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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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im Auftrag und unter Aufsicht des jeweils wachhabenden Offiziers auf der Brücke;
weitere Logbücher diverser Schiffsabteilungen, deren Einträge an die Brücke weitergegeben und dort in das Scrap Log übertragen wurden. [13]
     
    »Weil das Logbuch so ein wichtiges Dokument ist, wird es gut aufbewahrt, und im Falle eines Unfalls oder einer Havarie versuchen die meisten Kapitäne, ihre Logbücher zu retten.« [14]
    Nehmen wir beispielsweise den Untergang der
Lusitania
am 7. Mai 1915. Obwohl die
Lusitania
sehr viel schneller (innerhalb von nur 18 Minuten) und unter wesentlich dramatischeren Umständen (nach dem Torpedotreffer eines deutschen U-Boots und einer sekundären Explosion) sank, rettete der Kapitän zumindest die Seekarte. Nachdem Wasser in die Schiffsgänge auf der Steuerbordseite gelaufen war, bekam der Dampfer Schlagseite nach Steuerbord. Beim Fieren kippten die Rettungsboote um und überschlugen sich. Bevor er über Bord gespült wurde, steckte Kapitän William Thomas Turner aber dennoch die Seekarte in seinen Uniformrock. [15] Einigen Berichten zufolge rettete er sogar das Logbuch. [16]
    Dass beides in den britischen Untersuchungen der Schiffskatastrophe genau wie bei den
Titanic-
Untersuchungen keine Rolle spielte, steht auf einem anderen Blatt. Untersuchungsführer war auch in diesem Fall der britische Havariekommissar Lord Mersey, der möglicherweise auch hier nur eine ganz bestimmte Geschichte erzählen wollte. Denn mit dem Untergang der
Lusitania
wurden die USA an der Seite Großbritanniens in den Ersten Weltkrieg hineingezogen. Jedenfalls waren Turners Aufzeichnungen auf der Seekarte gut genug, um viele Jahre später das Wrack der
Lusitania
zu finden. [17]
     
    »Ein Logbuch ist ein schlichtes Beweismittel und dient zur Ermittlung einer etwaigen Havarie oder eines Unfalls bzw. zur Rekonstruktion eines Unfallhergangs.« [18] Im Grunde genommen hätte man zu der Beginn der Untersuchungen zunächst einige Tage die schriftlichen Aufzeichnungen studieren müssen. Die wichtigsten Fragen wären gewesen:
     
    Wie lief die Schiffsreise ab?
Lässt sich in diesen Aufzeichnungen eine Erklärung für die Katastrophe finden?
Und natürlich: Wurden Logbücher und Seekarten manipuliert?
     
    Erst nach der Analyse von Seekarte und Logbuch hätte man ein verbindliches Bild der offiziellen Schiffsaufzeichnungen bekommen, von dem aus man an die Zeugen und Verantwortlichen hätte herangehen können. Denn schließlich sind das die autorisierten Aufzeichnungen der Schiffsführung. Und wenn sich schon der Kapitän nicht retten konnte, ist es wie gesagt völlig unverständlich, warum nicht für die Bergung der Logbücher und Seekarten gesorgt wurde.
    Hier bekommt das edle Bild vom Kapitän, der in treuer Pflichterfüllung mit seinem Schiff untergeht, einen weiteren Riss. Denn wenn Smith (und auch die anderen Offiziere) so edel und pflichtbewusst gewesen wäre, hätte er für die Bergung der Seekarten und Logbücher Sorge getragen. Doch seltsamerweise waren am Ende nicht nur die Logbücher und Seekarten weg, sondern auch die Verantwortlichen für die Logbücher (Kapitän, Leitender Offizier und ein wachhabender Offizier namens Murdoch).
     
    Das Verschwinden der Seekarten und Logbücher war das zentrale Desaster der
Titanic
-Untersuchungen, über das jedoch in den ganzen hundert Jahren kein Wort verloren wurde. Auch in dem berühmten
Titanic
-Film wird kein einziger Gedanke daran verschwendet. Statt dem Verschwinden dieser Unterlagen auf den Grund zu gehen, ließ man diese Vorgänge unter den Tisch fallen. Die überlebenden Offiziere antworteten nur beiläufig bis frech auf entsprechende Nachfragen.
     
    Am 20. April 1912, dem zweiten Tag der US -Untersuchung, fragte der Vorsitzende William Alden Smith zum Beispiel den Dritten Offizier Herbert John Pitman, ob er wisse, ob das Logbuch geborgen worden sei. Antwort: »Soweit ich weiß, nein. Ich ging nicht in den Kartenraum, deshalb weiß ich es nicht.« Smith: »Wissen Sie, ob Mr. Lightoller, der Zweite Offizier, oder Mr. Boxhall, der Vierte Offizier, oder Mr. Lowe, der Fünfte Offizier, das Logbuch an sich nahmen?« Eine berechtigte Frage – denn genau das hätte man erwarten müssen. Aber die Antwort lautete: »Das kann ich nicht sagen, Sir.«
    Später will Senator Fletcher von dem Dritten Offizier Pitman wissen: »Welcher Offizier war verantwortlich für das Logbuch?« – »Nun, der Fünfte und Sechste führen das normalerweise«, kam die gleichgültige Antwort.

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