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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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stehst schon in allen Fächern auf Eins. Wozu musst du also diese Tests mitschreiben?«
    »Falls ich diese Tests nicht mitschreibe, stehe ich nicht mehr auf Eins.«
    Das große Mädchen schaute stirnrunzelnd zu Detective Bell. »Sollten Sie nicht lieber nach dem Drecksack suchen, der meine Freundin überfallen hat?«
    »Darum kümmern sich bereits unsere Leute.«
    »Wie viele genau? Und wo stecken die?«
    »Keesh!«, flüsterte Geneva.
    Aber Mr. Bell lächelte nur matt. »Jede Menge von ihnen.«
    Hin, her.
    »Wie ist denn dein Test in Zeitgeschichte gelaufen?«, fragte Geneva ihre Freundin.
    »Die Welt ist nicht zivilisiert, sondern total im Arsch.«
    »Aber du hast dich nicht gedrückt, oder?«
    »Ich hab dir doch versprochen, ich würde hingehen. Lief echt gut. Ich hatte alles drauf. Bin ziemlich sicher, dass ich ’ne Drei geschafft hab. Mindestens. Vielleicht sogar ’ne Zwei.«
    »Prima.«
    Sie kamen an eine Kreuzung zweier Gänge, und Lakeesha bog nach links ab. »Na dann, bis später, Kleine. Ruf mich heute Nachmittag an.«
    »Mach ich.«
    Geneva lächelte in sich hinein, als sie ihre Freundin mit großen Schritten den Flur entlanglaufen sah. Mit ihrer grellen hautengen Kleidung, den lackierten langen Fingernägeln, den straff geflochtenen Zöpfen und dem billigen Modeschmuck wirkte Keesh wie ein typischer aufgedonnerter, eher unbedarfter schwarzer Teenager. Sie tanzte wie wild zu L. L. Cool J, Twista und Beyonce. Sie ging keinem Streit aus dem Weg – nicht mal mit den Gangsta-Mädchen (manchmal trug sie ein Teppichmesser oder Springmesser bei sich). Sie fungierte bei Schulfesten gelegentlich als Discjockey und nannte sich dann Def Mistress K. Mitunter durfte sie sogar in Clubs auflegen, falls die Türsteher beschlossen, sie für einundzwanzig zu halten.
    Aber Lakeesha war nicht ganz so schlicht, wie sie tat. Dieses Image stellte für sie eine Art Verkleidung dar, so wie die verrückten Fingernägel und die Drei-Dollar-Haarverlängerungen. Für Gen war es ganz offensichtlich: Sobald man genauer hinhörte, wurde klar, dass Keesh sich durchaus differenziert artikulieren konnte. Ihre Sprache ähnelte bisweilen der eines Bühnenkomikers, der in einer seiner Nummern einen Proleten zu imitieren versuchte und dabei etwas zu dick auftrug. Nur für einen oberflächlichen Zuhörer würde so etwas authentisch klingen.
    Und das war nicht das Einzige: Viele der Mädchen aus den Wohnprojekten prahlten mit ihren Ladendiebstählen. Keesh hingegen hatte noch nie etwas geklaut, nicht mal ein Fläschchen Nagellack oder ein Haarband. Sie kaufte auch keinen Schmuck bei dubiosen Straßenhändlern, die ihre Ware womöglich mit vorgehaltener Waffe erbeutet hatten. Und sie verständigte häufig die Polizei, wenn verdächtige Kids sich in den Hauseingängen herumdrückten, um die »Jagdsaison« auszunutzen – jene Tage im Monat, an denen die Sozialhilfe-, Kindergeld- und Rentenschecks in den Briefkästen landeten.
    Keesh verdiente eigenes Geld. Sie hatte zwei Jobs – zum einen flocht und verlängerte sie anderen Frauen die Haare, zum anderen arbeitete sie an vier Tagen pro Woche in einem Schnellimbiss (der Laden lag in Manhattan, aber meilenweit südlich von Harlem, damit ihr nicht zufällig jemand aus der Nachbarschaft über den Weg laufen und ihre Tarnung als schrille DJ-Diva der Hundertvierundzwanzigsten Straße auffliegen lassen würde). Außerdem war sie sehr sparsam und legte einen Teil ihres Einkommens für die Unterstützung ihrer Familie zurück.
    Es gab noch etwas, das Keesh von vielen Mädchen in Harlem unterschied. Sie und Geneva gehörten zu einer Gruppe, die gelegentlich als »Nonnenschwesternschaft« bezeichnet wurde. Was bedeutete, sie hatten keinen Sex. (Nun ja, Fummeln war in Ordnung, aber, wie eine von Genevas Freundinnen es ausdrückte: »Kein Junge steckt sein hässliches Ding in mich rein, basta.« ) Keesh und Geneva hielten sich damit an ein Versprechen, das sie einander vor einigen Jahren gegeben hatten. Und wodurch sie zu einer echten Seltenheit wurden. Die allermeisten Schülerinnen der Langston Hughes Highschool gingen schon seit geraumer Zeit mit Jungen ins Bett.
    Halbwüchsige Mädchen in Harlem ließen sich in zwei Kategorien einteilen, und der Unterschied wurde an einem einzigen Gegenstand deutlich: einem Kinderwagen. Manche schoben einen vor sich her, andere nicht. Und es spielte keine Rolle, ob sie Ntozake Shange und Sylvia Plath lasen oder Analphabetinnen waren, ob sie orangefarbene T-Shirts und

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