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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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zusammen und verstaute sie in ihrer Handtasche.
    Bell erhielt einen Anruf und hörte einen Moment zu. »Sehr gut, bitte lassen Sie es uns so schnell wie möglich bringen«, sagte er dann. »Vielen herzlichen Dank.« Er nannte Rhymes Adresse und beendete das Gespräch. »Das war die Schule. Sie haben das Band der Überwachungskamera vom Schulhof. Der Partner des Täters ist drauf. Sie schicken es her.«
    »O mein Gott«, spottete Rhyme, »soll das etwa heißen, es gibt in diesem Fall eine echte Spur? Und sie ist noch keine hundert Jahre alt?«
    Bell stellte sein Funkgerät auf die verschlüsselte Frequenz um und teilte Luis Martinez ihr weiteres Vorgehen mit. Dann funkte er Barbe Lynch an, die vor Genevas Haus Position bezogen hatte. Sie meldete keine besonderen Vorkommnisse und sagte, sie würde Bell und Geneva erwarten.
    Schließlich betätigte der Detective den Lautsprecherknopf von Rhymes Telefon und rief den Onkel des Mädchens an, um sicherzugehen, dass er zu Hause war.
    »Hallo?«, ertönte die Stimme des Mannes.
    Bell nannte seinen Namen.
    »Geht es ihr gut?«, fragte der Onkel.
    »Ja, keine Sorge. Wir kommen gleich zurück. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«
    »Ja, Sir, alles bestens.«
    »Haben Sie etwas von ihren Eltern gehört?«
    »Ihren Eltern? Ja, mein Bruder hat mich vom Flughafen aus angerufen. Es gibt mal wieder irgendeine Verzögerung. Aber sie fliegen bald ab.«
    Rhyme war früher häufig nach London geflogen, um sich mit Scotland Yard und anderen europäischen Polizeibehörden auszutauschen. Die Reise nach Übersee war genauso unkompliziert gewesen wie ein Flug nach Chicago oder Kalifornien. Mittlerweile hatte sich viel geändert. Willkommen in der Welt nach dem 11. September, dachte er. Es ärgerte ihn, dass Genevas Mutter und Vater so lange brauchten, um nach Hause zu kommen. Das Mädchen war vermutlich das reifste Kind, das er je kennen gelernt hatte – aber es blieb dennoch ein Kind und sollte bei seinen Eltern sein.
    Dann erwachte Bells Funkgerät knisternd zum Leben, und die Stimme von Luis Martinez erklang. »Ich bin draußen, Boss. Der Wagen steht bereit, die Tür ist geöffnet.«
    Bell wandte sich zu Geneva um. »Es kann losgehen, junge Dame.«
     
    »Bitte schön«, sagte Jon Earle Wilson zu Thompson Boyd, der im äußersten Süden Manhattans in einem Restaurant an der Broad Street saß.
    Der hagere Weiße mit dem kurzen Haarschnitt und der beigefarbenen, nicht allzu sauberen Jeans reichte ihm eine Einkaufstüte. Boyd sah hinein.
    Wilson schob sich auf der anderen Seite des Tisches in die Nische. Thompson musterte immer noch die Lieferung. Sie bestand aus einem großen UPS-Karton und einer kleineren Papiertüte. Von Dunkin’ Donuts, obwohl der Inhalt mit Sicherheit nicht aus Gebäck bestand. Wilson benutzte die Tüten dieser Imbisskette, weil das Papier leicht eingewachst war und vor Feuchtigkeit schützte.
    »Essen wir was?«, fragte Wilson. Die Kellnerin trug einen Salat an ihm vorbei. Er hatte Hunger. Doch obwohl er und Boyd sich oft in Cafés oder Restaurants trafen, hatten sie noch nie gemeinsam etwas gegessen. Wilson mochte am liebsten Pizza und Limonade. Meistens aß er ganz allein in seiner Einzimmerwohnung, die bis unter die Decke mit Werkzeugen, Kabeln und Computerchips voll gestopft war. Trotzdem war er der Meinung, dass Boyd – bei allem, was er für den Mann getan hatte – ihm durchaus ein verdammtes Sandwich oder eine andere Kleinigkeit spendieren könnte.
    Aber der Killer sagte: »Ich muss in ein oder zwei Minuten aufbrechen.«
    Vor ihm stand ein noch halb voller Teller Lammkebab. Wilson fragte sich, ob Thompson ihm wohl etwas davon anbieten würde. Aber Boyd bot ihm nichts an. Er lächelte lediglich der Kellnerin entgegen, die kam, um den Tisch abzuräumen. Boyd, der lächelte – das war neu. Wilson hatte es noch nie erlebt (wenngleich er einräumen musste, dass es ein ziemlich schräges und unheimliches Lächeln war).
    »Schwer, was?«, fragte Wilson mit Blick auf die Tüte. Er wirkte stolz.
    »Ja.«
    »Ich glaube, es wird Ihnen gefallen.« Er war tatsächlich stolz auf seine Leistung und ein wenig sauer, dass Thompson nicht darauf einging.
    »Wie geht’s denn so?«, fragte Wilson dann.
    »Es geht.«
    »Alles cool?«
    »Ich bin ein wenig im Verzug. Deshalb …« Er nickte in Richtung der Tüte und sagte nichts mehr. Dann pfiff er leise vor sich hin und versuchte, die Melodie nachzuahmen, die aus dem Lautsprecher über ihren Köpfen erklang. Die Musik war bizarr.

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