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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Wir belauern uns, verdächtigen uns und bedrohen uns gegenseitig. Die Stimmung ist düster und gewalttätig. Die Spannung lässt die Luft knistern, wie vor einem Gewittersturm. Ein Spion schleicht durch die Abtei, weil er uns an die Engländer verraten will. Er ist einer von uns, ein Freund, ein Bruder, der beim Stundengebet neben dir in der Kapelle steht und mit dir den Friedenskuss tauscht – oder ist es ein Judaskuss? Und ein Mörder im schwarzen Habit hinterlässt eine Spur aus Blut und rätselhaften Zeichen. Auch er ist einer von uns – aber wer? Wieso tötet er Mönche? Und wer ist sein nächstes Opfer? Robin oder Conan? Du, Yannic? Oder ich?
    Ich kann nicht mehr. Und ich will auch nicht mehr. Seit dem Mord am Gesandten des Papstes und dem geheimnisvollen Verschwinden seines Leichnams habe ich Angst, Yannic, furchtbare Angst. Genauso wie du. Das Böse ist entfesselt, etwas Unheimliches, Gewalttätiges und Blutgieriges nimmt Gestalt an in der Abtei.« Und mit bebender Stimme fügt er an: »Satan ist auf den Mont-Saint-Michel zurückgekehrt! Er ist hier.«

Alessandra
Kapitel 13
    In der Krypta Notre-Dame-sous-Terre
Kurz nach ein Uhr nachts
    Die dumpfen Schläge hallen noch immer durch den Gang. Ich verlasse die Krypta, hetze die Treppe hoch und biege nach rechts ab ins Promenoir, in die Wandelhalle der Mönche mit dem niedrigen Kreuzgewölbe, das sich gefährlich nach unten durchzubiegen scheint.
    Die Stimmung in diesem Raum ist erdrückend, als breche das Gewölbe jeden Moment über mir zusammen und begrabe mich unter den Trümmern. Kein Wandteppich, kein Fresko heitert die lastende Stimmung auf, die die Mönche im Winter jeden Mittag ertragen müssen, wenn es im Kreuzgang zu kalt ist für die Meditation und den Mönchen im eisigen Wind die Gedanken im Kopf festfrieren.
    Aus der gegenüberliegenden Türöffnung flackert Licht. Trampelnde Schritte kommen eine Treppe herauf. Jemand kommt mir entgegen, eine flackernde Kerze in der Hand. Als er mich sieht, bleibt er abrupt stehen, unschlüssig, wie er sich verhalten soll.
    Ich klemme mir das schwere Buch unter den linken Arm und ziehe meinen Dolch.
    Mit einem erstickten Keuchen stürmt er zwischen den Säulen hindurch auf eine Treppe nahe der Seitenwand zu. Das Kerzenlicht verschwindet nach unten in die Salle de l’Aquilon, in den Saal des Adlers.
    Ich lege den Kodex in eine Felsnische am Ende des Promenoirs, vermutlich ein Rest des zerstörten keltischen Heiligtums, und folge ihm die Stufen hinunter.
    Unten bleibe ich stehen. Er ist nicht mehr da!
    »Merda!«, sagen wir Römer, wenn wir so richtig in Rage sind. Diese Abtei ist das reinste Labyrinth! Unübersichtlich, beklemmend und bedrohlich.
    Ich sehe mich um. Von hier aus kann der Assassino durch den Klostergarten in die Merveille entkommen, in den Almosensaal, den Gästesaal, das Scriptorium, das Dormitorium. Oder, in die andere Richtung, durch den Kerker wieder hinauf in die Abteikirche.
    Plötzlich durchzuckt mich ein Gedanke: der Kodex!
    Ich haste die Treppe wieder hinauf und reiße den Folianten an mich.
    Aufatmend eile ich weiter in die Treppengalerie. Die Treppe rechts führt hinauf zum Hof zwischen Kreuzgang und Kirche, wo Vittorino starb. Geradeaus, im Vorraum der Krypta Notre-Dame-des-Trente-Cierges, liegt der Cachot du Diable, der Kerker des Satans, der dort einer Legende nach an einer Säule angekettet war – wer’s glaubt! Die verzweifelten Schreie vorhin, kamen sie von dort? Wie auch immer, der kleine Raum ist jetzt dunkel und verlassen. Links von mir ist die Tür zum Scriptorium. Im Saal ist es finster wie in Dantes Inferno.
    Ich bleibe in der offenen Tür stehen und lausche. Doch nur der Sturm ist zu hören. Ein Heulen, wie von Engeln und Dämonen, die einander durch den Himmel jagen, erfüllt den Saal. Die Montois haben recht: Es klingt grauenvoll.
    Mit der Kerze in der Hand gehe ich hinunter in den Saal und lege das Buch auf ein Schreibpult. Die Bücherregale sind verwüstet. Die Folianten, die ich vorhin auf der Suche nach dem Testament des Satans durchgeblättert habe, liegen auf den Steinfliesen. Daher das Krachen, das ich eben gehört habe! Ich wende mich um. Die Tür zum Archiv steht offen – augenscheinlich hat er auch dort nach dem Teufelskodex gesucht.
    Eine Frage drängt sich mir auf: Ist er der Hüter dieses Buches, der jeden tötet, der den Folianten lesen will? Vittorino. Conan. Yannic. Mich. Das verspricht ja eine aufregende Nacht zu werden. Denn genau das habe ich vor.
    Dann

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