Das Teufelsweib
von ihrer Haut aus. »Was machen wir heute abend, mon cher?« fragte sie und schaute an ihm vorbei.
»Heute ist ein kleiner Ball zu Ehren des englischen Forschers Percy McJohn. Weißt du, der Mann, der allein den Amazonas hinauffuhr, der die Sahara durchquerte und bis zu den geheimnisvollen Nilquellen vordrang. Er wohnt beim Fürstenpaar im Schloß, das ihm heute einen Empfang gibt. Da kannst du hingehen. Ich bleibe so lange im Casino und mache wieder ein Spielchen.«
Sie nickte. Noch einmal ein Abend mit Salerni, dachte sie sofort. Und dieser Tölpel hier wird wieder keine Ahnung davon haben. Was für ein Trottel er ist, dachte sie, aber er trägt es mit Würde! Was bliebe ihm auch anderes übrig! Wie sagte doch ein kluger Mann? Frauen sind wie Bücher: Beide haben gute und schlechte Seiten, und beide sind niemals ganz fehlerfrei.
Plötzlich kreisten ihre Gedanken um Percy McJohn, den Forscher, den sie noch nicht kannte. Wenn ein Mann durch die Welt reist und keine Gefahren scheut, sollte er auch an Frauen nicht vorübergehen. Aber vielleicht war er ein alter, ausgebrannter Greis, ausgedörrt von der Tropensonne und ledern geworden durch die Strapazen. Wie herrlich jung war doch dagegen dieser Marcel Putois gewesen, der sie gemalt und geliebt hatte, der den Pinsel hingeworfen und sie genommen hatte und dann wieder zur Leinwand zurückgekehrt war, um weiterzumalen. Vorbei! Manon schüttelte den Gedanken ab und lachte plötzlich über sich selbst. Dubois glaubte, sie freute sich auf den kommenden Abend.
Er fühlte sich in seiner Annahme bestärkt, als sie zu ihm sagte: »Zu dem Festabend muß ich ein neues Kleid haben. Ich sah gestern …«
Dubois winkte ab. »Schon gut, mein Kind. Kaufe dir, was dir gefällt. Ich will dich glücklich sehen. Es gibt keinen Wunsch, den ich dir nicht erfüllen wollte …«
Einige Blankoschecks, die er aus der Tasche hervorzauberte, untermauerten diese Worte. Manon nahm die Schecks an sich, nickte ihm zu und verschwand, um sich anzukleiden, wiegenden Schrittes in der Villa.
Mit heißen Blicken sah ihr Dubois nach.
Am Abend saß er in einem Seitenraum des Kasinos und pokerte. Um seinen Tisch herum standen einige Herren im Abendanzug, die der Partie mit viel Spannung und Sachkenntnis zusahen. Die Anwesenheit des Krüppels in den Spielsälen war an sich schon eine kleine Sensation, denn man hatte noch nie einen so häßlichen und abstoßenden Menschen in einem so eleganten Smoking gesehen. Der Schneider, der den Smoking angefertigt hatte, mußte ein wahrer Künstler gewesen sein, denn anders war es nicht erklärlich, daß Dubois darin noch einigermaßen aussah.
Dubois spielte gewandt und klug. Er bluffte geschickt, verlor mit Anstand und gewann mit legerer Selbstverständlichkeit. Das Spiel fand eine Unterbrechung, als sich ein großer, schlanker Herr, der anscheinend schon etliches getrunken hatte, durch die Reihen quetschte und ungebeten am Tisch Platz nahm.
»Monsieur Santerres – Sie hier?« rief Dubois mit seiner wohlklingenden Stimme. »Das trifft sich gut …«
Charles de Santerres nickte. Er hatte Manon gesehen. Manon mit einem Italiener. Die beiden waren im dunklen Park verschwunden, Arm in Arm. Ja, lieber Dubois, dachte Santerres, erst betrog ich dich mit ihr, jetzt sind wir beide die Betrogenen … Schicksalsgenossen – du unwissend, ich allzu wissend … Doch was macht es!
Er winkte einem Ober. »Beaujolais!« rief er. »Und zwei Gläser!« Dann nahm er die Karten auf, mit denen sein Nebenmann nicht mehr spielen wollte, und mischte sie. »Monsieur Dubois, ich nehme die Partie auf. Ich erhöhe den Einsatz. Sagen wir: 10.000 Franc pro Karte.«
Um den Tisch herum wurde es still. 10.000 Franc! Man hielt den Atem an. Es würde ein Spiel auf Leben und Tod geben, das fühlte man. Auch Dubois schien das gleiche zu denken und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
»Es gilt. Ich nehme an. Sie haben die erste Karte. Ich mache die Bank.« Er nahm die Karten an sich. Dann teilte er die Blätter aus.
Santerres blickte mit trüben Augen auf die Karten. Er beobachtete, wie Dubois seine Blätter aufnahm und ihn ansah, lauernd, abwartend, überlegend. Er weiß von nichts, dachte Santerres. Ich könnte Rache nehmen und Manon verraten. Ich könnte mich opfern – und sie dazu. Dieses Luder, durchzuckte es ihn. Doch nein – ich bin Kavalier – er mußte lächeln –, und ich werde sie strafen, wie es einem Ehrenmann zukommt. Er warf die Karten hin. Mit einem Lächeln strich
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