Das Testament eines Excentrischen
die berühmten Fälle, nach denen er sich zu begeben hatte.
Von Chicago aus führte ihn der Bahnzug um den unteren Busen des Michigansees zunächst in dem an Illinois grenzenden Indiana nach der Station Ainsworth und von da nach Michigan City. Trotz ihres Namens gehört die Stadt aber nicht zu diesem Staate, sie bildet vielmehr einen der Häfen von Indiana.
Wenn der vertrauensselige Reporter unter dem Bahnnetze der Gegend gerade diesen Weg gewählt hatte, wobei er über New Buffalo kam, und sich dann in Jackson, einem wichtigen Industriecentrum mit über zwanzigtausend Seelen, einige Stunden aufhielt, wenn er dann in nordöstlicher Richtung weiter fuhr, so geschah das, weil er Detroit besuchen wollte, wo er in der Nacht vom 7. zum 8. Mai ankam.
Am nächsten Morgen wurde er nach kurzem Schlummer in dem schön ausgestatteten Zimmer eines Hôtels, von dem aus sein Name sich schnellstens in der ganzen Stadt verbreitet hatte, schon frühzeitig von Hunderten neugieriger Leute begrüßt – doch nein, weniger von neugierigen als von theilnahmsvollen Personen, die sich vorgenommen zu haben schienen, ihm den ganzen Tag nicht von den Fersen zu weichen. Vielleicht bedauerte er, sich jetzt nicht hinter dem Schleier eines Incognitos verbergen zu können, da es ihm ja nur darauf ankam, die Stadt flüchtig zu durchstreifen. Versuch’ es aber nur einer, sich der Berühmtheit und ihren Unbequemlichkeiten zu entziehen, wenn er Hauptberichterstatter der »Tribune« und einer der »Sieben« vom Match Hypperbone ist!
Unter zahlreicher und lärmender Begleitung besuchte er also die wichtigste Stadt von Michigan, dessen Regierungssitz das bescheidene Lansing ist. Diese blühende Stadt, die aus einer 1670 von Franzosen angelegten und befestigten Handelsniederlassung entstanden ist, leitet ihren Namen von dem Worte
detroit
(Meerenge) her, da hier der Strom, durch den der Huronsee seine Fluthen in den Eriesee ergießt, nur vierhundert Toisen (780 Meter) breit ist. Ihr gegenüber erhebt sich, gleichsam als Vorort, die canadische Stadt Windsor, in die den Fuß zu setzen der vierte Partner sich weislich hütete. Er hatte übrigens gerade nur Zeit zu einem Besuche der Hauptstadt mit ihren zweihunderttausend Einwohnern, die ihn mit Begeisterung empfingen und ihm die besten Wünsche für Erfolg entgegenbrachten, was sie jedem andern Partner gegenüber wohl ganz ebenso gethan hätten.
Harris T. Kymbale reiste schon am Abend weiter. Wäre es ihm gestattet gewesen, die canadischen Eisenbahnen zu benutzen und durch den südlichen Theil der Provinz Ontario zu fahren, so hätte er, durch den langen Tunnel unter dem Saint-Claireflusse, nahe bei dessen Ausmündung in den Huronsee, auf geraderem Wege nach Buffalo und den Niagarafällen gelangen können. Das Gebiet der Dominion zu berühren, war ihm aber verboten. Er mußte sich nach dem Staate Ohio wenden und hier bis Toledo hinuntergehen, jener rasch zunehmenden Stadt, die am Südende des Eriesees erbaut ist. Von hier aus verlief sein Weg schräg nach Sandusky zu, durch die reichsten Weingelände von Amerika, und weiter, längs des östlichen Seeufers, nach Cleveland. Das ist eine prächtige Stadt mit zweihundertzweiundsechzigtausend Seelen; ihre Straßen sind von Ahornbäumen beschattet, ihre Avenue des Euklid bildet die Elysäischen Felder Amerikas, und ihre Vorstädte ziehen sich an herrlichen Hügeln hinan. Dazu führen die Petroleumquellen der Umgebung der Stadt die reichsten Schätze zu, auf die selbst Cincinnati neidisch sein könnte. Weiter berührte Kymbale Erie City in Pennsylvanien und verließ diesen Staat wieder an der Station Northville, von wo aus er in den Staat New York kam; dann eilte er an Dunkirk vorbei, das mit Gas aus natürlichen Quellen beleuchtet ist, und erreichte am Abend des 10. Mai Buffalo, die zweite Stadt des Staates, wo er hundert Jahre früher Tausende von Bisons, statt jetzt Hunderttausende von Einwohnern gefunden hätte.
Entschieden that Harris T. Kymbale wohl daran, sich in der schönen Stadt nicht aufzuhalten, auf eine Besichtigung ihrer Alleestraßen, ihrer Baumgänge im Niagara-Parke zu verzichten, und auch die Niederlagen und mächtigen Elevatoren am Ufer des Sees, durch den die Gewässer des Niagara strömen, unbesucht zu lassen. Binnen zehn Tagen, als letztem Termin, mußte er in Santa-Fé, der Hauptstadt von Neumexiko eingetroffen sein, und bis dahin war eine Strecke von vierzehnhundert Meilen (2253 Kilometer) zurückzulegen, die nicht einmal überall
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