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Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Zucker waren. Sie stellte
es auf den Tisch, schenkte im Stehen ein und reichte die Tasse
mit dem Unterteller Durant.
    »Danke, sehr freundlich.«
    »Moment, das Teegebäck fehlt noch«, sagte Frau Sittler, holte
eine Schale mit Keksen und setzte sich dann. »Sie sind wegen
des Todes meiner Tochter hier. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich wollte Ihnen nur ein paar Fragen stellen.«
    »Nur zu, fragen Sie.«
    »Wann haben Sie Ihre Tochter zuletzt gesehen?«
    »Das ist Jahre her. Meine Enkelin klingelte mich vergangene
Nacht aus dem Bett und war bis heute Morgen hier, und wir haben
sehr viel geredet. Auch über Dinge, über die wir bisher geschwiegen
haben«, erklärte sie und nippte an ihrem Tee und stellte
die Tasse zurück. »Leslie hat mir auch gesagt, dass sie Ihnen
von dem Zerwürfnis zwischen unserer Tochter und uns berichtet
hat.« Und nach einer kurzen Pause: »Sie werden wissen wollen,
wie es dazu kam ...«
    »Nein, das hat mit den Ermittlungen nichts zu tun.«
    »Lassen Sie es mich Ihnen trotzdem erzählen, vielleicht erhalten
Sie dadurch ein besseres Bild von meiner Tochter. Es
mag sein, dass ich Ihnen einige Sachen sage, die ein schlechtes
Bild ... Mein Gott, ich wiederhole mich, Bild, Bild, Bild. Nun,
was ich sagen will, ist, dass es einige Dinge gibt, die wir alle
falsch gemacht haben. Mein verstorbener Mann, ich und auch
Corinna. Aber letztlich, und das müssen Sie mir glauben, war
es Corinna, die sich von uns abgewandt hat. Sie wollte urplötzlich
nichts mehr mit uns zu tun haben, als wären wir nicht
mehr gut genug für sie. Sie wollte nur noch ihr eigenes Leben
leben, selbst Leslie war ihr zu viel, ihre eigene Tochter. Das
lag aber vielleicht auch daran, dass Corinna noch sehr jung
war, als sie schwanger wurde. Sie wollte eigentlich abtreiben
lassen, aber mein Mann und ich haben ihr zugeredet, dass sie
es nicht tun soll, wir würden ihr in jeder nur erdenklichen
Weise zur Seite stehen. Corinna hat nicht einmal ein Jahr verloren.
Sie hat Leslie zur Welt gebracht und ist schon eine Woche
nach der Geburt wieder zur Schule gegangen, um ihr Abitur
zu machen. Wir haben uns um die Kleine gekümmert, wir
haben sie eingekleidet, sie in den Kindergarten und zur Schule
gebracht und ... Aber ich will nicht jammern oder klagen.
In der ersten Zeit lebte Corinna ja noch bei uns, auch wenn sie
kaum zu Hause war, doch nach dem Studium begann sie bei
der Staatsanwaltschaft in Darmstadt, nahm sich dort eine kleine
Wohnung und fragte uns, ob wir Leslie bei uns behalten
könnten. Natürlich taten wir das gern, sie ist schließlich unsere
Enkelin und ein ganz liebes Mädchen. Aber Corinna«, Frau
Sittler schüttelte den Kopf, und ein paar Tränen stahlen sich in
ihre Augen, die sie mit einem Taschentuch abtupfte, »sie war
praktisch von einem Tag auf den andern wie verwandelt. Sie
meldete sich kaum noch bei uns, sie ging ihre eigenen Wege
und hat uns an ihrem Leben in keinster Weise mehr teilhaben
lassen. Aber da war zum Glück immer noch Leslie, die die
ganze Zeit bei uns wohnte, bis vor einem Jahr. Und nun ist
Corinna tot, ohne dass wir uns noch einmal aussprechen konnten.
Das ist die Tragik im Leben, wenn einer stirbt und die
andern Schuldgefühle haben.«
    »Aber Sie haben sich doch nichts vorzuwerfen, wenn ich Sie
recht verstanden habe.«
    »Man sucht immer nach einem Fehler, den man begangen hat
oder haben könnte. Wir haben ihr Studium finanziert, ihre Tochter
von Geburt an großgezogen und ihr unter die Arme gegriffen,
wo wir nur konnten. Corinna war kein schlechter Mensch, doch
ich glaube, dass sie in schlechte Gesellschaft geraten ist.« Sie
schüttelte den Kopf und verbesserte sich: »Nein, ich bin überzeugt
davon. Irgendjemand hat einen solchen Einfluss auf sie gehabt,
dass sie so anders wurde. Aber ich habe keine Beweise dafür,
nur, warum sonst sollte sie sich so verändert haben?«
    »Frau Sittler sah Durant fragend an, tunkte einen Keks in den
Tee und aß ihn.
    »Sie litt unter Agoraphobie«, sagte Durant.
    »Das weiß ich alles, aber auch dafür gibt es einen Grund. Leslie
hat mir oft von Panikattacken erzählt und dieser Angst, in der
Corinna lebte. Sie muss wirklich gelitten haben.«
    Als Frau Sittler nicht weitersprach, fragte Durant: »Sie haben
eben erwähnt, dass es einen Grund für die Krankheit Ihrer Tochter
gegeben hat. Verraten Sie mir auch, welchen?«
    »Den genauen kenne ich nicht, aber es muss nach einem Prozess
gewesen sein. Ich

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