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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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weiß es nicht, und das, obwohl ich wirklich jeden hier an der Schule gefragt habe«, erwiderte Melody mit seltsam hohler Stimme. »Meine Zimmergenossin ist schon völlig gelangweilt, weil ich ständig über ihn rede.«
    Ryan lächelte sie schief an. »Dann rede halt mit mir darüber. Ich verspreche dir, mir wird das Thema nicht langweilig.«
    Melody errötete ein wenig, drehte sich aber nicht weg. »Zunächst dachte ich, er hätte die Schule verlassen, wie Jeffrey Holmes.«
    Jetzt blieb Ryan wie angewurzelt stehen. »Jeffrey Holmes?«, wiederholte er. »Wer ist das denn?«
    »Ach, ein Typ, der im November gegangen ist. Aber er war nicht wie Kip. Er hasste es hier, und nach Thanksgiving ist er einfach nicht mehr zurückgekommen.« Ihre Augen umwölkten sich, und Ryan fragte sich, woran sie wohl gerade dachte, doch er verpasste die Gelegenheit, sie direkt danach zu fragen. »Na ja, wir dachten alle, dass Kip auch abgehauen ist. Sogar Clay hat das vermutet.«
    Einen Moment lang liefen sie schweigend nebeneinanderher, dann platzte Ryan mit der gleichen Frage heraus, die er Clay bereits am Abend zuvor gestellt hatte. »Hast du gestern spätabends etwas gehört? So um Mitternacht?«
    Melody schaute ihn verwundert an. »Was soll ich denn gehört haben?«
    Ryan zögerte kurz. »Einen Schrei«, sagte er dann und wartete, dass sie lachte, aber sie lachte nicht.

    Stattdessen verdrehte sie die Augen. »Ach, das ist bloß ein blöder Scherz«, sagte sie. »Das machen sie bei jedem neuen Schüler. Da schleichen sich irgendwelche Witzbolde heimlich aus dem Schlaftrakt, so weit weg, dass man sie kaum noch hören kann, und dann schreit einer. Der Neue will natürlich wissen, was das war, und erfährt dann, dass wir hier Geister haben. Blöd, nicht?« Ryan nickte, froh, dass er Melody gefragt hatte und nicht beim Mittagessen Clay und seinen Freunden Gelegenheit gegeben hatte, sich auf seine Kosten zu amüsieren. Doch dann wurde Melodys Gesichtsausdruck ernst. »Aber das Komische ist«, fuhr sie fort, »dass man hin und wieder solche Schreie hört, auch wenn wir keine neuen Schüler haben. Weißt du, einige dieser Gebäude sind mehrere Hundert Jahre alt, und es kursieren allerlei wüste Geschichten, wozu sie früher angeblich gedient haben.«
    Ryan hatte plötzlich wieder die Bilder der Inquisition vor Augen.
    Melody lachte. »Und stell dir vor, hier soll auch der Geist einer alten Nonne umgehen, der nachts durch die Flure schleicht.«
    »Hast du ihn mal gesehen?«
    Melody schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht! Niemand, den ich kenne, hat den Geist tatsächlich mit eigenen Augen gesehen - aber jeder kennt jemand, der jemand kennt, der ihn gesehen haben will. Ich persönlich glaube ja nicht, dass das ein Geist ist. Ich glaube, das ist Schwester Mary David - die ist weiß Gott alt genug, um schon längst ein Geist zu sein.« Melody kicherte, wurde aber gleich wieder ernst. »Aber wer weiß? Wer weiß schon wirklich was? Ich meine, hier weiß niemand wirklich genau, was mit Jeffrey Holmes passiert ist.«

    »Oder mit Kip«, setzte Ryan leise hinzu.
    Melody sah ihn an, und Ryan hatte das unheimliche Gefühl, in ihren blauen Augen zu ertrinken. Sie nickte langsam. »Oder Kip«, wiederholte sie. »Wer weiß schon genau, was wirklich mit den beiden passiert ist?«

21
    Ohne nach rechts oder links zu schauen, marschierte Detective Patrick North durch den langen, sterilen Korridor. Im Laufe seiner Dienstjahre hatte er viel Zeit im Leichenschauhaus und im gerichtsmedizinischen Institut zugebracht, doch an die Aura des Todes - des unnatürlichen Todes - konnte er sich einfach nicht gewöhnen.
    Doch um Licht in diesen rätselhaften Fall zu bringen, mit dem er betraut war, musste er hier in der Pathologie beginnen.
    Vor einer unauffälligen Tür blieb er stehen. Auf einer kleinen braunen Resopalplatte stand in ebenso unauffälligen Buchstaben:
    BENJAMIN BREEN, M.D.
Bezirks-Gerichtsmediziner
    Die Tür war nur angelehnt, und aus dem Inneren drang leises Gemurmel. Er klopfte kurz an, schob die Tür ganz auf und trat ein.
    Ben Breen fand kaum Platz in dem winzigen Büro, das außer ihm und seinem vollgepackten Schreibtisch noch
unzählige Aktenstapel, ein überquellendes Bücherregal, Kartons mit eingetüteten Beweismitteln und diversem anderem Krimskrams beherbergen musste, die sich in den Ecken türmten. Sogar die beiden Plastikstühle, die wohl als Sitzgelegenheit für Besucher gedacht waren, mussten als Abstellfläche für Breens umfangreiche

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