Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
Nachbarschaft unterscheiden, und als er wie selbstverständlich zwischen zwei Häusern hindurch in den Garten seines Ziels schlüpfte, hätte er genauso gut in seine eigene Garage gehen können.
    Auf der Terrasse stand neben einem Tisch und vier Stühlen ein zugedeckter Grill, der im ersten Moment wirkte wie ein buckliger Gnom, und auch ohne die Sitzkissen und den Sonnenschirm konnte er sich vorstellen, dass es an den kommenden langen Sommerabenden dort sehr
gemütlich war. Doch noch wehte der Wind die letzten Herbstblätter umher, und der Garten sah öde und verlassen aus.
    Sorgfältig lauschte er in die Dämmerung. Aus dem Inneren des Hauses drang kein Laut. Auch in den Nachbarhäusern war es still. Durch den Glaseinsatz in der Küchentür sah er im Wohnzimmer eine Lampe brennen und eine weitere über dem Eingang. Ansonsten war es im Haus dunkel.
    Er streifte seine dünnen schwarzen Handschuhe über und zog den Glasschneider aus der Tasche. Er stellte sich dicht vor die Tür, um etwaige Geräusche zu dämpfen, dann schnitt er neben der Türklinke ein kreisrundes Loch aus dem Glas, drehte den Glasschneider um und stieß mit dem Griff einmal kräftig gegen den runden Ausschnitt.
    Dabei brach nicht das runde Glasstück heraus, sondern die ganze Scheibe zerbarst.
    Ein paar Häuser weiter fing ein Hund an zu bellen. Sonst passierte nichts.
    Abdul Kahadija griff durch die spitzen Glasscherben, machte von innen die Tür auf und schlich sich auf Zehenspitzen in die Küche. Es war zwar niemand zu Hause, dennoch wollte er auch das leiseste Geräusch vermeiden; das Klirren des zersplitternden Glases war unvermeidbar gewesen und daher verzeihlich, doch mehr Geräusche waren absolut unnötig.
    Abdul beabsichtigte, nichts von sich in diesem Haus zurückzulassen, keinen Laut, keinen Abdruck, nicht einmal einen Gedanken.
    Doch wo sollte er mit der Suche nach dem winzigen, leicht zu verbergenden Objekt anfangen, dem Zweck dieser Aktion?

    Es könnte überall sein.
    In der Mitte des Hauses blieb er ganz still stehen und versuchte die Bewohner zu erspüren. Wo würden sie so ein Relikt möglicherweise verwahren?
    Aber es wollte ihm einfach nicht gelingen, irgendein Gefühl für sie zu entwickeln. Sie waren für ihn so fremd - so seelenlos. Und sie hatten ganz gewiss keine Ahnung, was für ein wertvoller Schatz sich in ihrem Besitz befand.
    Er warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr. Zwanzig Minuten hatte er für die Aktion eingeplant, von denen bereits fünf verstrichen waren, und er hatte noch nicht einmal angefangen zu suchen.
    Er begann mit den kleinen Schubladen in der Küche, rechnete aber nicht wirklich damit, dort etwas zu finden. Eher pro forma kramte er rasch zwischen Gummibändern, ausgeschnittenen Rezepten, losen Schrauben, zerbrochenen Lichtschalterabdeckungen und anderem Krimskrams herum und beließ es dann dabei. In der Küche war es nicht.
    Das Wohnzimmer erschien ihm zu nüchtern; was er suchte, würde er hier nicht finden, auch nicht in den Laden des Sideboards, wo die Familie höchstwahrscheinlich ihr Silberbesteck aufbewahrte, so sie welches besaß.
    Die Schlafzimmer.
    Leichtfüßig und geräuschlos glitt Abdul die Treppe hinauf und ins Elternschlafzimmer, wo sein Blick umgehend auf eine mit Halbedelsteinen verzierte Lackdose fiel, die auf der Ankleidekommode stand.
    Gelobt sei Allah.
    Unbewusst zupfte er noch einmal an seinen dünnen schwarzen Handschuhen, ehe er den Deckel der Schatulle aufklappte.

    Im nächsten Moment ertönte eine blechern klingende Melodie, die so abrupt die Stille im Haus zerriss, dass Abduls Herz einen Schlag aussetzte.
    Doch schnell fand er den kleinen Knopf, mit dem sich die Musik abstellen ließ, und fingerte mit der anderen Hand durch den Schmuck der Hausherrin.
    Das Gesuchte fand sich allerdings nicht unter den billigen Halsketten und Armbändern in dieser wunderschönen Schatulle, die wahrscheinlich sehr viel wertvoller war als ihr Inhalt.
    Wo konnte er sonst noch nachsehen? Dann fiel es ihm wieder ein: Frauen versteckten häufig ihre wertvollsten Habseligkeiten bei ihrer Unterwäsche.
    Er zog die oberste Schublade der Kommode auf und schob vorsichtig die Hand zwischen die seidene Wäsche, tastete überall herum, auch ganz hinten in der Lade.
    Nichts.
    Wo dann? Wo?
    Der Nachttisch.
    Als er die kleine Lade aufzog, streifte er versehentlich mit dem Ellbogen eine gerahmte Fotografie, die auf dem Nachttisch stand. Er versuchte sie noch aufzufangen, griff daneben und musste

Weitere Kostenlose Bücher