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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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noch leben? Er hatte sein
     altes Leben aufgegeben und hier dann alles verloren, woran er glaubte.
    Das Leben war vorbei für ihn.
    Mit einem lauten Krachen rammte der Jeep die Felswand an seiner Rechten. Patrick wurde aus seinen Gedanken gerissen und steuerte
     reflexartig gegen. Der Wagen geriet ins Schleudern, und Patrick versuchte ihn instinktiv abzufangen. Ein paar Mal pendelte
     der schwere Jeep von links nach rechts, stieß erneut an die Wand, sprang ein paar Meter durch die Luft und schlug dann hart
     auf. Patrick trat in seiner Angst in die Bremse. Das war das Schlimmste, was er tun konnte. Die Räder blockierten, und der
     Wagen schob sich geradewegs auf den Abhang zu. Patrick schrie auf, doch es war zu spät. Der Jeep schoss über die kleinen Begrenzungssteine
     am Rand hinaus und stürzte ab.
     
    Decker schwenkte plötzlich nach Norden.
    »Was hast du vor?«, fragte Li Mai.
    »Wir holen ihn«, war Deckers Antwort.
    |303| »Das geht nicht. So viel Zeit haben wir nicht mehr.«
    »Es muss.« Decker riss den Helikopter in eine scharfe Kurve und jagte ihn zurück in die Täler des Himalajas, vorbei an zerklüfteten
     Hängen und bizarren Felsformationen.
    Er sah zu Li Mai, die erst noch zögerte, dann aber stillschweigend nachgab und ihren Soldaten einige Anweisungen zurief. In
     ihrem schwarzen Visier spiegelten sich die mittlerweile weißen Berge und das erste glasklare Stahlblau des Himmels. Die vier
     Soldaten in der Kabine schauten aus den großen Seitenfenstern hinab auf die dahinrasende Schneelandschaft. Und sie hielten
     Ausschau nach Patrick. Das gerettete Mädchen war in warme Decken eingewickelt und schlief.
    »Sag mir genau, wo er sich befindet«, sagte Decker in das Helmmikrofon.
    Li Mai glich die Daten des Satelliten mit dem Navigationssystem im Cockpit ab und zeigte dann auf die Karte im Monitor. »Er
     ist hier. Die Bilder sind schon ein paar Minuten alt, aber weit kann er nicht gekommen sein.«
    »Wir müssen ihn finden. Er ist verzweifelt. Vielleicht tut er sich was an. Und ich hätte es verhindern können«, sagte Decker.
    In wilden Kurven schoss der Helikopter durch die Täler. Berg um Berg baute sich vor ihnen mit seinen Felsmassen auf. Immer
     höher und höher.
    Die Luft war jetzt schon so dünn, dass alle Insassen über die Sauerstoffmasken atmeten. Es war auch nicht mehr weit bis zu
     der Höhe, in der die Turbinen nicht mehr arbeiten können und die Rotoren instabil werden. Hoffentlich war Patrick nicht jenseits
     der maximalen Flughöhe des Helikopters. Bergsteiger waren verloren, |304| wenn sie am Mount Everest, am K2 oder an einem der anderen Felsriesen im Himalaja oberhalb dieser Grenze in Bergnot gerieten.
     
    Patrick kam wieder zu sich. Er sah seinen Wagen tief unten im Tal liegen. Vollkommen zerstört. Anscheinend war er herausgeschleudert
     worden und lag jetzt auf einem Felsvorsprung kurz unterhalb der Straße und weit über dem Abgrund. Sein Körper tat höllisch
     weh. Aber er konnte aufstehen.
    Patrick sah sich um. Er erblickte etwa hundert Meter über sich eine kleine, unberührte, von Schnee bedeckte Bergkuppe. Dort
     wollte er sein. Mit allerletzter Kraft zog er sich an Steinen Halt suchend und auf allen vieren kriechend den Hang hinauf,
     überquerte die Pass-Straße und begann, die Felsenanhöhe zu erklimmen.
    Er bemerkte nicht, dass er blutete.
    Weiter und weiter zwang er sich nach oben. Quälte sich eine ebene, leicht ansteigende Fläche hinauf. Er rannte. Er rannte
     davon. Vor seinen Erinnerungen. Seinen zerbrochenen Hoffnungen. Und dem Nichts.
    Dann erreichte er den Fuß des kleinen Hügels mit dem schönen schneebedeckten Gipfel. Nur wenige Meter über ihm war sein Ziel.
    Er weinte. Er zitterte. Die Kälte drang durch seine viel zu dünnen Gewänder. Getrieben von seinem Wunsch, allem zu entkommen,
     kämpfte er sich dennoch die Wand hinauf. Seine Hände krallten sich in die Felsritzen und er schaffte es, voranzukommen.
    Er war erschöpft. Und verletzt. Innerlich und äußerlich. Als er die kleine Kuppe erreichte, sank er entkräftet zu Boden und
     nahm den Lotussitz ein. Es sollte seine letzte Meditation werden. Er saß einsam auf einem kleinen |305| Felsen, umgeben von weichem Schnee. Um ihn herum in der Ferne ein spektakuläres Panorama der heiligen Berge. Wie viele Suchende
     hatten in diesem Land die Erleuchtung gefunden, hatten sich von allem irdischen Leid erlöst?
    Die Morgensonne warf ihr gleißendes Licht auf die Eiskristalle.
    Er war so weit

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