Das Todeskreuz
Mit einem Mal hielt Durant inne, überlegte und kaute
dabei auf der Unterlippe, bevor sie fortfuhr: »Shit, das passt
nicht. Ihre Mutter hatte sich auf Herrenbesuch eingestellt, so
wurde sie auch aufgefunden, nur mit einem Paar Strümpfen bekleidet.
Moment, Moment, nichts sagen, lasst mich nachdenken
... Herrenbesuch. Irgendjemand hat die Stimme von Corinna
Sittler imitiert und beim Escort-Service angerufen, um diesen
Ricardo abzubestellen. Ich kenne die Simonek, die schwört Stein
und Bein, dass es die Sittler war, die angerufen hat, und sie ist
eine phantastische Menschenkennerin.«
»Der Mahler«, sagte Berger. »Wir haben ja die bei der Simonek
am Freitag zwischen neunzehn und einundzwanzig Uhr
eingegangenen Telefonate überprüft und wissen nicht, von welchem
Apparat aus die Absage erfolgte. Auf jeden Fall keine Telefonzelle,
aller Wahrscheinlichkeit nach ein Prepaidhandy. Er hätte
eine Gelegenheit finden können, den Anruf mal schnell zwischendurch
zu tätigen.«
»Sie haben Mahler nicht kennengelernt. Der ist zu brav, auch
wenn er im Radio so 'ne richtige Schnauze hat.«
»Nehmen Sie ihn noch mal in die Mangel.«
»Sie mögen ja recht haben, aber das würde ja dann bedeuten,
dass er mit seiner Freundin zusammen die Morde geplant und ausgeführt
hat. Liebe macht zwar blind, aber drei Morde?« Sie schüttelte
den Kopf. »Ich gebe zu bedenken, dass wir damit zwei noch
relativ junge Menschen verdächtigen, drei sehr gut durchdachte
und ausgeführte Morde begangen zu haben. Mahler hätte ein Motiv
benötigt, aber erstens hat er keins, und zweitens gehört er nicht
zu jenen, die der Freundin das Zäpfchen in den Hintern schieben,
wenn sie unpässlich ist. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Schon, trotzdem möchte ich auch jede noch so geringe
Möglichkeit in Betracht ziehen. Befragen Sie Mahler noch
mal, oder wenn Sie möchten, kann das auch einer Ihrer Kollegen
übernehmen.«
»Lassen Sie mich mal meinen ursprünglichen Gedankengang
zu Ende bringen. Wer hat angerufen, und wer ist ins Haus eingelassen
worden? Es gab keinen Kampf, weshalb ich davon ausgehe,
dass die Sittler ihren Mörder oder ihre Mörderin kannte. Sie
hat sogar Champagner mit ihm oder ihr getrunken, und sie war
dabei nackt, bis auf die Strümpfe. Das wiederum bedeutet, sie
hatte Vertrauen zu der Person, die sie besuchte. Ihre Tochter
schließe ich da aus. aber die Cornelius hatte eine sexuelle Beziehung
zur Sittler. Die sagt zwar, dass sie eigentlich hetero ist, es
ihr aber trotzdem nicht unangenehm war, mit ihrer Chefin in die
Kiste zu steigen. Und niemand kannte die Sittler so gut wie die
Cornelius. Die aber hat mir gegenüber versichert, dass sie an den
Dienstag- und Freitagabenden nie zur Sittler gerufen wurde. Was,
wenn das eine Lüge ist? Die Sittler hatte jedenfalls zu niemandem
mehr Vertrauen als zur Cornelius. Doch die Cornelius muss
einen Helfer gehabt haben, vorausgesetzt, sie ist die eine Hälfte
des Duos.«
»Oder eine Helferin«, bemerkte Kullmer trocken. »Zwei Frauen
würden es durchaus schaffen, ein Schwergewicht wie Buchmann
in den Kofferraum seines Wagens zu hieven. Ich sage nur,
wenn Frauen hassen.«
Durant schüttelte den Kopf. »Ich weiß, ich weiß, wenn Frauen
hassen. Nur, das Motiv, wo liegt das Motiv, auch Buchmann und
Hoffmann umzubringen? Das sehe ich eben bei keiner der beiden
Frauen. Warum auch noch die Männer? Ich meine, wenn wir logisch
denken, muss es doch jemand sein, dem der Fall Kröger/
Guttenhofer besonders nahegegangen ist, oder liege ich da
falsch?«
Zustimmendes Nicken.
»Wir drehen uns im Kreis, merkt ihr das? Bei der Sittler allein
würde ich sofort die Tochter und die Cornelius in die engere Wahl
nehmen, Motive könnte es da mehrere gegeben haben, wären da
nicht der Zettel mit der seltsamen Aufschrift und das seitenverkehrte
Kreuz auf dem Rücken. So sehe ich aber nicht mal mehr
ein mögliches Motiv bei den beiden, denn den Zettel und das
seitenverkehrte Kreuz haben wir bei allen drei Opfern gefunden.
Okay, Buchmann war ein angesehener Fernsehrichter, aber er hat
sich auch schmieren lassen und sich von dem Geld, zumindest
gehe ich davon aus, in einen Puff eingekauft. Der hat sowieso
weit über seine Verhältnisse gelebt. Und Hoffmann«, sagte sie zu
Kullmer, »wenn ich dich gestern richtig verstanden habe, war
alles andere als ein Unschuldslamm, wenn es stimmt, dass er seine
Frau verprügelt hat. Hat er doch, oder?«
»Da kannst
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