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Das Todeswrack

Das Todeswrack

Titel: Das Todeswrack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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sich stets ganz als Professor gab, lachte Nina leise in sich hinein. Sie war Mitte dreißig, besaß eine erfolgreiche Beratungsfirma und beinahe genauso viele akademische Titel wie Knox, aber ihm gegenüber kam sie sich noch immer wie eine Studentin vor. »Wie könnte ich die je vergessen? Skeptizismus, Skeptizismus und noch mehr Skeptizismus.«
    »Richtig«, sagte er mit deutlichem Vergnügen. »Die drei knurrenden Hunde des Skeptizismus, die Sie in Stücke reißen werden, falls Sie ihnen kein Nachtmahl harter Fakten vorsetzen können. Sie würden überrascht sein, wie oft meine Mahnungen auf taube Ohren stoßen.« Er seufzte theatralisch. Dann wurde sein Tonfallsachlicher. »Tja, ich kann Ihre Befürchtungen verstehen, Dr. Kirov. Normalerweise würde ich Ihnen hinsichtlich einer Verfälschung der Stätte zustimmen, aber diese hier liegt an der Atlantikküste, ein ganzes Stück hinter den Säulen von Melkart und außerhalb des römischen Einflussbereichs.«
    Interessant. Knox benutzte den
phönizischen
Namen für das westliche Ende des Mittelmeers, wo der Felsen von Gibraltar und der Berg Abyle in Ceuta sich direkt gegenüberliegen. Die Griechen und Römer nannten diesen Ort die Säulen des Herkules. Nina wusste aus eigener bitterer Studienerfahrung, dass Knox bei Namen so präzise wie ein Hirnchirurg war. »Na ja, aber ich habe sehr viel zu tun …«
    »Dr. Kirov, ich will gar nicht lange um den heißen Brei herumreden«, warf Knox ein. »Ich brauche Ihre Hilfe. Dringend.
    Ich habe hier bloß einen Haufen Landarchäologen, die so ängstlich sind, dass sie sogar in der Badewanne Galoschen tragen. Wir benötigten
unbedingt
jemanden, der sich ins Wasser traut. Es ist nur eine kleine Expedition, etwa ein Dutzend Leute, und Sie wären die einzige Taucherin.«
    Knox war nicht umsonst als erfahrener Fliegenfischer bekannt.
    Er wedelte ihr mit der phönizischen Anspielung vor der Nase herum, brachte sie mit seinem sympathischen Hilfeersuchen zum Anbeißen und holte dann die Leine ein, indem er durchblicken ließ, dass sie als einzige Taucherin die Lorbeeren für alle Unterwasserfunde ernten würde.
    Nina konnte förmlich vor sich sehen, wie die rosafarbene Nase des Professors vor freudiger Erregung zuckte. Sie schob die Akten auf ihrem Schreibtisch zurecht. »Ich habe hier eine Tonne Papierkram zu erledigen …«
    Knox ließ keine Ausrede gelten. »Ich weiß sehr wohl über Ihren Zypern-Job Bescheid«, sagte er. »Übrigens, Glückwunsch, dass Sie eine Krise zwischen NATO-Partnern abgewendet haben. Ich habe mich bereits um alles gekümmert. Ich kenne zwei überaus kompetente Examenskandidaten, die liebend gern Erfahrungen mit der Bürokratie sammeln würden, wie sie aus der heutigen Archäologie gar nicht mehr wegzudenken ist. Das hier ist bloß eine vorläufige Besichtigung und wird nicht länger als eine Woche oder zehn Tage dauern. Und bis dahin werden meine getreuen junge n Helfershelfer jedes Formular geprüft und jeden Antrag ausgefüllt haben. Sie brauchen sich nicht sofort zu entscheiden. Ich faxe Ihnen ein paar Unterlagen. Werfen Sie einen kurzen Blick darauf, und rufen Sie mich zurück.«
    »Bis wann müssen Sie spätestens Bescheid wissen, Dr. Knox?«
    »Eine Stunde reicht völlig. Tschüs!«
    Nina legte den Hörer auf und lachte laut. Eine
Stunde.
Fast im selben Moment begann das Faxgerät Papier auszuspucken, als handelte es sich um Lava aus einem aktiven Vulkankrater. Knox schickte ihr die Projektbeschreibung, die er mit seinem Antrag auf Fördermittel eingereicht hatte. Er beantragte Geld, um ein gewisses Gebiet nach griechisch-römischen oder auch
anderen
Ruinen abzusuchen. Die Masche war typisch für Knox: eine verlockende Mischung aus Fakten und Eventualitäten, die so abgefasst war, dass sich sein Projekt deutlich von allen anderen abheben würde, die ebenfalls um Mittel ersuchten.
    Mit geübtem Blick überflog Nina die Seiten und nahm dann die Karte genauer in Augenschein. Das Forschungsgebiet lag südlich der sich von Tanger bis nach Essaouira erstreckenden marokkanischen Küstenebene und umfasste den Bereich zwischen der Mündung des Wadi Draa und den nördlichsten Ausläufern der Westsahara. Gedankenverloren kaute Nina auf ihrem Stift herum und musterte einen vergrößerten Ausschnitt der Region. Ihr fiel die Nähe des Gebiets zu den Kanarischen Inseln auf. Die Küstenlinie sah aus, als hätte der Kartograph beim Zeichnen einen Schluckauf gehabt. Nina lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Ihr war

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