Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
mich wieder auf den Rücken, atme tief und gleichmäßig und stelle mich schlafend, während der Assassino näher kommt. Wer ist er?
    Undeutlich nehme ich wahr, dass er neben dem Bettpfosten steht, der den Baldachin mit dem aufgestickten Saint-Michel stützt, unter dem schon die Könige von England und Frankreich geschlafen haben. Er starrt mich an, voller Hass und Zorn, aber auch voller verzweifeltem Entsetzen. Dann greift er zu seiner schwarzen Kapuze und streift sie ab.
    Mein Gott! Ich halte die Luft an.
    Ein hageres Gesicht wie aus grob behauenem Stein, gesprungen und abgeplatzt, starrt mich an. Die pergamenttrockene Haut in sich verdreht und verknotet, bedeckt von blutigen und eitrigen Wunden. Keine Haare, keine Augenbrauen oder Wimpern. Schwarze Augen, matt und leblos. Schmale, blutleere Lippen. Und eine Wunde im Gesicht, so tief, dass der Wangenknochen darunter zu sehen ist.
    Ein lebendiger Toter!
    Ich muss mich zwingen, still liegen zu bleiben und ruhig weiterzuatmen. Ich beobachte ihn aus den Augenwinkeln. Mein Blick gleitet an ihm herab, zum Skapulier seines Habits.
    Spitze Knochen, wie Messerklingen unter der aufgeplatzten Haut. Und Hände, gekrümmt wie Klauen, über und über bedeckt von weißem Schorf und aufgerissenen, blutenden, eiternden Wunden.
    Diese Ausgeburt der Hölle ist ganz gewiss ein Mensch! Mit einer fürchterlichen Krankheit!
    Tommasos Worte kommen mir in den Sinn: »Das Testament des Satans soll in einer Truhe liegen, die immer verschlossen bleiben muss. Wer sie öffnet, muss auf grauenvolle Weise sterben, wie von einem inneren Feuer verbrannt …«
    Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Aber ich wage es nicht, mich zu bewegen. Obwohl er näher kommt, um sich über mich zu beugen.
    Es ist totenstill, nur das Fauchen des Sturms ist zu hören …
    … bis weit entfernt, irgendwo in der Abtei, der durchdringende Klagelaut eines bretonischen Dudelsacks ertönt. Ist das Yannic, der diese sehnsuchtsvolle Melodie aus dem Finistère spielt?
    Der wandelnde Dämon stößt einen Fluch aus. Welche Sprache ist das? Bretonisch?
    In diesem Augenblick richte ich mich auf, packe die Hand mit dem Dolch und reiße sie schwungvoll über mich hinweg, sodass der Assassino, der nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen scheint, mit einem überraschten Keuchen gegen das Bett taumelt, das Gleichgewicht verliert und auf mich fällt. Tief bohrt sich der Dolch in das Seidenlaken neben mir und schlitzt die mit Daunen gefüllte Matratze auf. Feiner Flaum quillt durch den Riss.
    Der Assassino japst nach Luft. Er will die Klinge herausreißen, doch mit einem harten Schlag auf sein Handgelenk, den mir mein Großvater, der Condottiere des Papstes, beigebracht hat, entwaffne ich ihn. Er schreit auf vor Schmerz, weil ich ihm mit dem kraftvollen Hieb beinahe das knochige Gelenk breche. Als er sich aufrichtet, schlage ich mit der Innenseite meines Unterarms gegen seine linke Halsseite, was ihn benommen macht. Solange er sich nicht wehren kann, lege ich meinen Arm im Würgegriff um seinen Hals und halte ihn fest.
    Ich umfasse seinen Nacken und drücke mit aller Kraft zu. Er ahnt intuitiv, was ich vorhabe, und entwindet sich mir tretend und wie ein Verrückter um sich schlagend, bevor ich ihn in wenigen Augenblicken in tiefer Bewusstlosigkeit versinken lasse, indem ich durch den festen Druck meiner Finger die Blutzufuhr zu seinem Gehirn unterbreche. An den Seiten des Halses befinden sich die Halsschlagadern und die wichtigsten Nervenstränge zum Gehirn. Wenn ich zu lange drücke, ist der Griff tödlich.
    Seine Faust trifft mich ins Gesicht, sodass sich meine Umklammerung für einen Moment lockert. Sofort reißt er sich los, wirbelt herum und springt vom Bett, um durch den Saal zum Portal zu flüchten.
    Ich hetze hinterher.
    Was für ein Glück, dass ich für meine nächtliche Exkursion Hemd und Hose angezogen habe!
    Noch ganz benommen taumelt er, stolpert über den Saum seiner Kukulle, gleitet auf den blau emaillierten Fliesen aus und fällt der Länge nach zu Boden. Ich packe seine Schulter und reiße ihn herum, um ihm den Dolch an die Kehle zu legen. Ich will wissen, wer er ist! Doch wieder reißt er sich los, rammt mir mit voller Wucht seine Faust in den Bauch, rappelt sich auf und torkelt zur Tür.
    Das war ein Hieb!
    Nach Luft japsend bleibe ich vornübergebeugt stehen, die Hände auf den zitternden Knien abgestützt, und warte, dass sich das Feuerwerk in meinen Nerven beruhigt und die Funken vor meinen Augen

Weitere Kostenlose Bücher