Das Testament
war, betrieb er seinen Plan, die Sozietät sofort zu verlassen, mit Nachdruck. Er konnte das Geld schon riechen.
Libbigail Phelan Jeter, ein aufsässiges kleines Mädchen, hatte ihre Mutter Lillian nicht außtehen können und um die Aufmerksamkeit des Vater gebuhlt, der selten zu Hause war. Sie war neun Jahre alt, als sich ihre Eltern scheiden ließen.
Lillian, die überzeugt war, dass Troy nichts von Kindererziehung verstand, steckte die Tochter mit vierzehn Jahren ins Internat. Während der ganzen High School bemühte sich Troy entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, mit Libbigail in Kontakt zu bleiben. Oft sagte er ihr, sie sei ihm die liebste von allen. Auf jeden Fall war sie die klügste.
Doch er kam nicht zu ihrer Abschlussfeier und vergaß auch, ihr ein Geschenk zu schicken. In den Sommerferien, bevor sie aufs College ging, malte sie sich aus, womit sie ihm weh tun konnte. Sie flüchtete sich nach Berkeley. Angeblich wollte sie dort mittelalterliche irische Lyrik studieren, in Wahrheit aber stand ihr der Sinn nicht nach Studieren. Troy war der Gedanke zuwider, dass sie ein College in Kalifornien besuchte, noch dazu ein so radikales. Der Vietnam-Krieg stand kurz vor dem Ende. Die Studenten hatten gewonnen. Es war Zeit zu feiern.
Sie stieg schnell in die Welt der Drogen und des sorglosen Geschlechtsverkehrs ein. Zusammen mit anderen Studentinnen und Studenten jeglicher Hautfarbe und sexueller Vorlieben bewohnte sie ein dreistöckiges Haus. Ihre Anzahl und ihre Konstellationen wechselten von Woche zu Woche. Sie bezeichneten sich als Kommune, doch gab es weder eine Struktur noch Regeln. Geld spielte keine Rolle, weil die meisten Kinder reicher Eltern waren. Man kannte Libbigail einfach als junges Mädchen aus einer wohlhabenden Familie in Connecticut. Zu jener Zeit besaß Troy nur rund hundert Millionen.
Voll Experimentierfreude arbeitete sie sich durch die verschiedenen Drogen, bis sie dem Heroin verfiel. Ihr Dealer war Tino, ein Schlagzeuger in einer Jazzband, den es irgendwie in ihre Kommune verschlagen hatte. Er stammte aus Memphis, war Ende Dreißig, hatte die High School nicht zu Ende gemacht, und niemand wusste genau, auf welche Weise oder wann er zu ihnen gestoßen war. Allerdings wollte das auch niemand wissen.
Libbigail brachte es fertig, zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag einigermaßen clean nach Osten zu reisen, denn bei dieser Gelegenheit bekam jedes der Phelan-Kinder vom Alten das sehnlich erwartete Geschenk. Troy hielt nichts davon, für seine Kinder Geld treuhänderisch anzulegen. Wenn sie mit einundzwanzig noch nicht gefestigt waren, warum sollte er ihnen dann immer noch Zügel anlegen? Ein mündelsicher angelegtes Vermögen verlangte zu seiner Verwaltung nach Treuhändern und Anwälten und führte zu ständigen Auseinandersetzungen mit den Begünstigten, denen es nicht behagte, dass Buchhalterseelen darüber befanden, wie viel Geld sie bekommen sollten. Gib es ihnen, war Troys Devise, und dann wird man sehen, ob sie schwimmen oder untergehen.
Die meisten Phelan-Kinder gingen rasch unter.
Troy war zu Libbigails Geburtstag nicht da, sondern auf einer Geschäftsreise irgendwo in Asien. Inzwischen war er längst wieder verheiratet. Seine zweite Frau, Janie, hatte ihm Rocky und Geena geboren, und seine erste Familie interessierte ihn nicht mehr.
Libbigail vermisste ihn nicht. Die Anwälte erledigten alles, was für die Übergabe des Geldgeschenks nötig war, und sie verbrachte mit Tino eine Woche bekifft in einem piekfeinen Hotel in Manhattan.
Ihr Geld reichte fast fünf Jahre. In diesem Zeitraum gab es zwei Ehemänner, zahlreiche Lebensgefährten, zwei Festnahmen, drei längere Aufenthalte in geschlossenen Entziehungsanstalten und einen Autounfall, der sie fast das linke Bein gekostet hätte.
Ihr gegenwärtiger Mann, Spike, den sie bei einer ihrer Entziehungskuren kennengelernt hatte, war früher mit dem Motorrad durch die Lande gefahren. Er wog fast hundertfünfzig Kilo und hatte einen wirren grauen Bart, der ihm bis auf die Brust fiel. Er hatte sich inzwischen zu einem anständigen Kerl gemausert und baute in einer Werkstatt hinter ihrem bescheidenen Heim in Baltimores Vorort Lutherville Schränke zusammen.
Nach der Besprechung mit Hark suchte Libbigail umgehend die kleine Kanzlei ihres Anwalts Wally Bright auf und berichtete ihm brühwarm alles, was Hark gesagt hatte. Wallys Spezialität waren schnelle Scheidungen, für die er an den Bushaltestellen im Gebiet von Bethesda warb. Er
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