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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Rhyme, dessen Teint so hell war wie das blonde Haar von Officer Pulaski.
     
    Charles Singletons Briefe trafen ein.
    Sie hatten im Laufe der Jahre einiges mitgemacht und waren verblasst und brüchig. Mel Cooper fixierte sie behutsam zwischen zwei dünnen Acrylfolien, nachdem er zuvor die Falten chemisch behandelt hatte, damit das Papier nicht reißen würde.
    Sellitto kam zu ihm. »Was haben wir hier?«
    Der Techniker legte den ersten Brief auf den Scanner und betätigte eine Taste. Das Abbild wurde auf mehreren der Computermonitore sichtbar.
     
    Allerliebste Violet,
    es ist früh am Sonntagmorgen, und mir bleibt in der Hitze und Stille nur wenig Zeit, dir ein paar Worte zu schreiben. Unser Regiment, das 31. New York, hat sehr viel mitgemacht, seit wir damals als unerfahrene Rekruten auf Hart’s Island eingetroffen sind. Nun wurden wir sogar mit der wichtigen Aufgabe betraut, General Robert E. Lee nachzusetzen, dessen Armee sich seit der am 2. April bei Petersburg, Virginia, erlittenen Niederlage auf dem Rückzug befindet. Er hat mittlerweile mit dreißigtausend Mann im Herzen der Konföderation Stellung bezogen, und es obliegt unserem Regiment, zusammen mit einigen anderen die westliche Linie zu halten, sobald Lee einen Fluchtversuch unternimmt. Es wird gewiss dazu kommen, denn General Grant und General Sherman greifen entschlossen und in Überzahl an.
    Im Augenblick herrscht die Ruhe vor dem Sturm, und wir wurden auf einer großen Farm zusammengezogen. Um uns herum stehen barfüßige Sklaven in ihrer schlichten Baumwollkleidung und beobachten uns. Einige von ihnen sagen nichts und starren uns nur an. Andere lassen uns lautstark hochleben.
    Vor kurzem kam unser Kommandeur angeritten, stieg vom Pferd und gab die Order für den Tag aus. Dann zitierte er aus dem Gedächtnis Worte von Mr. Frederick Douglass, die nach meiner Erinnerung lauteten: »Gebt einem schwarzen Mann Kleidung, auf der die Buchstaben ›U.S.‹ stehen und deren Knöpfe mit Adlern geschmückt sind, hängt ihm eine Muskete über die Schulter und steckt ihm Kugeln und Pulver in die Taschen – dann kann niemand auf Erden mehr bestreiten, dass er sich das Recht verdient hat, Bürger der Vereinigten Staaten zu sein.« Danach hat er vor uns salutiert und gesagt, er empfinde es als Privileg, gemeinsam mit uns in diesem gottgefälligen Feldzug zur Wiedervereinigung unserer Nation gedient zu haben. Das gesamte Regiment ließ ein Hurra ertönen, wie ich es noch nie zuvor gehört habe.
    Und nun, mein Herz, vernehme ich in der Ferne Trommeln und das Donnern der Vier- und Achtpfünder, die den Beginn der Schlacht ankündigen. Falls dies die letzten Zeilen sind, die ich dir auf dieser Seite des Jordan zukommen lassen kann, so sollst du wissen, dass ich dich und unseren Sohn mehr liebe, als Worte es auszudrücken vermögen. Kümmere dich gut um unsere Farm, weiche nicht von unserer Darstellung ab, wir seien die Verwalter des Guts, nicht die Eigentümer, und weise alle Kaufangebote zurück. Ich möchte den Besitz unversehrt unserem Sohn und seinen Kindern hinterlassen können; Berufe und Handelsgeschäfte kommen und gehen, die Finanzmärkte sind unbeständig, aber das Land ist Gottes große Konstante – und die Farm wird unserer Familie letztlich zu Ansehen in den Augen derer verhelfen, die es uns bislang versagen. Sie wird die Rettung unserer Kinder und der nachfolgenden Generationen sein. Nun, mein Liebling, muss ich abermals mein Gewehr ergreifen und Gottes Geheiß folgen, um unsere Freiheit zu schützen und unser heiliges Vaterland zu erhalten.
     
    In ewiger Liebe dein Charles
    9. April 1865 Appomattox, Virginia
     
    Sachs blickte auf. »Wow, was für ein Cliffhanger.«
    »Nicht wirklich«, sagte Thom.
    »Wie meinst du das?«
    »Nun, wir wissen, dass sie die Linie gehalten haben.«
    »Woher?«
    »Weil der Süden am 9. April kapituliert hat.«
    »Euren Geschichtskurs für Anfänger könnt ihr euch sparen«, sagte Rhyme. »Ich will wissen, was er über dieses Geheimnis schreibt.«
    »Das steht hier drin«, sagte Cooper nach einem kurzen Blick auf den zweiten Brief. Dann scannte er das Dokument ein.
     
    Meine liebste Violet,
    du fehlst mir, mein Herz, und ebenso unser kleiner Joshua. Es freut mich zu hören, dass deine Schwester die Krankheit gut überstanden hat, die sie nach der Geburt deines Neffen befiel, und ich danke unserem Herrn Jesus Christus, dass du zugegen warst, um ihr in dieser schwierigen Zeit beizustehen. Indes, ich halte es für das Beste,

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