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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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ähnelte.
    Der Schock kam zurück. Er wollte doch sterben. Oder? Und was war das jetzt hier? Er schloss verwirrt die Augen und schlief
     wieder ein.
    |308| Decker saß an seinem Schreibtisch und drehte den Dolch in seinen Händen. Einer der Soldaten hatte ihn als Trophäe nach dem
     Kampf im Kloster eingesteckt. Der Lama hatte versucht, sie damit zu töten. Jetzt schaute Decker sich diesen offenbar sehr
     alten Ritualgegenstand genauer an. Vor ihm lagen die Bücher aufgeschlagen. Li Mai saß ihm gegenüber. »Ist das so ein Ding,
     von dem der Stanford-Professor gesprochen hatte – wie hieß das doch gleich?«
    »Purba. Oder auch Donnerkeil.« Decker zeigte auf eine der Abbildungen in den Werken über tibetisches Kunsthandwerk. »Es ist
     ein besonders schönes Exemplar dieser alten Schamanenwaffe. Im buddhistischen Ritual hat sie also tatsächlich eine neue Bedeutung
     erhalten. Wie Long es gesagt hatte. Vielleicht sollten damit böse Geister bekämpft werden. Das Wichtigste aber ist, die Illusion
     des Egos soll damit getötet werden. Ein Kerngedanke der Lehre.«
    »Aber nicht nur symbolisch, wie wir nun selbst erfahren haben«, sagte Li Mai und dachte auch wieder an den toten Professor.
     »Übrigens, am Rande, sind dir der Geruch und die seltsamen Geräte in dem Raum des verrückten Schamanen aufgefallen?«
    »Drogen«, sagte Decker und zuckte die Schultern. »Anscheinend haben die alten Tibeter bei der Suche nach Erleuchtung chemisch
     etwas nachgeholfen. Auch das hat ihre Kultur mit den Azteken und deren Götterpilzen gemeinsam. Die Beschreibung heutiger Lamas
     über den Zustand des Nirwana hat mich ohnehin an einen LS D-Trip erinnert, wie ihn Huxley mal beschrieben hat.«
    »Soviel dazu«, sagte Li Mai.
    »Oh, und noch was«, bemerkte Decker beiläufig, »wir wollen nicht vergessen, dass klinisch Verrückte mit ihren |309| Körpern die tollsten Sachen machen können. Das findet sich schon in den Berichten der alten Salpetrie in Paris. Die haben
     ihre Härtefälle im 19.   Jahrhundert zur Belustigung der Passanten nackt im Schnee sitzen lassen – ohne dass diese krank wurden. Naja, und da Tibet
     eben keine Irrenhäuser hatte   ...«
    »...   haben sie das als spirituelle Höchstleistung interpretiert«, ergänzte Li Mai. »Bravo.«
    Dann besann sie sich auf ihren Auftrag. »Das Hauptproblem besteht immer noch«, sagte sie halb zornig, halb resigniert. »Wir
     wissen nicht, wo sich dieser verdammte Tempel des Schreckens befindet.«
    »Der Gokang. Ja. Aber eine Quelle haben wir noch nicht angezapft. Und wenn es um die Bekämpfung des Bösen auf der Welt geht,
     dann ist das sicher die erste Adresse.« Decker schmunzelte und beugte sich zu Li Mais Ohr. »Damit der Teufel uns nicht auf
     die Schliche kommt, sag ich es lieber nur dir   ...«
    Li Mai runzelte die Stirn. »Das ist nicht dein Ernst. Deswegen wolltest du die Verbindung zum Vatikan! Aber werden sie uns
     wirklich helfen wollen?«
    »Ich habe da so eine Idee. Vertrau mir. Aber wir werden vielleicht etwas Druck ausüben müssen.«
    »Aber ich kann dir nicht garantieren, dass wir eine Verbindung kriegen. Der Vatikan ist vielleicht der einzige Ort auf der
     Welt, wo wir keinen Einfluss nehmen können.«
    »Das brauchen wir wahrscheinlich gar nicht. Sag ihnen einfach, worum es geht. Wenn ich richtig liege mit meiner Vermutung,
     werden sie uns das Gespräch nicht verweigern.«
    Li Mai blickte skeptisch und ging an ihren Schreibtisch. Decker drückte ihr die Daumen und sagte: »Inzwischen |310| kümmere ich mich mal um unseren Patienten. Er ist bestimmt schon aufgewacht. Und ich habe eine kleine Überraschung für ihn.«
     Mit diesen Worten schaltete er die Hifi-Anlage ein und grinste fröhlich.
Shot down in flames   ...
    »Kannst du dir eigentlich nicht mal eine neue CD leisten?« Li Mai verdrehte die Augen und hängte sich wieder ans Telefon.
     
    Patrick kam langsam zu sich. Das erste, was er wahrnahm, war leise Musik. Mit geschlossenen Augen lauschte er den vertrauten
     Klängen und fragte sich, wie dieser Sound in den Himalaja kam. Doch dann stiegen die Bilder der letzten schrecklichen Erlebnisse
     hoch und Tränen traten in seine Augen. Dann wieder diese Musik. Natürlich, nur einer konnte das sein   ... Dr.   Decker. Jetzt fiel ihm alles wieder ein, und er öffnete vorsichtig die Augen.
    Er lag in einem wundervoll weichen und warmen Bett. Neben ihm stand ein Arzt mit asiatischem Gesicht und las Computerausdrucke.
     Als er sich noch fragte,

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