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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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gefurchter Stirn nach draußen.
    Der Wagen parkte in der Ladezone gleich am Fuße der Treppe.
    Und Tom Kelly saß am Steuer.
    Da wusste Ryan, dass er einem langweiligen Nachmittag entgegensah und später dann, anstatt mit Melody Hunt im Speisesaal von St. Isaac’s zu essen, mit diesem Tom Kelly in irgendeinem Restaurant würde hocken müssen.
    Gut, es war nur ein Abendessen. Anschließend würde er mit seiner Mutter nach Hause gehen, und dann hätte er sie den restlichen Abend und den morgigen Tag für sich allein.
    Kein Problem, er konnte einen Nachmittag und ein Abendessen mit Tom Kelly aushalten.

    Er hielt seiner Mutter die Beifahrertür auf, doch ehe sie einstieg, warf sie noch einen Blick zurück auf dieses alte, gotische Gebäude und zog dabei ihren Pulli enger am Hals zusammen, obwohl der Nachmittag sehr mild war. Dann legte sie ihre Hand auf Ryans Arm und fragte ihn, wobei sie ihm direkt in die Augen sah: »Was ist mit dem Enkel dieser Frau passiert?«
    Ryan schaute zum Eingangsportal hinauf, und plötzlich fielen ihm wieder die Schreie ein, die er in der Nacht auf Dienstag gehört hatte. Doch schon im nächsten Moment schüttelte er die Erinnerung daran ab, und auch die Hand seiner Mutter.
    »Keine Ahnung. Das weiß niemand.«

36
    Im Labor der Schule war Sofia Capelli wie jeden Samstag damit beschäftigt, ihre wöchentliche Aufgabe zu erledigen, die darin bestand, die Käfige zu reinigen, in denen die Frösche, Ratten und Kaninchen gehalten wurden - all die Versuchstiere, die für wissenschaftliche Experimente im Unterricht benutzt wurden. Sie brauchte dafür immer ungefähr eine Stunde und tat es ohne Widerwillen, nur vor den Fröschen grauste ihr ein wenig, weil sich deren Haut immer so glitschig anfühlte. Heute jedoch ekelte sie sich nicht vor ihnen. Sie hatte sich sogar einen auf die Hand gesetzt und krümmte die Finger um ihn, damit er nicht weghüpfte. Der Frosch hockte da, ohne sich zu rühren, so als
wüsste er, dass sie ihn ohne weiteres zerquetschen könnte. Er starrte zu ihr hoch, und Sofia schaute auf die kleine Kreatur in ihrer Hand hinab, und während ihre Blicke sich begegneten, hatte Sofia das Gefühl, dass der Frosch sie durchschaute - dass er wusste, was sie dachte.
    Und nicht nur das.
    Dass er sie hasste.
    Und sie wusste, weshalb.
    Er hatte genau hingesehen.
    Seit Wochen hatte er - und all die anderen Frösche in diesem Terrarium - mit angesehen, wie jeden Tag jemand kam und einen von ihnen packte, ins Labor trug, ihm eine schmale Klinge ins Rückgrat stieß und ihn dann aufschnitt, um anschließend seine Eingeweide zu untersuchen und mit ihnen zu spielen.
    Das tat ihnen natürlich nicht weh. Zumindest hatte Schwester Agnes das behauptet.
    Sofia war sich jetzt ganz sicher, dass dieser Frosch in ihrer Hand das alles genau mitverfolgt hatte, und sie spürte plötzlich den Hass, der von ihm ausging - Millionen winzige Nadeln, die so schmerzhaft auf sie einstachen wie die Skalpellklingen, die seine Artgenossen aufgeschlitzt hatten.
    Töte ihn, befahl ihr eine innere Stimme. Töte ihn, bevor er dich tötet.
    Der Stimme gehorchend - und nicht wirklich wissend, was sie da tat -, krümmte Sofia ihre Finger um den Frosch zur Faust, bis die zarten Knochen der kleinen Kreatur unter dem Druck brachen. Die Eingeweide waberten unter der gespannten Haut, ehe sie dann spritzend aus dem Maul und dem Anus quollen.
    Und die Stimme in ihrem Inneren seufzte zufrieden.

    Sofia öffnete ihre Finger, starrte auf die formlose Masse auf ihrem Handteller, wo eben noch ein lebendiger Frosch gesessen hatte, und ließ die Überreste in einen Abfalleimer fallen.
    Was hatte sie getan?
    Und warum?
    Übelkeit stieg in ihr hoch. Sofia wandte sich von dem Terrarium ab, machte die Rattenkäfige sauber und ging dann zu den Kaninchen. Die beiden ausgewachsenen Tiere, eines weiß, das andere schwarz, lagen Seite an Seite und schliefen, während ihr Nachwuchs an den Zitzen der weißen Kaninchenmutter nuckelte. Es waren sechs Junge, ein schwarzes, ein weißes und vier schwarzweiß Gemusterte.
    Genau wie Schwester Agnes vorhergesagt hatte, als sie ihnen die beiden erwachsenen Tiere gezeigt hatte.
    Und jetzt lagen sie alle friedlich beieinander.
    Alle bis auf eines.
    Das kleine weiße Junge schaute sie durch die Gitterstäbe hindurch an, fixierte sie geradezu mit seinen winzigen rosa Knopfaugen.
    Sofia klappte die Abdeckung des Käfigs auf, packte das weiße Junge an den Ohren und hob es heraus. »Lass das«, flüsterte sie,

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