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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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aber ihre Eltern hätten ihn nicht gerufen. Natürlich wollten sie, dass ich mich um die Kleine kümmerte. Die bima ist hier schon immer heimisch, und die shalyun brauen ihre eigenen Mittel gegen das Gift dieser Schlange. Ich habe kein einziges Mal erlebt, dass sie damit Erfolg gehabt hätten. Gestern nun hat der shalyun nach meinem Weggang einige Geister beschworen und in der Mitte des Dorfes eine Zeremonie gehalten, bei der er mir die Schuld am Tod des Mädchens gab. Mir und Gott.«
    Ihre Worte kamen rasch, sie sprach schneller als sonst, als habe sie es eilig, noch einmal ihre Muttersprache zu benutzen.
    »Während der Beisetzungsfeier heute haben er und einige Unruhestifter angefangen, ganz in der Nähe ihre Gesänge anzustimmen und ihre Tänze aufzuführen. Die bekümmerten Eltern sind vor Scham vergangen. Es war mir unmöglich, die Feier zu beenden.« Ihre Stimme war ein wenig unsicher, sie biss sich auf die Lippe.
    Nate legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. » Es ist schon gut. Es ist vorbei.«
    Vor den Indianern konnte sie nicht weinen. Sie musste stark und unerschütterlich sein, unter allen Umständen ihren Glauben und ihren Mut beweisen. Aber vor Nate konnte sie weinen, er würde es verstehen. Er fand nichts dabei.
    Sie wischte sich die Augen und sammelte sich wieder. »Es tut mir leid«, sagte sie.
    »Ach was«, sagte Nate. Er war gern bereit, ihr zu helfen. Vor Frauentränen schmolz jede gespielte Selbstsicherheit dahin, ganz gleich ob in einer Kneipe oder am Ufer eines Flusses im Urwald.
    Vom Dorf herüber ertönten laute Rufe. Das Ringen hatte begonnen. Nate dachte kurz an Jevy. Bestimmt war er nicht der Versuchung erlegen, mit den Männern herumzutollen.
    »Sie sollten jetzt abreisen«, brach sie mit einem Mal das Schweigen. Sie hatte ihre Gefühle wieder unter Kontrolle, ihre Stimme klang wie immer.
    »Was?«
    »Ja, jetzt. So schnell wie möglich.«
    »Nichts lieber als das. Aber warum plötzlich diese Eile? In drei Stunden ist es dunkel.«
    »Es gibt Gründe zur Besorgnis.«
    »Ich höre.«
    »Ich vermute, dass ich heute im anderen Dorf einen Fall von Malaria gesehen habe. Die Moskitos verbreiten die Krankheit sehr schnell.«
    Nate kratzte sich sogleich und wäre am liebsten sofort ins Boot gesprungen. Dann fielen ihm seine Tabletten ein. »Mir kann nichts passieren. Ich nehme irgendwas, das mit Chloro anfängt.«
    »Chloroquine?«
    »Genau.«
    »Wann haben Sie damit angefangen?«
    »Zwei Tage bevor ich aus den USA abgeflogen bia.«

    »Und wo haben Sie die Tabletten jetzt?«
    »Auf dem großen Boot.«
    Missbilligend schüttelte sie den Kopf. »Sie müssen sie ohne Unterbrechung einnehmen, vor, während und nach der Reise.« Jetzt sprach sie im Ton einer strengen Ärztin, als stehe sein Tod kurz bevor.
    »Und was ist mit Jevy?« fragte sie. »Nimmt er die auch?«
    »Er war Soldat. Dem passiert bestimmt nichts.«
    »Ich will nicht mit Ihnen streiten, Nate. Ich habe bereits mit dem Häuptling gesprochen. Er hat heute morgen vor Sonnenaufgang zwei Fischer zur Erkundung ausgeschickt. Wegen der Überschwemmung sind die Gewässer hier auf den ersten zwei Stunden der Strecke schwierig, dann wird es einfacher. Er wird Ihnen drei Führer in zwei Kanus zur Verfügung stellen, und ich gebe Ihnen Eako mit, damit Sie keine Schwierigkeiten wegen der Sprache haben. Sobald Sie den Xeco erreicht haben, geht es immer geradeaus zum Paraguay.«
    »Wie weit ist das?«
    »Der Xeco liegt etwa vier Stunden entfernt, und bis zum Paraguay sind es sechs.
    Außerdem fahren Sie mit der Strömung.«
    »Wenn Sie das für richtig halten. Sie scheinen ja alles geplant zu haben.«
    »Vertrauen Sie mir, Nate. Ich hatte schon zweimal Malaria. Das ist alles andere als angenehm. Beim zweiten Mal hätte es mich fast das Leben gekostet.«
    Nate hatte noch nie an die Möglichkeit gedacht, dass Rachel sterben könnte. Die Regelung des Phelan-Nachlasses dürfte chaotisch genug sein, solange sie sich im Urwald versteckte und nicht bereit war, die Papiere zu unterschreiben. Sofern sie starb, würde es Jahre dauern, Ordnung in den Wirrwarr zu bringen, der dadurch entstünde.
    Außerdem bewunderte er sie im hohen Maße. Sie war alles, was er nicht war -
    stark und tapfer, unerschütterlich im Glauben, zufrieden mit einem einfachen Leben, sicher in ihrer Gewissheit, wohin sie auf der Erde wie im Jenseits gehörte. » Sterben Sie nicht Rachel«, sagte er.
    »Der Tod macht mir keine angst. Für uns Christen ist er eine Belohnung. Aber beten

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