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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hob.
    Sie sah Nate voll Entsetzen an. Ihre Brüder hatten sie auf das Schlimmste vorbereitet.
    Aber es war Freitag, und Nates Bedürfnis, die Stadt zu verlassen, war dringender als das eines Hungrigen, der etwas zu essen brauchte. Er lächelte ihr zu und begann mit einfachen Fragen zu ihrem Lebenslauf: Kinder, Jobs, Ehen. Eine halbe Stunde lang verlief alles angenehm. Dann begann er, ihre Vergangenheit zu erforschen. Als er sie fragte: »Wie oft haben Sie eine Alkohol- oder Drogenentziehungskur mitgemacht?« war sie entsetzt. Darauf sagte er: »Ich habe das selbst viermal durchgemacht. Sie brauchen sich also nicht zu schämen.« Sein Freimut entwaffnete sie.

    »Ich weiß es wirklich nicht mehr genau«, sagte sie. »Aber ich bin seit sechs Jahren nicht rückfällig geworden.«
    »Großartig«, sagte Nate, gleichsam von einem Süchtigen zum anderen. »Gut für Sie.«
    Danach sprachen die beiden über alles, als wären sie allein. Nate musste sie nach privaten Dingen fragen und bat dafür um Entschuldigung. Er erkundigte sich nach dem Verbleib ihrer fünf Millionen, und sie erzählte, durchaus nicht ohne Humor, Geschichten von guten Drogen und schlechten Männern. Im Unterschied zu ihren Brüdern hatte Libbigail einen festen Halt im Leben gefunden. Er hieß Spike, ein früherer Motorradfahrer, der ebenfalls Entziehungskuren durchgemacht hatte. Sie lebten in einem kleinen Haus in einem Vorort von Baltimore.
    »Was würden Sie tun, wenn Sie ein Sechstel des Nachlasses Ihres Vaters bekämen?«
    fragte Nate.
    »Erst einmal richtig einkaufen«, sagte sie. »Das würde wohl jeder tun, Sie bestimmt auch. Aber diesmal würde ich vernünftig mit dem Geld umgehen, wirklich vernünftig.«
    »Was würden Sie als erstes kaufen?«
    »Die größte Harley, die es gibt, für Spike. Dann ein hübscheres Haus als unser jetziges, aber keine protzige Villa.« Ihre Augen glänzten, während sie das Geld ausgab.
    Ihre Befragung dauerte keine zwei Stunden. Auf sie folgte ihre Schwester Mary ROSS Phelan Jackman, die Nate ebenfalls anstarrte, als hätte er Reißzähne. Von den fünf erwachsenen Phelan-Kindern war Mary ROSS als einzige noch mit ihrem ersten Ehepartner zusammen, einem Orthopäden, für den es aber schon die zweite Ehe war. Sie war geschmackvoll gekleidet und trug hübschen Schmuck.
    Die Antworten auf die ersten Fragen ergaben, dass auch sie sich übermäßig lange auf dem College herumgedrückt hatte, doch ohne Drogensucht, Verhaftungen oder Zwangsexmatrikulation. Mit dem väterlichen Geld war sie drei Jahre lang in die Toskana und zwei weitere Jahre nach Nizza gezogen. Mit achtundzwanzig hatte sie den Orthopäden geheiratet, dann zwei Kinder bekommen. Die Mädchen waren inzwischen sieben und fünf Jahre alt. Wie viel von den fünf Millionen noch vorhanden war, ließ sich nicht genau feststellen. Ihr Mann kümmerte sich um die Bankgeschäfte, und Nate vermutete, dass sie zu den Leuten gehörten, die zwar wohlhabend sind, aber enorme Schulden haben. Das von Josh zur Verfügung gestellte Material über Mary ROSS führte ein großes Haus und teure Importwagen, eine Eigentumswohnung in Florida und ein geschätztes Jahreseinkommen des Orthopäden von 750000 Dollar auf. Er zahlte jeden Monat zwanzigtausend an eine Bank, seine Abzahlungsrate für ein fehlgeschlagenes Unternehmen, bei dem er gemeinsam mit einem Partner sämtliche Autowaschanlagen im nördlichen Teil Virginias in seine Hand hatte bringen wollen.
    Außerdem besaß der Orthopäde eine Wohnung in Alexandria, wo er eine Geliebte unterhielt. Man sah Mary ROSS und ihren Mann nur selten zusammen. Nate beschloss, nicht darauf einzugehen. Mit einem Mal hatte er es eilig, achtete aber sehr darauf, das nicht zu zeigen.
    Ramble schlurfte nach der Mittagspause mit seinem Anwalt Yancy herein, der offensichtlich völlig durcheinander war, weil sein Mandant ein intelligentes Gespräch führen sollte. Inzwischen waren die Haare des Jungen leuchtend rot, was irgendwie zu seinen Pickeln passte. Sein ganzes Gesicht schien seiner Piercing-Sucht zum Opfer gefallen zu sein, alles saß voller Ringe und Stecker.
    Den Kragen seiner schwarzen Lederjacke hatte er hochgeschlagen wie James Dean, so dass er an seine Ohrringe stieß.
    Nach wenigen Fragen war klar, dass der Junge so dumm war, wie er aussah. Da er bisher noch keine Gelegenheit gehabt hatte, Geld zu verschleudern, stellte ihm Nate kaum eine Frage dazu. Sie einigten sich darauf, dass er selten zur Schule ging, allein im Keller lebte, noch

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