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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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hätte nichts dagegen, ein wenig mit den Leuten zu plaudern. Ist ganz schön lange her. Die Familie fehlt mir.«
    Bell steckte eine Hand in die Tasche seiner Jeans. »Ma’am, da Geneva und ich gemeinsam an dieser Sache arbeiten, zahle ich Ihnen gern eine Telefonkarte.«
    »Nein«, warf Geneva ein. »Ich übernehme das.«
    »Aber du …«
    »Ich habe das Geld«, sagte sie entschlossen, und Bell gab nach. Sie reichte der Frau einen Zwanziger.
    »Ich besorge mir so eine Karte und rufe noch heute an«, sagte die Großtante und musterte den Schein beinahe ehrfurchtsvoll.
    »Falls du etwas herausfindest, verständige uns bitte unter derselben Nummer wie vorhin«, sagte Geneva.
    »Warum interessiert sich denn auf einmal die Polizei für Charles? Der Mann muss doch schon mindestens hundert Jahre tot sein.«
    Geneva sah Bell an und schüttelte leicht den Kopf; ihre Tante wusste nicht, dass Geneva sich in Gefahr befand, und die Nichte wollte, dass es dabei blieb. Die Frau, deren Brillengläser die Dicke von Flaschenböden hatten, bekam die Geste nicht mit.
    »Man hilft mir zu beweisen, dass er unschuldig vor Gericht gestellt wurde«, sagte Geneva.
    »Wirklich? Nach so vielen Jahren?«
    Bell war sich nicht sicher, ob die Frau ihrer Nichte glaubte. Seine eigene Tante war ungefähr im gleichen Alter und dabei noch ungeheuer scharfsinnig. Ihr entging nichts.
    Doch Lilly sagte: »Das ist aber nett von euch. Bella, lass uns diesem Herrn einen Kaffee anbieten. Und für Geneva einen Kakao. Den mag sie gern, wenn ich mich nicht irre.«
    Roland Bell blickte vorsichtig durch einen Spalt der zugezogenen Gardine. Geneva widmete sich wieder dem Karton.
     
    Er sah Folgendes:
    Zwei Jungen, die einander auf ihren Skateboards zu übertreffen versuchten, indem sie das steile Treppengeländer eines Sandsteingebäudes hinunterglitten und dabei sowohl die Gesetze der Schwerkraft als auch der Schulpflicht missachteten.
    Eine Schwarze, die auf einer Veranda stand und ein paar prächtige rote Geranien goss, die den ersten Nachtfrost überlebt hatten.
    Ein Eichhörnchen, das auf dem weit und breit größten Fleck nicht zubetonierter Erde etwas ein- oder ausgegraben hatte, einem ein mal anderthalb Meter großen Rechteck, auf dem gelbes Gras wuchs und in dessen Mitte das Gerippe einer Waschmaschine stand.
    Und auf der Hundertdreiundzwanzigsten Straße Ost, in der Nähe der Iglesia Adventista Church, mit der hoch aufragenden Triborough Bridge im Hintergrund, drei Polizeibeamte, die aufmerksam ein ärmliches Mietshaus und die umliegenden Straßen im Blick behielten. Zwei von ihnen – ein Mann und eine Frau – waren in Zivil; der Cop in der Gasse trug Uniform. Er marschierte auf und ab wie ein Rekrut im Wachdienst.
    All diese Beobachtungen machte Thompson Boyd, der Geneva Settle und ihren Beschützern gefolgt war und nun ein Stück weiter westlich in einem mit Brettern vernagelten Gebäude auf der anderen Straßenseite stand. Er spähte durch die Risse einer beschädigten Reklametafel, die für Baukredite warb.
    Es überraschte ihn, dass man das Mädchen aus der elterlichen Wohnung ins Freie gebracht hatte. Das entsprach nicht der korrekten Verfahrensweise. Aber das war deren Problem.
    Thompson überdachte die Lage: Er ging davon aus, dass dieser Abstecher von kurzer Dauer sein würde, sozusagen eine Stippvisite, denn der Crown Victoria und der andere Wagen standen in zweiter Reihe, und niemand unternahm den Versuch, sie zu verstecken. Er beschloss, unverzüglich zu handeln und die Gelegenheit zu nutzen.
    Nachdem er das Gebäude eilig durch die Hintertür verlassen hatte, umrundete Thompson den Block und hielt nur inne, um in einer Bodega eine Schachtel Zigaretten zu kaufen. Dann näherte er sich von hinten dem Haus, in dem Geneva sich zurzeit befand, und schaute vorsichtig um die Ecke. Behutsam stellte er die Einkaufstüte auf den Asphalt, wagte sich noch ein Stück vor und ging hinter einem Berg aus Müllsäcken in Deckung. Von dort aus beobachtete er den blonden Streifenbeamten auf seiner Patrouille durch die Gasse. Der Killer fing an, die Schritte des jungen Mannes zu zählen. Eins, zwei …
    Bei dreizehn erreichte der Officer das hintere Ende des Hauses und machte kehrt. Dabei hielt er stets nach allen Seiten Ausschau; man musste ihn angewiesen haben, nicht nur die gesamte Länge der Gasse zu überwachen, sondern auch die Fenster des Nachbargebäudes.
    Bei zwölf erreichte er den vorderen Bürgersteig und drehte wieder um. Eins, zwei, drei …
    Er

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