Das Todeswrack
unbekannte Ingenieure an dieser Stelle eine Barriere errichtet.« Zavala zog eine Linie oberhalb des Sees. »Diese Barriere blockiert den Zufluss des Sees, aber das Wasser muss irgendwohin umgelenkt werden, sonst überschwemmt es den Damm.« Er zog eine gerade Linie vom See weg. »Man gräbt diesen Kanal und lenkt so das Wasser in ein anderes Flussbett.« Er schaute auf. Seine dunklen Augen funkelten triumphierend.
»
Jetzt
kann man den See trockenlegen.«
»Und den Tempel bauen. Hier.« Austin zog mit der Stiefelspitze ein
X
in den Boden.
Zavala nahm den Faden auf. »Nachdem man den letzten Stein der Pyramide eingefügt hat, schließt man die Kanalschleuse und öffnet das Tor oberhalb des Sees. Das Becken füllt sich binnen kürzester Zeit und versteckt den Tempel. Ergo …«
»Ergo, ipso facto und voilà! Das einzige Problem liegt darin, dass das Schleusentor des Kanals aus beweglichen Teilen besteht. Da niemand es instand hält, verfällt es mit der Zeit. Die Reste der Maya-Zivilisation werden von den Spaniern vernichtet. Diese Kurve ist ein natürliches Auffangbecken für alles, was den Fluss hinuntertreibt. Im Zufluss zum See sammelt sich immer mehr Treibgut an, das schließlich einen regelrechten Damm bildet. Das Kanaltor verrottet, und der Fluss wird wieder von dem See abgelenkt. Ein paar Bäche fließen trotzdem noch in das Becken, aber schließlich sinkt der Wasserspiegel, so dass die Spitze des Tempels sichtbar wird. Nach einiger Zeit wird sie von Vegetation überwuchert.«
»Falls wir also lange genug warten, wird der Spiegel des Sees so weit sinken, dass wieder der gesamte Tempel zu sehen ist«, sagte Zavala. »Es sei denn, der Druck des Reservoirs zerstört den alten Damm und hebt das Niveau wieder an.«
Austin dachte kurz darüber nach und nickte. »Auf dem Rückweg erzähle ich dir den Rest meiner Theorie.«
»Du musst schon zugeben, das ist eine ziemlich beeindruckende Konstruktionsleistung«, sagte Zavala, als sie durch den Wald gingen.
»Ja, stimmt«, pflichtete Austin ihm bei. »Auf diese Weise konnte man den See immer wieder aufs Neue trockenlegen, falls gewünscht. Das lässt auf die Möglichkeit schließen, dass die Erbauer den Tempel eventuell wieder betreten wollten. Der vermeintliche Eingang auf der Spitze könnte eine bewusste Irreführung darstellen. Wie einer dieser falschen Zugänge, die in die ägyptischen Pyramiden eingebaut wurden, um Grabräuber zum Narren zu halten. Es würde mich nicht überraschen, wenn das der Grund dafür wäre, dass man die Skelette dort platziert hat. Nur wegen des dramatischen Effekts.«
»Kann schon sein«, sagte Zavala.
»Lass uns eine Abwurfladung anfordern, sobald wir wieder beim Flugzeug sind.«
Einige Minuten später gab Zavala über Funk ihre Wunschliste an die
Nereus
durch. Bei einem der Gegenstände, die Austin erbat, hob er verwundert eine Augenbraue, aber er stellte keine Fragen.
Während sie warteten, bereiteten sie sich eine Mahlzeit zu.
Dann legten sie sich in den Schatten, bis das Funkgerät knisternd zum Leben erwachte. »Ist im Anmarsch, Jungs. Noch ungefähr zehn Minuten.«
Genau zum vorhergesagten Zeitpunkt erschien ein türkisfarbener Helikopter über dem See. An der Seite des Rumpfes waren die Buchstaben NUMA angebracht. In der Nähe des Flugzeugs blieb er dicht über dem Wasser schweben und warf eine große Kiste ab, die mit dicker Folie umwickelt war und von luftgefüllten Schwimmern im Gleichgewicht gehalten wurde. Die Besatzung des Hubschraubers wartete ab, bis die Männer unter ihnen die Lieferung an Land gezogen hatten.
Dann winkten sie zum Abschied und traten den Rückflug zu ihrem Ausgangspunkt an.
In der Kiste befanden sich zwei Tauchausrüstungen und mehrere Kartons. Austin verfrachtete die Kartons in das Schlauchboot und paddelte zurück ans obere Ende des Sees, während Zavala das Flugzeug in eine kleine Bucht manövrierte.
Er war so klug, Kurt nicht nach seinem Plan zu fragen. Austin würde ihm schon rechtzeitig genug alles anvertrauen.
Zavala bedeckte die Beaver mit einem Fischernetz und war gerade damit beschäftigt, einige Äste in den Maschen zu verhaken, als Austin mit dem Boot zurückkehrte und ihm bei der Arbeit half. Die Kartons waren verschwunden. Nachdem das Flugzeug ausreichend getarnt war, luden sie ihre Tauchausrüstung in das Boot und setzten zur Insel über, wo sie alle Spuren ihres ersten Besuchs verwischten. Dann ließen sie die Luft aus dem Boot und beschwerten es im flachen Wasser mit
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