Das Teufelsspiel
er von dem Eigentümer von Trenton Plastics erfahren hatte, einem der landesweit größten Hersteller von Plastiktüten. Dabei ging er auch auf die Geschichte des Smiley-Symbols ein. »Anscheinend wurde das lächelnde Gesicht in den Sechzigern ursprünglich auf Ansteckplaketten gedruckt, und zwar von einer Tochtergesellschaft der State Mutual Insurance, einerseits als Werbegeschenk, andererseits um das Arbeitsklima zu verbessern. In den Siebzigern kamen zwei Brüder auf die Idee, den Smiley mit dem Slogan Be happy zu kombinieren, als eine Art Alternative zum Friedenssymbol. Seitdem wurden jedes Jahr fünfzig Millionen Gegenstände damit verziert, von Dutzenden von Firmen.«
»Und was soll uns dieser Vortrag über Popkultur sagen?«, murmelte Rhyme.
»Dass der Smiley – auch falls er urheberrechtlich geschützt ist, was niemand so genau zu wissen scheint – von zahllosen Herstellern auf irgendwelche Tüten gedruckt wird. Und dass sie sich unmöglich zurückverfolgen lassen.«
Eine Sackgasse …
Cooper, Sachs und Sellitto hatten sich zudem an eine Reihe von Museen und Bibliotheken gewandt. Zwei gaben an, es habe sich im Laufe der letzten Wochen ein Mann telefonisch nach einer Ausgabe von Coloreds’ Weekly Illustrated aus dem Juli 1868 erkundigt. Das war eine viel versprechende Neuigkeit, denn sie stützte Rhymes Theorie, die Zeitschrift könne der Anlass für den Überfall auf Geneva gewesen sein. Leider besaß keine der beiden Einrichtungen das fragliche Heft, und niemand konnte sich an den Namen des Anrufers erinnern – sofern er ihn überhaupt genannt hatte. Auch sonst schien es kein weiteres Exemplar der Zeitschrift zu geben. Das in New Haven beheimatete Museum für afroamerikanischen Journalismus berichtete, man habe dort über einen vollständigen Satz Mikrofilme verfügt, doch der sei verloren gegangen.
Rhyme brütete mit finsterer Miene über dieser Nachricht, als der Computer einen Piepton von sich gab. »Wir haben eine Antwort vom VICAP«, verkündete Cooper.
Er drückte eine Taste und ließ den Text auf allen Monitoren gleichzeitig erscheinen. Sellitto und Sachs nahmen gemeinsam vor einem der Geräte Platz, Rhyme nutzte seinen eigenen Flachbildschirm. Es handelte sich um die verschlüsselte E-Mail eines Detectives aus dem Labor der Spurensicherung in Queens.
Detective Cooper,
gemäß Ihrer Anfrage haben wir das von Ihnen vorgelegte Tatprofil mit VICAP und HITS abgeglichen und sind auf zwei ähnliche Fälle gestoßen.
Fall 1: Mord in Amarillo, Texas. Aktenzeichen 3451-01 (Texas Rangers): Vor fünf Jahren wurde der siebenundsechzigjährige Charles T. Tucker, ein pensionierter Staatsbediensteter, hinter einem Einkaufszentrum in der Nähe seines Hauses tot aufgefunden. Man hatte ihm vermutlich zur Betäubung – mit einem stumpfen Gegenstand auf den Hinterkopf geschlagen und ihn dann gelyncht. Zu diesem Zweck legte der Angreifer ihm ein Baumwollseil mit einem Laufknoten um den Hals, warf das andere Ende über den Ast eines Baumes und zog die Schlinge zu. Die Kratzspuren am Hals deuten darauf hin, dass das Opfer noch mehrere Minuten bei Bewusstsein war, bevor der Tod eintrat.
Berührungspunkte mit dem Fall »Täter 109«:
• Das Opfer wurde mit einem einzigen Schlag auf den Hinterkopf außer Gefecht gesetzt.
• Der Täter trug Halbschuhe der Größe elf, höchstwahrscheinlich Marke Bass. Die rechte Sohle war ungleichmäßig abgenutzt und ließ auf einen nach außen gedrehten Fuß schließen.
• Die Mordwaffe war ein Baumwollseil mit Blutspuren; die Fasern entsprechen denen vom gegenwärtigen Tatort.
• Der Täter hat fingierte Beweise hinterlassen, um einen Ritualmord vorzutäuschen. Zu Füßen des Opfers standen Kerzen, und auf den Boden war ein Pentagramm gezeichnet. Die Untersuchung der Vorgeschichte des Opfers und die Anfertigung eines Tatprofils führten die Ermittler aber zu dem Schluss, dass diese Spuren lediglich der Ablenkung dienten. Es konnte kein anderes Motiv festgestellt werden.
• Es wurden keine Fingerabdrücke gefunden; der Täter hat Latexhandschuhe getragen.
Status: In Bearbeitung.
»Und der andere Fall?«, fragte Rhyme.
Cooper scrollte nach unten.
Fall 2: Mord in Cleveland, Ohio. Aktenzeichen 2002-34554F (Staatspolizei Ohio): Vor drei Jahren wurde Gregory Tallis, ein fünfundvierzigjähriger Geschäftsmann, erschossen in seiner Wohnung aufgefunden.
Berührungspunkte mit dem Fall »Täter 109«:
• Das Opfer wurde mit
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