Das Todeswrack
hinter sich und setzte ihren ursprünglichen Grundlinienkurs fort, wobei ihr die Landspitze zu ihrer Rechten als Anhaltspunkt diente. Sie schwamm so lange zwischen Insel und Festland hin und her, bis sie ein kurzes Stück unter der Oberfläche einen versunkenen Hafendamm oder Wellenbrecher entdeckte, der aus parallelen Steinwänden bestand, deren Zwischenraum man mit Geröll aufgefüllt hatte. In trockeneren Zeiten hätte er Insel und Festland miteinander verbunden.
Sie erreichte die Insel, legte Flossen und Pressluftflasche ab und ging über mit Dornengestrüpp bewachsene Felsplatten auf die andere Seite. Die Insel war mehr als fünfzehn Meter breit, fast doppelt so lang und weitgehend flach. Die Bäume, die sie vom Ufer aus gesehen hatte, reichten ihr kaum bis zum Kinn.
Nahe der Einfahrt zur Lagune befanden sich mehrere Steinhügel, vermutlich Grundmauern, sowie ein Kreis aus Felsblöcken. Das war der perfekte Platz für einen Leucht- oder Wachturm, denn ein scharfäugiger Posten konnte von hier aus den gesamten Schiffsverkehr kontrollieren. Sobald ein Segel in Sicht kam, konnten Verteidiger vom Festland herbeigerufen werden.
Nina trat in den Kreis, stellte sich auf die Überreste einer Treppe und schaute hinaus zu dem ankernden Schiff, das ihr bereits zuvor aufgefallen war. Erneut fragte sie sich, aus welchem Grund ein Schiff der amerikanischen Regierung sich vor dieser öden und verlassenen Küste einfinden sollte. Wenig später legte sie ihr Tauchgerät wieder an. Die kühle und schwerelose Umgebung im Wasser war erfrischend, und sie kam zu dem Schluss, dass die fischartigen Vorfahren der Menschheit einen großen Fehler begangen hatten, als sie vom Meer aufs trockene Land gekrochen waren.
Nina schwamm quer durch die Laguneneinfahrt. Die andere Halbinsel stieg vom Land aus langsam an, wurde immer breiter und erhob sich letztlich zu einer zerklüfteten Klippe. Die senkrechten roten Felsen fielen wie die Brustwehr einer Festung direkt ins Wasser ab. Nina tauchte bis zum Sockel der Steilwand. Sie suchte nach einem Pfad, fand jedoch keinen und schwamm weiter zur Seeseite des Ausläufers, der in einem felsigen Sockel endete. Eine vollkommene Verteidigungsposition, von der aus einige Bogenschützen die Decks eines jeden Eindringlings mit einem mörderischen Kreuzfeuer belegen konnten.
Aus der Felswand in der Nähe der Plattform ragte eine horizontale Platte wie ein steinzeitliches Sonnensegel hervor.
Unter der Platte befand sich eine rechteckige Öffnung von der Größe und Form eines Durchgangs. Nina schwamm näher heran, spähte angestrengt durch ihre Taucherbrille nach vorn und versuchte, die bedrohliche Schwärze zu ergründen. Dann erinnerte sie sich plötzlich an ihre Lampe und schaltete sie ein.
Der Lichtstrahl fiel auf eine gespenstisch wirbelnde Masse. Sie zuckte zurück.
Dann blubberte ein Lachen aus ihrem Lungenautomaten. Der Schwarm silberhäutiger Fische in diesem Tunnel hatte sich mehr erschrocken als sie selbst.
Während ihr Herzschlag sich wieder beruhigte, musste sie an Dr. Knox’ Warnung denken: Riskieren Sie nicht Ihren Hals für ein winziges Stück Wissen, das letztlich doch nur in einem verstaubten Wälzer endet, den kaum jemand liest. Mit teuflische m Vergnügen schilderte er dann in aller grausigen Ausführlichkeit die Schicksale von Wissenschaftlern, die zu viel gewagt hatten. Furbush wurde von Kannibalen verspeist.
Rozzini fiel der Malaria zum Opfer. O’Neil stürzte in eine bodenlose Felsspalte.
Nina war überzeugt davon, dass Knox sich die Namen einfach nur ausdachte, aber sie verstand, was er sagen wollte. Sie war allein, ohne eine Signalleine, die sich hinter ihr abgespult hätte.
Niemand wusste, wo sie sich befand. Aber genau dieser Moment der Gefahr, das eigentlich abschreckend wirken sollte, war doch zugleich ziemlich verführerisch. Sie überprüfte die Druckanzeige. Durch das Schnorcheln hatte sie ihren Luftvorrat geschont, und daher blieb ihr noch einige Zeit.
Sie kam mit sich selbst überein, dass sie nur ein kurzes Stück vordringen und dann umkehren würde. Der Tunnel konnte nicht allzu lang sein. Man hatte nur primitive Werkzeuge und nicht etwa Diamantbohrer besessen, um sich durch den Fels zu arbeiten. Sie machte ein paar Fotos vom Eingang und schwamm dann weiter voran.
Unglaublich!
Der Boden war fast völlig eben und die Wände glatt, wenngleich von struppigen Wasserpflanzen bedeckt.
Sie stieß weiter vor und vergaß sowohl ihre Übereinkunft als auch Knox’
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