem Einsturz. Auf ihnen kann ich wie auf einer steilen Treppe hinaufsteigen.
    Ich werde es schaffen, denke ich zuversichtlich. In den Bergen oberhalb von Granada bin ich tagelang herumgeklettert. Ich habe Berge bestiegen und Gletscher überquert, um mich auf die Expedition nach Timbuktu vorzubereiten. Diese Wand ist nur zwei Stockwerke hoch und bietet genügend Halte und Tritte. Zwei Minuten, höchstens drei.
    Ich stürme los, ducke mich unter Corentins Schwerthieb hindurch, erreiche das zerklüftete Mauerwerk des rechten Pfeilers, nutze den Schwung des Anlaufs, um einen wackeligen Haufen

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