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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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zimperlich.
    Ihr Kuss ist tödlich …
    Er grübelte. Ihre Waffe war ein Smith & Wesson 38er Special. Die Trommel hatte sechs Kammern, die Frau hatte fünf Schüsse abgegeben. Thompson Boyd zählte immer mit (er wusste, dass in seiner Waffe noch acht Patronen steckten – plus weitere vierzehn in dem letzten Reservemagazin, das er bei sich trug).
    Hatte sie nachgeladen? Falls nicht, war da wirklich noch diese eine Kugel in der Trommel?
    Manche Polizisten ließen bei ihren Revolvern die Kammer unter dem Hahn leer, damit sich kein Schuss lösen konnte, falls die Waffe zu Boden fiel, auch wenn das sehr unwahrscheinlich war. Aber das sah dieser Frau nicht ähnlich. Sie konnte zu gut mit Waffen umgehen. Sie würde niemals aus Versehen eine fallen lassen. Und da sie eine kampferprobte Beamtin war, würde es ihr auf jeden einzelnen Schuss ankommen. Nein, sie war kein Leere-Kammer-Cop.
    »Boyd, ich sage es nicht noch einmal!«
    Andererseits war das hier nicht ihre eigene Waffe, dachte er. Gestern im Museum hatte sie eine Automatik an der Hüfte getragen, eine Glock. Auch jetzt hing das entsprechende Holster an ihrem Gürtel. War der Smittie eine Zweitwaffe? Früher, als alle Cops nur mit Revolvern ausgestattet gewesen waren, hatten sie am Fußgelenk bisweilen eine Reservewaffe versteckt. Doch heutzutage, wo ihre Automatikpistolen mindestens zwölf Schuss fassten und sie zwei zusätzliche Magazine bei sich trugen, legten sie meistens keinen Wert mehr auf eine zweite Kanone.
    Nein, er war sich sicher, dass sie ihre Automatik entweder verloren oder verliehen und sich den Revolver von jemand anderem geborgt hatte, was bedeutete, dass sie vermutlich keine Munition zum Nachladen besaß. Nächste Frage: Ließ die Person, die ihr die Waffe geliehen hatte, die Kammer unter dem Hahn leer? Das konnte er unmöglich wissen.
    Im Endeffekt lief es auf die Frage hinaus, was für ein Mensch sie war. Boyd dachte an das Museum zurück, sah sie wie eine Klapperschlange den Tatort absuchen. Er dachte an das Treppenhaus vor der Wohnung in der Elizabeth Street, wo sie in vorderster Linie an dem Zugriff beteiligt gewesen war. Und er dachte daran, dass sie ihn nun verfolgt hatte – anstatt das Leben der angeschossenen Jeanne zu retten.
    Er kam zu dem Schluss, dass sie bluffte. Falls sie noch eine Kugel gehabt hätte, hätte sie ihn erschossen.
    »Sie haben keine Munition mehr«, verkündete er und hob die Pistole.
    Sie verzog das Gesicht und senkte den Revolver. Boyd hatte also Recht gehabt. Sollte er sie töten? Nein, nur verwunden. Aber was war die beste Stelle? Die Wunde musste qualvoll und lebensbedrohlich sein. Schreie und spritzendes Blut erregten schön viel Aufmerksamkeit. Ihr tat anscheinend ein Bein weh; er würde ihr das schmerzende Knie zerschießen. Wenn sie am Boden lag, würde er ihr zusätzlich einen Schuss in die Schulter verpassen. Und fliehen.
    »Sie haben gewonnen«, sagte sie. »Und jetzt? Bin ich Ihre Geisel?«
    Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Er zögerte. Wäre das sinnvoll? Hilfreich? Normalerweise bedeuteten Geiseln mehr Mühe als Nutzen.
    Nein, es war besser, sie anzuschießen. Er wollte schon abdrücken, da ließ sie den Revolver auf den Gehweg fallen. Boyd musterte die Waffe. Irgendwas stimmt hier nicht, dachte er. Aber was?
    Sie hatte den Revolver in der linken Hand gehalten. Das Holster jedoch hing an ihrer rechten Seite.
    Thompson schaute wieder zu der Frau und erschrak, denn ein Messer wirbelte auf sein Gesicht zu. Sie hatte ihn durch den Revolver für eine Sekunde abgelenkt und es dann mit der rechten Hand geworfen.
    Die Klinge blieb weder stecken noch fügte sie ihm auch nur eine Schnittverletzung zu – es war der Griff, der ihn an der Wange traf –, aber Amelia hatte genau auf seine empfindlichen Augen gezielt. Thompson duckte sich instinktiv und hob den Arm, um die Augen zu schützen. Noch bevor er zurückweichen und sich neu orientieren konnte, griff die Frau bereits an und schlug mit einem Stein zu, den sie im Garten aufgehoben hatte. Boyd wurde heftig an der Schläfe getroffen und keuchte vor Schmerz auf.
    Er zog den Abzug durch, und ein Schuss löste sich, aber die Kugel ging fehl. Dann traf ihn der Stein an der rechten Hand, und die Waffe fiel zu Boden. Er schrie auf und hielt sich die verletzten Finger.
    Um die Frau nicht an die Pistole zu lassen, wollte er ihr den Weg verstellen. Doch die Automatik interessierte sie gar nicht. Sie hatte alles, was sie brauchte. Und hämmerte ihm den Stein ein

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