Das Teufelslabyrinth
nicht zu erfahren.«
Breen legte die Akte wieder auf den Stapel und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ein sicheres Zeichen, dass das Gespräch für ihn alsbald beendet war. »Was immer den Jungen zu dieser Tat motiviert hat, resultiert aus einem kranken Geist, nicht aus einem kranken Körper«,
erklärte Breen. »Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.«
North erhob sich, schüttelte Breen über den Schreibtisch hinweg die Hand und verließ das Büro. Breen sprach schon wieder in sein Diktiergerät, noch ehe North die Tür hinter sich zugezogen hatte. Zu spät fiel ihm ein, dass er den Aktenstapel auf den Stuhl hatte zurücklegen wollen. Er blieb kurz stehen, überlegte und ging dann weiter, weil er keine Lust hatte, sich Breen innerhalb von zehn Minuten zweimal vorstellen zu müssen. Sollte der doch seine verdammten Akten selber finden.
Sobald er wieder in seinem Auto saß, rief North Kevin Peterson an. »Gut, so viel dazu«, sagte er, als sein Partner abgehoben hatte. »Keine Drogen - nichts. Was bedeutet, dass wir wieder am Anfang stehen.«
North hasste Anfänge.
22
Abdul Kahadija schloss die Tür hinter sich und verriegelte sie. Seiner täglichen Routine zu entfliehen und sich diese Zeit für die Gebete zu nehmen, erfüllte sein Herz mit Frieden.
Er ließ die Jalousien herunter und zog die dicken Vorhänge zu, um sowohl die Nachmittagssonne als auch die Geräusche der Stadt auszusperren.
Ja. Besser.
Viel besser.
Ruhig. Friedlich.
Er machte den Schrank auf, nahm eine Schachtel aus dem obersten Regal und stellte sie auf sein Bett. Langsam, ehrfürchtig beinahe packte er kufi und thobe aus und legte beides neben die Schachtel aufs Bett. Anschließend rollte er behutsam den alten Gebetsteppich auf dem Fußboden aus und platzierte ihn so, dass er genau nach Mekka zeigte.
Als Nächstes zog er sich aus und ging ins Badezimmer. Er hatte zwar nicht die Zeit, schon wieder ein Bad zu nehmen, begann aber mit dem Reinigungsritual, das er jeden Tag fünfmal absolvierte.
»Gepriesen sei Allah«, sagte er und ließ warmes Wasser über seine Hände laufen.
Nachdem er sich dreimal von Kopf bis Fuß gewaschen hatte, schlüpfte er in den thobe , den grauen, bodenlangen Kaftan und setzte die weiße, gehäkelte Kopfbedeckung auf.
Einen Moment lang blieb er stehen, das Gesicht nach Mekka gewandt, bereit, seine Gebete an Allah zu richten. Aber zuerst musste er seinen Geist klären.
Die Mission - der ultimative Rachefeldzug - wurde endlich Wirklichkeit, und die Aufregung darüber beeinflusste seine Konzentration.
Aber sie durfte nicht seine Gebete stören.
Er durfte nicht Gefahr laufen, Allah zu verärgern, denn in dieser Woche würde er in der Moschee Allah darum bitten, ihn zu dem einen Mann zu führen, der über die letzten Informationen verfügte, die er benötigte.
Bei dem Gedanken daran erhöhte sich sein Herzschlag, während er schweigend und mit geschlossenen Augen dastand. Dieser Auftrag war ganz allein der seinige; er hatte niemand, der ihm bei der Planung half, bei der Beschaffung der benötigten Dinge und letztlich der Ausführung.
Nur er allein wusste um die zahllosen Details, die diesen Plan erst möglich machten.
Er musste alles allein zuwege bringen, unendlich sorgfältig dabei vorgehen, durfte nicht den kleinsten Fehler begehen. Nur ein einziges, unangebrachtes Wort, ein kurzer Blick oder eine falsche Geste, und die jahrelange Planung wäre hinfällig .
Das durfte nicht geschehen.
Dafür würde er sorgen.
Unwillkürlich ballte Abdul die linke Hand zur Faust.
Und öffnete sie wieder, als er es bemerkte. Der Augenblick der Vergeltung würde kommen.
Das hier war die Zeit für Gebete und Andacht.
Die Zeit, der Pein des Lebens zu entfliehen und in die Arme Allahs zu sinken und die Vorfreude auf all das zu genießen, was Allah den Gläubigen versprach.
Mit einem tiefen Atemzug schob er alle weltlichen Belange beiseite und begann seine Gebete. Dazu nahm er die aufrechte qiyam -Pose ein, legte die Hände auf die Ohren, und alle Gedanken mit Ausnahme der allumfassenden, tiefen Liebe zu seinem Gott verflüchtigten sich.
»Allah u Akbar«, flüsterte er.
Allah ist groß.
23
Als Darren die Tür zur Bibliothek öffnete, fiel sein Blick als Erstes auf Sofia, die sich sofort von ihrem Stuhl erhob und ihn ansah, aber ohne den Anflug eines Lächelns, weder in ihren Augen noch um ihre Lippen. Dennoch bestand kein Zweifel, dass sie auf ihn gewartet hatte, und noch ehe er die Tür hinter
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