Das Teufelsspiel
nicht leisten, bei Männern allzu wählerisch zu sein, wenn du verstehst, was ich meine. Einen so erstklassigen Typen wie mich kriegst du nie wieder.«
Die Beleidigung verschlug Geneva beinahe die Sprache. »Du bist widerlich.«
»Okay, Kleine, meinetwegen. Du bist frigide, was soll’s? Ich bezahle dich für deine Unterstützung. Wie viel willst du? Hundert? Zweihundert? Ich hab genug Kohle. Na los, nenn deinen Preis. Ich muss diesen Test bestehen.«
»Dann lerne«, rief sie und schlug mit dem Organizer nach ihm.
Er fing den Schlag mit einer Hand ab und zog sie mit der anderen dicht an sich heran.
»Kevin«, ertönte eine strenge Männerstimme.
»Scheiße«, flüsterte der Junge verärgert, schloss kurz die Augen und ließ ihren Arm los.
Mr. Abrams, der Mathematiklehrer, kam zu ihnen, nahm den Organizer und musterte ihn. »Was hat das zu bedeuten?«
»Er wollte, dass ich ihm beim Betrügen helfe«, sagte Geneva.
»Die Alte lügt. Das Ding gehört ihr, und sie …«
»Du begleitest mich jetzt zum Rektor«, sagte der Lehrer zu Kevin.
Der Junge starrte sie frostig an. Sie hielt dem Blick mühelos stand.
»Ist bei dir alles in Ordnung, Geneva?«, fragte Mr. Abrams.
Sie hatte sich den schmerzenden Arm gerieben. Nun ließ sie die Hand sinken und nickte. »Ich möchte nur kurz zur Toilette.«
»Geh ruhig.« Dann wandte er sich an die anderen Schüler, die das Geschehen schweigend verfolgten. »Ihr habt vor dem Test noch zehn Minuten Vorbereitungszeit.« Er ging mit Kevin zur hinteren Tür des Klassenzimmers hinaus. Im selben Moment fingen alle an, hektisch durcheinander zu reden, als hätte jemand bei einem laufenden Fernsehgerät den Ton zugeschaltet. Geneva wartete ein paar Sekunden ab und verließ dann ebenfalls den Raum.
Als sie den Gang hinaufschaute, sah sie Detective Bell mit verschränkten Armen in der Nähe des Eingangs stehen. Er bemerkte sie nicht. Sie trat auf den Flur hinaus und mischte sich unter die Schüler, die zu Unterrichtsbeginn in ihre Klassen drängten.
Geneva ging jedoch nicht zur Toilette, sondern zum Ende des Korridors und hinaus auf den leeren Schulhof. Niemand soll mich weinen sehen, dachte sie.
Da! Keine dreißig Meter von ihm entfernt.
Jax’ Herz schlug schneller. Geneva Settle kam soeben auf den Schulhof.
Der Graffitikönig stand in einer Gasse auf der anderen Straßenseite und hatte bereits eine Stunde darauf gewartet, zumindest einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen. Nun bot sich ihm unverhofft eine noch viel bessere Gelegenheit. Geneva war allein. Jax schaute die Straße hinunter. Vor der Schule stand ein ziviler Polizeiwagen, in dem ein Beamter saß, aber er befand sich ein ganzes Stück von dem Mädchen entfernt und blickte nicht zum Schulhof; auch falls er sich umdrehte, würde er sie von dort aus nicht sehen können. Das hier war vielleicht einfacher als gedacht.
Also steh gefälligst nicht weiter blöd herum, ermahnte er sich. Setz deinen Hintern in Bewegung.
Er zog ein schwarzes Kopftuch aus der Tasche und band damit seine Afrofrisur zusammen. Dann wagte der Exsträfling sich bis zu einem verbeulten Lieferwagen vor und ließ den Blick über den Schulhof schweifen (der ihn sehr an den Hof des Gefängnisses erinnerte, natürlich abzüglich des Stacheldrahts und der Wachtürme). Er beschloss, die Straße gleich hier zu überqueren und als Deckung einen Sattelschlepper zu nutzen, der mit laufendem Motor am Straßenrand stand. Auf diese Weise dürfte Jax sich Geneva bis auf ungefähr acht Meter nähern können, ohne dass sie oder der Cop ihn sehen würden. Das war mehr als genug.
Solange das Mädchen ihren Kopf weiterhin gesenkt behielt, konnte er sich unbemerkt auf das Gelände schleichen. Nach den heutigen Ereignissen würde sie sehr schreckhaft sein und sich, falls sie ihn kommen sah, vermutlich umdrehen, weglaufen und um Hilfe rufen.
Geh langsam, sei vorsichtig.
Aber warte nicht länger. Eine solche Chance kommt womöglich kein zweites Mal.
Jax ging los und achtete darauf, mit seinem hinkenden Bein nicht unabsichtlich das Laub rascheln zu lassen und so seine Position zu verraten.
… Sechzehn
War das immer so?
Wollten Jungen dich immer nur ausnutzen?
Kevin wollte ihren Verstand für sich arbeiten lassen. Tja, wäre sie wohl genauso außer sich gewesen, falls sie eine Figur wie Lakeesha gehabt und er sich wegen ihres Hinterns oder ihrer Brüste an sie herangemacht hätte?
Nein, dachte sie wütend. Das war natürlich etwas anderes. Das
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