Das Teufelsspiel
sehen, und darunter standen mehrere Zeilen Text.
Cooper beugte sich vor. »Wir haben Curcumin, Demethoxycurcumin, Bisdemethoxycurcumin, ätherische Öle, Aminosäuren, Lysin und Tryptophan, Threonin und Isoleukin, Chlorid, diverse andere Proteine sowie einen großen Anteil Kohlenhydrate, Öle, Triglyzeride, Natrium, Polysaccharide … Diese Kombination hab ich noch nie gesehen.«
Bei der Isolierung und Identifizierung von Substanzen vollbrachte das Massenspektrometer wahre Wunder, bei der Deutung der Ergebnisse konnte es hingegen kaum Hilfestellung leisten. Alltägliche Gemische wie Benzin oder Sprengstoff erkannte Rhyme zumeist schon anhand ihrer Inhaltsstoffe, doch die hier vorliegende Liste war ihm neu. Er neigte den Kopf und fing an, die Stoffe zu ordnen. Als Wissenschaftler wusste er, welche logischen Zusammenhänge dabei zu berücksichtigen waren. »Das Curcumin und seine Verbindungen sowie die Polysaccharide gehören eindeutig zusammen.«
»Eindeutig«, merkte Sachs trocken an. Sie hatte in der Highschool den Chemieunterricht meistens geschwänzt und war lieber Dragsterrennen gefahren.
»Das ist unsere Substanz eins. Die Aminosäuren, die anderen Proteine, Kohlenhydrate und Triglyzeride kommen ebenfalls oft gemeinsam vor. Wir nennen sie Substanz zwei. Das Chlorid …«
»Ein Gift, richtig?«, fragte Pulaski.
»… und das Natrium sind höchstwahrscheinlich Salz«, murmelte Rhyme und warf dem Neuling einen kurzen Blick zu. »Gefährlich nur für Leute mit hohem Blutdruck. Oder für Gartenschnecken.«
Der junge Mann wandte sich wieder der Insektendatenbank zu.
»Also – angesichts der Aminosäuren, Kohlenhydrate und Öle würde ich bei Substanz zwei auf ein Nahrungsmittel tippen, ein salziges Nahrungsmittel. Geh online, Mel, und find raus, worin, zum Teufel, Curcumin enthalten ist.«
Cooper kam der Aufforderung nach. »Du hast Recht«, sagte er dann. »Curcumin ist ein pflanzlicher Farbstoff, der in Lebensmitteln verwendet wird und normalerweise zusammen mit den Stoffen von Substanz eins vorkommt. Und mit ätherischen Ölen.«
»In was für Lebensmitteln?«
»Es sind Hunderte.«
»Wie wär’s mit ein paar Beispielen?«
Cooper fing an, von einer langen Liste vorzulesen, doch Rhyme unterbrach ihn. »Warte mal. Steht Popcorn auf der Liste?«
»Mal sehen … ja, hier ist es.«
Rhyme drehte sich zu Pulaski um. »Sie können aufhören.«
»Aufhören?«
»Das ist kein Exoskelett, sondern die Hülle eines Maiskorns. Salz, Öl und Popcorn. Verdammt, das hätte mir von vornherein klar sein müssen.« Er klang dennoch recht vergnügt. »Geh zur Tafel, Thom. Unser Mann mag Junkfood.«
»Soll ich das so aufschreiben?«
»Natürlich nicht. Vielleicht hasst er Popcorn und arbeitet lediglich in einer Popcornfabrik oder einem Kino. Schreib einfach ›Popcorn‹ dazu.« Rhyme schaute zu der Tabelle. »Und jetzt zu den anderen Partikeln, diesem gebrochen weißen Zeug.«
Erneut kamen der Gaschromatograph und das Massenspektrometer zum Einsatz. Die Ergebnisse besagten, es handle sich um Sucrose und Harnsäure.
»Die Säure ist konzentriert«, sagte der Techniker. »Und der Zucker ist rein, ohne jede Beimengung, mit einer einzigartigen Kristallstruktur. In dieser Bearbeitungsform habe ich ihn noch nie gesehen.«
Rhyme wirkte beunruhigt. »Schick das an die Bombenspezialisten des FBI.«
»Eine Bombe?«, fragte Sellitto.
»Du hast wohl nie mein Buch gelesen, was?«, sagte Rhyme.
»Nein«, entgegnete der massige Detective. »Ich hatte zu viel damit zu tun, böse Jungs zu fangen.«
»Touché. Aber es könnte gelegentlich nicht schaden, zumindest einen Blick auf die Kapitelüberschriften zu werfen. Zum Beispiel ›Hausgemachte Sprengstoffe‹. Zucker ist ein häufiger Bestandteil. Misch ihn mit Natriumnitrat, und du hast eine Rauchbombe; mit Permanganat, und du erhältst einen primitiven Sprengstoff, der aber eine Menge Schaden anrichten kann, sobald du ihn in ein Rohr stopfst. Ich bin mir nicht sicher, was die Harnsäure zu bedeuten hat, aber das FBI besitzt die beste Datenbank der Welt. Die Jungs werden uns weiterhelfen.«
Das FBI-Labor führte sowohl für staatliche als auch für kommunale Strafverfolgungsbehörden kostenfreie Spurenanalysen durch, aber nur unter zwei Bedingungen: Die Ergebnisse mussten als verbindlich anerkannt und dem Verteidiger des Angeklagten mitgeteilt werden. Als Folge dieses großzügigen Angebots – und der hohen Qualität der Arbeit – wurden die Agenten mit Anfragen
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