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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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eine Reihe wunderschöner Stadthäuser, die zu den Wahrzeichen New Yorks zählten. Und Amelia brauchte keine Verdächtigen in orangefarben befleckten Overalls, um sich zu gruseln: Direkt neben der Stiftung stand das reich verzierte und unheimliche Sanford Hotel (es hieß, man habe Rosemarie’s Baby ursprünglich im Sanford drehen wollen).
    Die Fratzen von einem Dutzend Wasserspeiern schauten von den Simsen auf Sachs herab, als wollten sie sich über ihren Auftrag lustig machen.
    Drinnen führte man sie zu dem Mann, mit dem Mel Cooper telefoniert hatte: William Ashberry, Vorsitzender der Stiftung und leitender Angestellter bei der Sanford Bank and Trust, die diese gemeinnützige Organisation unterhielt. Der adrette Mann mittleren Alters wirkte verwirrt und aufgeregt. »Wir hatten hier noch nie einen Polizisten, Verzeihung, ich wollte sagen, eine Polizistin. Nun, genau genommen hatten wir noch keinen von beiden hier.« Als sie ihm erklärte, sie benötige lediglich ein paar allgemeine Informationen über die Geschichte des Viertels und habe nicht vor, die Stiftung für eine Überwachung oder verdeckte Operation zu nutzen, schien er enttäuscht zu sein.
    Ashberry war liebend gern bereit, ihr das Archiv und die Bibliothek zu Verfügung zu stellen, bedauerte jedoch, ihr nicht persönlich weiterhelfen zu können; sein Fachgebiet seien Finanzen, Immobilien und Steuergesetze, nicht Geschichte. »Ich bin in Wahrheit ein Banker«, gestand er, als wäre Sachs nicht von selbst darauf gekommen: Er trug einen dunklen Anzug mit weißem Hemd und gestreifter Krawatte. Auf seinem Schreibtisch waren unverständliche Geschäftsdokumente und Kalkulationstabellen zu ordentlichen Stapeln aufgeschichtet.
    Fünfzehn Minuten später befand Amelia sich in der Obhut eines Kurators – eines jungen, in Tweed gekleideten Mannes, der sie durch dunkle Korridore in das unterirdische Archiv führte. Sie zeigte ihm das Phantombild von Täter 109, weil sie dachte, der Killer sei auf der Suche nach dem Artikel über Charles Singleton vielleicht ebenfalls hergekommen. Aber der Kurator erkannte den Mann nicht wieder und konnte sich auch an niemanden erinnern, der sich in letzter Zeit nach einer Ausgabe von Coloreds’ Weekly Illustrated erkundigt hätte. Er brachte Sachs die gewünschten Unterlagen, und kurz darauf saß sie nervös und angespannt auf einem harten Stuhl in einer winzigen Nische, kaum größer als ein Sarg, umgeben von Dutzenden von Büchern und Zeitschriften, Ausdrucken, Karten und Skizzen.
    Sie näherte sich dem Thema auf die gleiche Weise an, die Rhyme ihr zur Untersuchung eines Tatorts beigebracht hatte: Man verschaffte sich einen allgemeinen Überblick, legte sich dann einen logischen Plan zurecht und machte sich an die Arbeit. Zunächst teilte Sachs das Material auf vier Stapel auf: allgemeine Informationen, Geschichte der West Side und Gallows Heights’, Bürgerrechte in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts und Potters’ Field. Mit dem Friedhof fing sie an. Sie las jede Seite und fand bestätigt, dass Charles Singletons Regiment tatsächlich auf Hart’s Island ausgehoben worden war. Sie erfuhr, wie es zur Einrichtung des Friedhofs gekommen und wie voll es dort geworden war, vor allem während der Cholera- und Influenza-Epidemien in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, als die billigen Kiefernsärge sich überall auf der Insel gestapelt hatten und die Toten nur nach und nach beerdigt werden konnten.
    Faszinierende Details, aber nicht weiter relevant. Sie wandte sich dem Bürgerrechtsmaterial zu und sichtete eine verwirrende Vielzahl von Informationen, darunter auch Verweise auf die Debatten rund um den Vierzehnten Zusatzartikel, aber nichts, das auf die von Professor Mathers angedeuteten Motive hingedeutet hätte, aus denen man Charles Singleton ein Verbrechen angehängt haben könnte. In einem Artikel der New York Times aus dem Jahre 1867 stand, dass Frederick Douglass und andere prominente Bürgerrechtler jener Zeit eine Kirche in Gallows Heights aufgesucht hätten. Douglass hatte dem Reporter im Nachhinein erzählt, er sei in das Viertel gekommen, um sich mit mehreren Gleichgesinnten über den gemeinsamen Kampf für die Verabschiedung des Zusatzartikels auszutauschen. Aber das wussten sie bereits aus Charles’ Briefen. Amelia stieß nirgendwo auf den Namen Charles Singleton. In einem der Texte wurde jedoch ein ausführlicher Artikel der New York Sun erwähnt, der sich mit den ehemaligen Sklaven und

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