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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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der zur Mädchentoilette führte. »Ich muss mal. Darf ich?«
    »Klar, aber warte noch eine Sekunde.«
    Er winkte eine Lehrerin heran und flüsterte ihr etwas zu. Um die Situation zu erklären, schätzte Geneva. Die Frau nickte, verschwand kurz hinter der Tür und kehrte gleich darauf zurück. »Es ist niemand drinnen.«
    Mr. Bell blieb neben dem Zugang stehen. »Ich lasse nur Schülerinnen durch.«
    Geneva ging hinein und war froh, etwas Ruhe zu finden und den neugierigen Blicken zu entkommen. Und dem bedrückenden Wissen, dass jemand ihr wehtun wollte. Vor einer Weile war sie noch wütend gewesen. Und dickköpfig. Nun aber nagte allmählich die Erkenntnis der Realität an ihr, flößte ihr Angst ein und machte sie nervös.
    Sie verließ die Kabine und wusch sich Hände und Gesicht. Ein anderes Mädchen war unterdessen hereingekommen und schminkte sich. Eine aus dem Abschlussjahrgang, glaubte Geneva. Groß, gut aussehend, mit kunstvoll gezupften Augenbrauen und perfekt onduliertem Pony. Das Mädchen musterte sie von oben bis unten – allerdings nicht wegen des Auftritts in den Fernsehnachrichten. Sie führte eine Bestandsaufnahme durch. So etwas kam hier andauernd vor, jeden Tag. Man schätzte die Konkurrenz ein: Was für Klamotten hatte ein Mädchen an, wie viele Piercings, echtes Gold oder bloß plattiert, zu protzig, waren ihre Zöpfe noch in Ordnung oder lösten sie sich, trug sie viel Schmuck oder nur ein, zwei schlichte Armreife, waren das echte oder aufgeklebte Fingernägel? Wollte sie verbergen, dass sie schwanger war?
    Geneva, die ihr Geld für Bücher, nicht für Kleidung oder Make-up ausgab, erzielte bei diesem Vergleich kaum jemals Punkte.
    Sie war vom lieben Gott nicht gerade großzügig ausgestattet worden. Um ihren Büstenhalter auszufüllen, musste sie tief einatmen, also trug sie meistens gar nicht erst einen. Die Mädchen aus dem Delano Project riefen sie »Waschbrett mit Noppen«, und im letzten Jahr hatte man sie Dutzende Male »er« genannt. (Am meisten tat es weh, wenn jemand sich nicht über sie lustig machte, sondern sie tatsächlich für einen Jungen hielt.) Dann war da noch ihr Haar: dicht und drahtig wie Stahlwolle. Sie hatte keine Zeit für aufwändige Frisuren. Zöpfe und Haarverlängerungen dauerten ewig, und obwohl Keesh ihr gern beim Flechten behilflich war, sah Geneva damit noch jünger aus, wie ein kleines Kind, das Mami fein gemacht hatte.
    Da ist sie, da ist sie, die dürre kleine Rotznase … Packt sie …
    Die Schülerin am Waschbecken neben ihr wandte sich wieder dem Spiegel zu. Sie war hübsch und üppig, ihre BH-Träger und der Tanga zeichneten sich aufreizend ab, ihr langes geglättetes Haar floss über ihre Schultern, ihre glatten Wangen schimmerten kastanienbraun. Ihre Schuhe waren so rot wie kandierte Äpfel. Sie war alles, was Geneva Settle nicht war.
    In diesem Moment schwang die Tür auf, und Geneva erstarrte innerlich.
    Jonette Monroe kam herein, auch sie aus dem Abschlussjahrgang. Nicht viel größer als Geneva, dafür breiter, mit größerem Busen, kräftigen Schultern und deutlich ausgeprägten Muskeln. Auf beiden Armen tätowiert. Ein langes, mokkafarbenes Gesicht. Und eisige Augen – die sich beim Anblick von Geneva, die sofort wegschaute, zu Schlitzen verengten.
    Jonette bedeutete Ärger. Sie war ein Gangsta-Mädchen. Angeblich dealte sie und konnte dir alles besorgen, was du wolltest, ob Methadon, Crack oder Heroin. Und falls du nicht gleich mit der Kohle rüberkamst, verprügelte sie dich eigenhändig – und dann deine beste Freundin oder gar deine Mutter –, bis du die Schulden beglichen hattest. Schon zweimal in diesem Jahr war sie von den Cops weggeschleift worden und hatte einem dabei sogar in die Eier getreten.
    Geneva behielt den Blick gesenkt. Detective Bell hatte unmöglich wissen können, wie gefährlich Jonette war, sonst hätte er sie nicht hineingelassen. Ohne sich das Gesicht oder die Hände abzutrocknen, ging Geneva zur Tür.
    »Yo, yo, Kleine«, sagte Jonette und fixierte sie mit kaltem Blick. »Ja, du, Martha Stewart. Du gehst nirgendwohin.«
    »Ich …«
    »Schnauze!« Sie blickte zu dem anderen Mädchen, dem mit den gepuderten Wangen. »Und du verpisst dich, aber plötzlich.«
    Die Schülerin war zwanzig Kilo schwerer und fast zehn Zentimeter größer als Jonette, doch sie hielt sofort inne und sammelte ihr Make-up ein. Anscheinend wollte sie sich einen Rest von Würde bewahren, denn sie ließ sich dabei demonstrativ viel Zeit und sagte:

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