Das Todeswrack
haben Sie Recht, und die Aufgabe ist nicht zu bewältigen. Aber ich glaube, wir sollten zumindest mal nachschauen.« Er grinste. »Womöglich finden wir sogar Mr. Donatellis Wagenheber.«
McGinty brach in schallendes Gelächter aus. »Na ja, falls es danebengeht, betrinken wir uns eben aus Frust, nicht aus Freude.
So, aber jetzt sollten wir erst mal einen Toast auf unseren Erfolg ausbringen.«
Donatelli öffnete den Grappa und goss schwungvoll für alle ein. Man merkte ihm noch immer an, dass er früher einmal als Kellner gearbeitet hatte.
»Ach, übrigens, das eben waren die Jungs unten aus der Taucherglocke«, sagte McGinty. »Sie sind fast durch den Rumpf durch. Ich habe gesagt, sie sollen alles für morgen vorbereiten und sich dann ausruhen. Sie beide würden morgen so früh wie möglich nach unten kommen, um den Job zu erledigen.«
Austin erhob das Glas. »Auf die aussichtslosen Vorhaben und unmöglichen Pläne.«
Das leise Gelächter brach abrupt ab, als Donatelli feierlich sein Glas emporreckte. »Und auf die
Andrea Doria
und die Seelen all derer, die auf ihr gestorben sind.«
Als sie ihre Drinks hinunterstürzten, herrschte Schweigen.
42.
Rund um die
Andrea Doria
ist das Leben niemals langweilig, denn inzwischen beanspruchen unzählige silbrige Fische die luxuriösen Kabinen, für die deren einstige Bewohner viele tausend Lire bezahlen mussten. Nichts jedoch hätte die Bevölkerung dieser blauen Dämmerwelt auf die Ankunft zweier Kreaturen vorbereiten können, die bizarrer aussahen als jedes Geschöpf der Tiefe. Die drallen Gestalten waren von leuchtend gelber Haut überzogen, und ihre Rücken wurden von einem schwarzen Schild geschützt. In der Mitte ihrer runden Köpfe befand sich ein einzelnes Auge. Aus den Unterseiten ihrer drallen Körper traten zwei Stummel hervor. Weiter oben befanden sich ähnliche, kürzere Anhängsel, die jeweils in einer Klaue endeten. Am seltsamsten aber waren die leise sirrenden Flossen zu beiden Seiten.
Die Kreaturen hingen im Wasser wie Heliumballons bei eine m Faschingsumzug.
Zavalas leises Lachen drang aus Austins Headset.
»Habe ich dir je gesagt, wie sehr du dem Michelin-Männchen ähnelst?«
»Nach dem gestrigen Abendessen bei McGinty würde mich gar nichts mehr überraschen. Mein Strampler drückt ein wenig in der Magengegend.«
Wer auch immer sich diesen Spitznamen für den Ceanic-Tieftauchanzug ausgedacht hatte, er musste unter einem Sehfehler gelitten haben. Der so genannte Strampler war in Wirklichkeit ein am Körper tragbares U-Boot. Die geschmiedete Aluminiumhaut war technisch gesehen ein Schiffsrumpf. Durch Fußhebel ließen sich auf beiden Seiten vertikale und laterale Schubdüsen aktivieren. Dank des geschlossenen Sauerstoffkreislaufs und der aktiven Kohlendioxidfilter war eine Tauchzeit von sechs bis acht Stunden möglich, plus weiteren achtundvierzig Stunden Lebenserhaltung im Notfall. Der Anzug brachte fast eine halb e Tonne auf die Waage, doch im Wasser wog er weniger als vier Kilo. Neben der langen Tauchzeit und der hohen Mobilität gab es noch einen weiteren Vorteil: Es war keine Dekompression nötig. Der größte Nachteil des Anzugs war seine Sperrigkeit. Mit dieser Ausrüstung Donatellis ehemaliger Route durch das Schiff zu folgen wäre reiner Selbstmord gewesen. Innerhalb weniger Minuten hätten die Taucher sich in irgendwelchen Drähten oder Seilen verfangen.
Bei der Ausarbeitung ihres Tauchplans berücksichtigte Austin alle früheren Expeditionen zur
Doria,
ob erfolgreich oder nicht.
Nach seiner Ansicht hatte das Gimbel-Team den richtigen Ansatz gewählt. Im Jahr 1975 hatten sie versucht, ein U-Boot zur Aufklärung zu nutzen, aber das Fahrzeug war zu schwach gewesen, um der Strömung zu trotzen. Die Taucherglocke, die als Aufzug und Arbeitsplattform dienen sollte, war nicht richtig ausbalanciert und geriet gefährlich außer Kontrolle. Was Austin beeindruckte, war die Tatsache, dass die Taucher, die über einen Luftschlauch von der Oberfläche mit einem heliumgesättigten Atemgemisch versorgt wurden, unter diesen widrigen Umständen sehr viel erreicht hatten. Sie waren tatsächlich bis in die Garage vorgedrungen. Die Gimbel-Expedition des Jahres 1981 war besser vorbereitet. Das Glockensystem funktionierte gut. Obwohl alle möglichen Probleme auftauchten, darunter schlechtes Wetter und eine Strömung, in der sich die Luftschläuche verhedderten, gelang es den Tauchern, den Safe aufzuspüren und mit Hilfe eines Krans zu bergen.
Am Ende
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