Das Todeswrack
in der Tiefsee unvermeidlich war, den Arm aus und nahm von Austin und Zavala das Kabel entgegen. Die NUMA-Männer konnten sich untereinander und mit dem Bergungsschiff verständigen, aber zu den anderen Tauchern bestand, außer über die Glocke, keine direkte Verbindung. Austin machte sich keine Sorgen, denn sie hatten den Plan mehrmals durchgesprochen, und falls nicht gerade eine besonders komplizierte Botschaft übermittelt werden musste, waren Handzeichen für die Verständigung völlig ausreichend.
Der kniende Taucher schaltete den Schneidbrenner aus, sobald er die Neuankömmlinge sah. Er wies auf die vier Winkel des Rechtecks, wo jeweils zwei Löcher geschnitten worden waren, und reckte den Daumen empor. Dann befestigten er und sein Kollege die Klammern des Kevlarkabels an den Löchern. Die Taucher bewegten sich mehrere Meter weg, und einer von ihnen vollführte eine ruckartige Bewegung mit der Hand, wie ein Lokomotivführer, der an der Schnur der Signalpfeife zog.
Austin meldete sich bei der Mannschaft an Deck. »Alles klar.
Fangt an zu ziehen.«
Man gab die Nachricht an den Kranführer weiter, und das Kabel wurde straff wie eine Bogensehne. Einige Sekunden vergingen. Nichts passierte. Der Rahmen rund um das Tor bestand aus vielen kleinen Löchern, wie eine Perforation in einem Stück Karton. Austin fragte sich soeben, ob noch zusätzliche Vorbereitungsarbeiten nötig sein würden, als an dem Garagentor plötzlich ein Schwall Blasen emporstieg. Mit gedämpftem Dröhnen riss das Rechteck heraus. Austin wies das Oberflächenteam an, den Kran herumschwenken zu lassen und das Tor auf dem Rumpf abzulegen.
Auf Höhe des B-Decks hatte sich in der Seite des Schiffs ein riesiges, rechteckiges Loch aufgetan. In die Bug- und Heckregion dieses und des darunter liegenden C-Decks hatte man die Kabinen der Touristenklasse gestopft. Zwischen den Kabinen lag im vorderen Teil des Decks die
autorimessa,
in der sich die neun Wagen und der gepanzerte Laster befinden mussten. Zavala gab etwas Gas und glitt direkt über die neu geschaffene Öffnung.
»Hier könnte man mit einem Humvee durchfahren.«
»Warum so bescheiden? Denk doch mal nach. Jeder, der von jetzt an zu diesem Wrack hinabtaucht, wird das hier als Zavalas Loch bezeichnen.«
»Diese Ehre überlasse ich gerne dir. Wollen wir es nicht Austins Ausgang nennen?«
»Wollen wir nicht lieber mit der Erkundung anfangen?«
»Wenn nicht jetzt, wann dann?«
»Ganz meine Meinung. Wir lassen es schön langsam angehen.
Denk an die Kabel, die von der Decke hängen, und achte auf zerbrochene Spanten. Außerdem sollten wir einen Sicherheitsabstand voneinander einhalten.«
Die Warnung war überflüssig. Ihre Bekleidung ähnelte den Raumanzügen der Astronauten. Und genau wie Astronauten in der Schwerelosigkeit mussten auch sie sich vorsichtig und keinesfalls ruckartig bewegen. Selbst bei langsamer Geschwindigkeit würde ein Zusammenprall der mehrere hundert Kilo schweren Anzüge sie gewaltig durchschütteln.
Austin bezog unterhalb von Zavala Position, so dass der Scheinwerfer an seinem Anzug direkt ins Schiff leuchtete. Der kräftige Lichtstrahl wurde von der Dunkelheit verschluckt. Kurt betätigte den Gashebel der vertikalen Schubdüsen und sank mit den Füßen voran in die Garage. Dann hielt er an und drehte sich einmal um die Längsachse. Im Wasser waren weder Kabel noch Gegenstände zu sehen. Er gab Zavala grünes Licht und sah zu, wie die aufgeblähte gelbe Gestalt durch das blaugrüne Loch sank und in der Schwebe verharrte.
»Das erinnert mich an die Baja Cantina in Tijuana«, sagte Zavala. »Allerdings ist es dort noch ein wenig finsterer.«
»Auf dem Rückweg können wir ja einen Drink nehmen«, erwiderte Austin. »Das Schiff ist siebenundzwanzig Meter breit.
Die Fracht dürfte nach unten gerutscht sein, wie Kapitän McGinty gesagt hat. Alles hier ist um neunzig Grad gekippt, also ist die vertikale Wand direkt hinter dir eigentlich der Boden der Garage. Wir werden dicht an dieser Wand bleiben, um nicht die Orientierung zu verlieren.«
Während sie nach unten sanken, ging Austin im Geiste eine Checkliste durch, um schneller auf eventuelle Hindernisse reagieren zu können. Obwohl er auf diese Weise eigentlich mit eher praktischen Problemen und deren Lösungen beschäftigt war, arbeitete sein Verstand gleichzeitig auch auf einer anderen, irrationalen Ebene, vergleichbar dem Überlebensinstinkt, der bei den unrasierten Hälsen seiner Vorfahren dafür gesorgt hätte,
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