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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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merkte, dass die beiden Mädchen ihn anstarrten.
    »Wie es aussieht, ist der Mann, der euch überfallen hat, doch nicht geflohen«, erklärte er. »Oder er ist zurückgekommen. Er hat den leitenden Bibliothekar getötet und …«
    »Mr. Barry?« Geneva Settle keuchte auf und hielt mitten in der Bewegung inne, als wäre sie erstarrt.
    »Ja.«
    »Scheiße«, flüsterte Lakeesha. Sie schloss die Augen und erschauderte.
    Dann presste Geneva die Lippen zusammen, blickte nach unten und stellte den Kakao auf einen Tisch. »Nein, nein …«
    »Es tut mir Leid«, sagte Rhyme. »Warst du mit ihm befreundet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich. Er hat mir bloß bei meinem Aufsatz geholfen.« Geneva beugte sich auf ihrem Stuhl vor. »Aber es spielt keine Rolle, ob er ein Freund war oder nicht. Er ist tot – und das ist furchtbar.« Ihre Stimme nahm einen wütenden Klang an. »Warum? Warum hat er das getan?«
    »Mr. Barry war ein Augenzeuge, nehme ich an. Er hätte den Mann, der dich überfallen hat, identifizieren können.«
    »Also ist er meinetwegen gestorben.«
    Rhyme wollte sie trösten. Nein, sie dürfe sich keine Vorwürfe machen. Sie könne doch nichts dafür. Barry habe einfach Pech gehabt; sei zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
    Aber das Mädchen ließ sich nicht beschwichtigen. Ihre Züge verhärteten sich, ihre Augen wurden kalt. Rhyme hatte nicht die geringste Ahnung, was er nun tun sollte. Reichte es denn nicht aus, dass er Teenager in seiner Nähe ertragen musste? Nein, jetzt durfte er ihnen auch noch gut zureden, um sie von diesem tragischen Vorfall abzulenken. Er fuhr näher heran und strapazierte seine Geduld bis zum Äußersten, indem er es mit Smalltalk versuchte.
     
     

 … Fünf
     
    Endlose zwanzig Minuten später trafen Sachs und Sellitto bei Rhyme ein, begleitet von einem jungen blonden Streifenbeamten namens Pulaski.
    Sellitto erklärte, er habe den Jungen vorübergehend vom regulären Dienst entbunden, damit er ihnen beim Transport der Beweismittel und den weiteren Ermittlungen helfen könne. Pulaski war eindeutig ein Neuling, dem das Wort »eifrig« in großen Lettern auf die glatte Stirn geschrieben stand. Offenbar hatte man ihn auf Rhymes Behinderung vorbereitet; er schien gar nicht zu registrieren, dass der Mann gelähmt war. Rhyme hasste diese vorgetäuschten Reaktionen. Lakeeshas Forschheit war ihm zigmal lieber.
    Aber das ist doch wirklich Mist.
    Die beiden Detectives begrüßten die Mädchen. Pulaski sah sie mitfühlend an und erkundigte sich mit sanfter Stimme, wie es ihnen ginge. Rhyme bemerkte den geriffelten Ehering an seiner Hand und schloss daraus, er müsse wohl gleich nach der Highschool geheiratet haben. Nur wer eigene Kinder hatte, war zu solch einem Blick fähig.
    »Ganz durcheinander bin ich«, antwortete Lakeesha. »Völlig fertig … Irgendein Arschloch wollte über meine Freundin herfallen. Was glauben Sie denn?«
    Geneva sagte, es ginge ihr gut.
    »Du wohnst bei einem Verwandten, habe ich das richtig verstanden?«, fragte Sachs.
    »Mein Onkel. Er wohnt bei uns, bis meine Eltern aus London zurückkommen.«
    Rhyme schaute zufällig zu Lon Sellitto. Irgendetwas stimmte nicht. Der Lieutenant hatte sich in den letzten beiden Stunden drastisch verändert. Die gute Laune war verflogen. Sein Blick war unstet, er wirkte nervös. Rhyme fiel zudem auf, dass seine Finger immer wieder über eine bestimmte Stelle an seiner Wange rieben. Sie war schon ganz rot.
    »Hast du was abgekriegt?«, fragte Rhyme, dem wieder einfiel, dass der Detective direkt neben dem Bibliothekar gestanden hatte, als der Täter auf ihn schoss. Vielleicht war Sellitto von dem Fragment eines Projektils oder einem Gesteinssplitter gestreift worden, falls eine der Kugeln das Opfer durchdrungen und danach eine Hauswand getroffen hatte.
    »Was?« Dann begriff Sellitto, dass er sich das Gesicht gerieben hatte, und ließ die Hand sinken. Als er antwortete, sprach er sehr leise, damit die Mädchen es nicht hörten. »Ich stand ziemlich dicht neben dem Opfer und hab ein paar Blutspritzer abbekommen. Das ist alles. Nichts von Bedeutung.«
    Doch gleich darauf fing er geistesabwesend wieder an, sich die Wange zu reiben.
    Rhyme musste unwillkürlich an Sachs denken, die sich bisweilen die Kopfhaut blutig kratzte oder die Nagelhäute aufriss. Dieses zwanghafte Verhalten war mal stärker, mal schwächer ausgeprägt und hatte irgendwie mit ihrer inneren Unruhe zu tun, ihrem Ehrgeiz, der undefinierbaren

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