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Das Teufelsweib

Das Teufelsweib

Titel: Das Teufelsweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gezogen hat, der er alles zu Füßen legt …
    Aber es kam noch ganz anders.
    Mit zitternden Fingern blätterte Marco in der Mappe, las die Briefe Manons an Charles, las Briefe von einem gewissen Marcel Putois, sah immer wieder Fotografien Manons, die nichts von ihrer Schönheit verbargen, und entdeckte einige Blätter eines begonnenen Tagebuches, das in kurzen, klaren Worten das Schuldbekenntnis enthielt: ›Ich habe meinen Mann belogen und betrogen – und ich freue mich darüber.‹
    Voller Zorn las Marco die Zeilen. Und immer wieder stand es da, gemein, grausam, vernichtend in seiner Offenheit: das Wort ›Krüppel‹. Daneben Sätze des Ekels vor Dubois, dem Ahnungslosen, dem Liebenden …
    Die Tasche in Marcos Hand bebte. Ich muß meinem Herrn die Augen öffnen, sagte er sich. Ich muß sofort nach Monte Carlo und ihm das Material bringen. Oder nein – er blickte aus dem Fenster in den Garten – lieber anders. Dubois würde daran zerbrechen. Ich bringe die Mappe Manon und werde sie dann, wenn sie nicht mehr leugnen kann, erwürgen und irgendwo an der Küste zwischen den Felsen verscharren oder im Mittelmeer versenken. Man wird sie zwar vermissen, man wird sie suchen, aber nicht finden. Wichtig ist, daß der Schmerz des Verlustes für Dubois geringer sein wird, als wenn er das hier erfahren müßte.
    Mit spitzen Fingern nahm Marco den schmalen goldenen Ring aus der Tasche und hielt ihn gegen das Licht. Im Innern des Ringes war eine winzige Goldplatte angebracht, und als Marco jetzt ohne besondere Absicht ein wenig den Ring drehte und wendete, sprang das Plättchen zur Seite und ein kleiner dünner Stachel fuhr aus dem Reif heraus – ein Stachel mit einer winzigen grünen Spitze.
    Marcos Knie fingen an weich zu werden. Sah er falsch? Narrte ihn ein Spuk? Lag er im Fieber? Litt er schon an Verfolgungswahn? Nein, das alles nicht! Er sah richtig und vermutete richtig.
    Was er hier in der Hand hielt, war der seinem Herrn zugedachte Tod.
    Marco sieht die Mordszene vor sich, als säße er im Theater oder im Kino. Mit einem verführerischen Lächeln, mit der Verheißung eines Kusses, unter dem Dubois erbeben wird, geht Manon auf ihn zu, während sie ein kleines Kästchen öffnet, in dem auf einem Samtpolster ein schmaler goldener Ring liegt.
    »Darf ich dir etwas schenken, Liebster?« fragt ihre girrende Stimme süß. »Nicht nur du sollst immer der Gebende sein, heute wollen wir die Rollen einmal tauschen. Mein Präsent ist nicht groß, nur ein kleiner Goldring, aber du sollst ihn immer tragen und, wenn du ihn ansiehst, daran denken, daß deine Manon dich liebt …« Und dabei nimmt sie den Ring aus dem Etui, streift ihn Dubois über, der ihn selig betrachtet, ein wenig dreht und … »Er sticht ja …«, sagt er arglos, »wie denn das?« Und er merkt nicht, wie das Gift schon in seinem Blut kreist. Es wird ihm plötzlich heiß, der Schweiß bricht ihm aus, er ringt nach Atem, will aufspringen, greift wild um sich, seine Augen starren entsetzt Manon an, die ihn ruhig, eisig, lauernd beobachtet, er will zu ihr taumeln in seiner Todesnot, kann nicht mehr, er fühlt, wie sein Herz zuckt, wie es aussetzt, er greift nach vorne … fällt …
    »Nein!« Marco wirft den Ring in das Zimmer und schlägt die Hände vor die Augen. Langsam erlischt die grauenvolle Vision, die Bilder des Schreckens und Entsetzens verschwinden … Aber es dauert noch, bis sich Marco wieder aufraffen kann.
    Dann sucht er den Ring. Nachdem er ihn gefunden hat, verläßt er den Raum, sperrt ihn ab und geht hinüber zu seinem eigenen Zimmer, das ihm Dubois zugewiesen hat. Dort setzt er sich in einen Sessel und breitet die Bilder und Briefe, die Aufzeichnungen, den ganzen Inhalt der Tasche auf dem Tisch aus.
    »Was soll ich tun?« fragt er sich und starrt auf die verhängnisvollen Papiere. »Ich kann sie Dubois nicht geben …«
    Er liest einige der Tagebuchblätter Manons, auf denen sie ihrer ganzen Gemeinheit und Schlechtigkeit Ausdruck gegeben hat:
    »Freitag. – Ich habe Dubois geküßt, auch wenn es mich ekelte. Aber ich wollte ein neues Kleid und eine neue Perlenkette, um mich schön zu machen für Charles und Marcel. Wie oft muß ich über diese Dummköpfe von Männern lachen. Der eine läßt mich malen; der andere, der Maler, liebt mich heimlich. Und mein eigener Mann schenkt mir für einen Kuß die Kleider und Geschmeide, an denen sich meine Liebhaber erfreuen. Wie verdreht ist doch die Welt, wenn man es als Frau versteht, sie auf den Kopf zu

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