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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nie Geld verdient hatte, gern Gitarre spielte und schon bald ein richtiger Rockstar sein wollte. Seine neue Gruppe trug den passenden Namen Demon Monkeys, doch war er nicht sicher, ob es klug war, unter diesem Namen Aufnahmen zu machen. Er trieb keinen Sport, hatte noch nie eine Kirche von innen gesehen, sprach so wenig wie möglich mit seiner Mutter und sah am liebsten MTV, wenn er nicht schlief oder Musik machte.
    Diesen verkorksten Jungen zu therapieren würde eine Milliarde Dollar kosten, dachte Nate bei sich. Er war in weniger als einer Stunde mit ihm fertig.
    Die letzte Zeugin der Woche war Geena. Vier Tage nach dem Tod ihres Vaters hatte sie mit ihrem Mann Colby den Kaufvertrag für ein Haus unterschrieben, das knapp vier Millionen Dollar gekostet hatte. Als Nate sie unmittelbar nach ihrer Vereidigung damit konfrontierte, begann sie zu stottern und hilflose Blicke zu ihrer Anwältin Ms. Langhorne hinüberzuwerfen, die ebenso überrascht war wie sie selbst. Diesen Vertrag hatte ihre Mandantin ihr verschwiegen.
    »Wie wollten Sie für das Haus zahlen?« fragte Nate.
    Die Antwort lag auf der Hand, das aber durfte sie auf keinen Fall zugeben. »Wir haben Geld«, sagte sie trotzig und öffnete Nate damit eine Tür, die er sofort weit aufstieß.
    »Dann wollen wir über Geld reden«, sagte er lächelnd. »Sie sind dreißig Jahre alt und haben vor neun Jahren fünf Millionen Dollar bekommen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Wie viel davon ist noch da?«
    Sie kämpfte lange mit der Antwort, denn die war nicht einfach. Cody, erklärte sie, habe viel Geld verdient, und sie hätten einen Teil investiert, vieles ausgegeben, es sei alles so verwickelt, man könne nicht einfach auf den gegenwärtigen Kontostand sehen und sagen, dass von den fünf Millionen noch so und so viel übrig sei. Nate reichte ihr den Strick, an dem sie sich gehorsam aufhängte.
    »Wie viel Geld befindet sich gegenwärtig auf Ihren Konten und denen Ihres Mannes?« fragte er.
    »Das müsste ich nachsehen.«
    »Nur schätzungsweise.«
    »Sechzigtausend Dollar.«
    »Und was haben Sie an Haus- und Grundbesitz?«
    »Nur unser Haus.«
    »Wie viel ist das zur Zeit wert?«
    »Das müsste ich feststellen lassen.«
    »Raten Sie einfach. Sagen Sie irgendeine Zähl, die Ihnen zuzutreffen scheint.«
    »Dreihunderttausend.«
    »Und wie hoch ist die Hypothek darauf?«
    »Zweihunderttausend.«
    »Auf welchen Wert veranschlagen Sie in etwa Ihren Aktienbesitz?«
    Sie kritzelte einige Zahlen und schloss die Augen. »Rund zweihunderttausend.«
    »Verfügen Sie über weitere bedeutende Vermögenswerte?«
    »Eigentlich nicht.«
    Nate rechnete rasch. »Das heißt, dass nach neun Jahren von Ihren fünf Millionen so ungefähr drei- bis vierhunderttausend Dollar übriggeblieben sind. Stimmt das?«
    »Das kann nicht sein. Ich meine, das kommt mir ziemlich wenig vor.«

    »Sagen Sie uns doch bitte noch einmal, wie Sie das Geld für das neue Haus aufbringen wollten?«
    »Durch Codys Arbeit.«
    »Was ist mit dem Nachlass Ihres verstorbenen Vaters? Haben Sie je daran gedacht?«
    »Vielleicht ein bißchen.«
    »Inzwischen hat Sie der Verkäufer des Hauses verklagt, nicht wahr?«
    »Ja, wir haben aber Gegenklage eingereicht. Es gibt eine Reihe von Dingen zu klären.«
    Sie wich seinen Fragen aus und war rasch mit Halbwahrheiten bei der Hand. Nate kam zu dem Ergebnis, dass sie sich von allen Phelan-Nachkommen als die gefährlichste erweisen konnte. Sie gingen Codys Unternehmungen durch, und es zeigte sich rasch, wo das Geld geblieben war. Er hatte im Jahre 1992 eine Million im Kupfertermingeschäft verloren, eine weitere halbe Million in ein Projekt gesteckt, bei dem er mit tiefgekühlten Hähnchen reich werden wollte, und das Geld ebenfalls verloren. Eine Anlage zur Zucht von Angelwürmern in Georgia hatte ihm einen Verlust von sechshunderttausend Dollar eingetragen, als eine Hitzewelle alle Würmer dahinraffte.
    Cody wie Geena waren unreif, führten mit dem Geld eines Dritten ein sorgloses Leben und träumten davon, eines Tages den ganz großen Erfolg zu landen.
    Am Ende ihrer Befragung erklärte sie, ohne mit der Wimper zu zucken, dass ihre Anfechtungsklage gegen das Testament nicht das geringste mit Geld zu tun habe.
    Nate ließ sie gewähren. Sie fügte hinzu, dass sie ihren Vater sehr geliebt habe, wie er übrigens auch sie, und dass er seine Kinder im Testament bedacht hätte, wenn er bei klarem Verstand gewesen wäre. Dass er einer Unbekannten alles hinterlassen habe, sei ein klarer

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