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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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haben deshalb schon immer vermutet, dass das Eis vom Schiff selbst stammte, und zwar vom Vormast. Dazu muss man sich vorstellen, dass das Schiff viele Stunden lang mit etwa 40 Stundenkilometern bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes durch sehr feuchte Meeresluft fuhr. Dass bestimmte Schiffsteile dabei zu vereisen begannen, speziell der – im Gegensatz zu den Decksaufbauten – nicht beheizte Vormast, ist mehr als wahrscheinlich.
    Ja, aber warum sollte das Eis denn genau bei der Begegnung mit dem Eisberg heruntergefallen sein? Nun, erstens könnte es ja, sollte der Rumpf wirklich mit einem Eisberg kollidiert sein, durch diese Erschütterung heruntergefallen sein – oder auch durch die beschriebenen Vibrationen bei den Maschinenmanövern. Zweitens weiß in Wahrheit kein Mensch, wann und warum das Eis herunterfiel. Vielmehr war es wohl so, dass die Passagiere durch das seltsame Verhalten des Schiffes an Deck gelockt wurden, dort das Eis vorfanden und es dann mit dem Ereignis in Verbindung brachten.
    Eine typische Schilderung in diesem Zusammenhang ist die von dem
Titanic
-Überlebenden Frank Prentice. Er befand sich im Inneren des Schiffes in seiner Koje, »als es plötzlich anhielt«. Es war, als hätte man einen Wagen abgebremst. Er sei dann nach vorne auf das Promenadendeck gegangen und habe hinausgesehen, aber er habe über der Wasserlinie nicht den geringsten Schaden entdecken können: »Was ich sah, war Eis auf dem Welldeck. Auf dem vorderen Welldeck. Und ich dachte: ›Hoppla, wir haben einen Eisberg gerammt.‹« [136]
    So funktioniert das. Von der Sichtung eines Eisbergs erzählte Prentice allerdings nichts. Und außerdem bleibt ja die Frage, wie das Eis von dem Eisberg auf dem Welldeck landen konnte, wenn die seitlich über das Welldeck hinausragende Plattform vollkommen unbeschädigt blieb (siehe »Leichenschau am Wrack«).
    Ganz ähnlich verhielt es sich bei dem Matrosen Frederick Clench. Er sagte bei der US -Untersuchung, er habe geschlafen, als der Unfall geschah, und sei durch ein Mahlen und Knarren aufgewacht. Er sei ein Leichtschläfer gewesen, normalerweise habe eine leichte Berührung genügt, um ihn aufzuwecken. Er habe dann seine Hosen angezogen und sei an der Steuerbordseite (also der »Eisbergseite«) auf das Welldeck gegangen, wo er eine Menge Eis gesehen habe. Das war’s. Den Eisberg erwähnte auch er nicht.

Ein schrecklicher Unfall?
    Wie wir wissen (oder wie uns gesagt wird), war dieser angebliche Zusammenstoß mit dem Eisberg trotz der regelrecht mutwilligen Fahrlässigkeit, der Hybris, des blinden Gottvertrauens, der angeblichen Eile, des Zuviels an Erfahrung, oder was immer sonst noch als Erklärung für diese Fehlleistung ins Feld geführt wurde, ein bedauerlicher Unfall. Oder etwa nicht? Es gibt eine einfache Methode, das herauszufinden, und das ist das Verhalten der Besatzung nach dem Unfall.
    Jeder kennt das von eigenen Fehlleistungen. Jeder war schon einmal mit Blindheit geschlagen und in Routine erstarrt. Resultiert daraus ein Fehler oder Irrtum, funktioniert dieses Ereignis selbst als Weckruf. Wie Schuppen fällt einem plötzlich von den Augen, was man alles falsch gemacht hat.
    Nehmen wir nur an, man hat seinen Kaffee zu nahe an der Tischkante abgestellt, und bei der nächsten Handbewegung ergießt sich der Kaffee auf den Schoss des Sitznachbarn. Sofort springt man auf und wedelt mit einem Taschentuch herum, um die Folgen des Desasters wenigstens gering zu halten. Nicht ohne Beteuerungen der eigenen Dummheit und Ungeschicklichkeit, und meistens ist beides ernst gemeint.
    Kurz: Solche kleineren, manchmal aber auch größeren Malheure gehen mit einem typischen kognitiven und motivationalen Muster einher:
     
    Phase der Unaufmerksamkeit und Nachlässigkeit (kognitive Blindheit)
Weckruf durch das Ereignis, Begreifen der Situation und der vorhergehenden Versäumnisse (kognitives Erwachen)
Motivationsschub, das Geschehen zu mildern und wiedergutzumachen
     
    Daraus ergibt sich: Der Motivationsschub ist quasi der Prüfstein für die Echtheit des Missgeschicks. Handelt es sich in Wirklichkeit gar nicht um Missgeschick, gibt es auch keinen Motivationsschub. Dann schaut uns der schuldige Kollege im Büro in aller Seelenruhe dabei zu, wie wir uns den Kaffee selbst von der Hose putzen.
    Hat man aus einer Mischung aus Blindheit und Blödheit einen ganzen Ozeandampfer mit 2200 Menschen an Bord mit Volldampf gegen einen Eisberg gerammt, sollte das eigentlich einen gewaltigen

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