Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
beim Frühstück saß und unter Marys mißbilligenden Blicken in einer Riesenportion Ham and eggs herumstocherte. Der Appetit war mir gründlich vergangen, was ich Mary aber schlecht erklären konnte, und außerdem ging mir Merlins Verlust doch sehr nahe; ich merkte eigentlich erst jetzt so richtig, wie sehr ich an diesem übergewichtigen, eigenbrötlerischen, hinterlistigen, verfressenen, undankbaren Kater hing.
    Dazu kam, daß sein Verschwinden früher oder später auffallen würde. Ich hoffte nur, daß Mary nicht gesehen hatte, wie er hinter mir ins Arbeitszimmer gehuscht war.
    Ich war regelrecht dankbar, als Harlan mir das Telegramm brachte und mir somit einen Vorwand lieferte, das Frühstück zu beenden. Ungeduldig riß ich es auf und runzelte überrascht die Stirn, als ich sah, was da auf dem RecyclingPapier der Post geschrieben stand.
    Geehrter Mijnheer Craven, las ich. Mijnheer? Ich stutzte und las dann aufgeregt weiter:

    Geehrter Mijnheer Craven!

    Bitte verzeihen Sie, daß ich mich bisher auf Ihre diversen Versuche einer Kontaktaufnahme nicht gemeldet habe, aber zum einen das werden Sie verstehen bringt meine Aufgabe als Lehrer der Unwissenden und Behüter der Geheimnisse es mit sich, daß meine Zeit sehr beschränkt ist, und zum anderen  und auch dafür hoffe ich auf Ihr geschätztes Verständnis  mußte ich mir Gewißheit über Sie und Ihre Person verschaffen.

    Nicht selten sind es Scharlatane oder zwielichtige Subjekte, die sich mit vorgespiegelter Wißbegierde Zugang zu meinem geheimen Wissen zu verschaffen trachten, um es für ihre kriminellen Zwecke zu nutzen. Nun aber, da ich weiß, daß Sie wie ich einer der wenigen Eingeweihten sind, lade ich Sie herzlichst ein, mich in meinem Haus in Amsterdam zu besuchen; ich bin sicher, daß es zu einem fruchtbaren Austausch von Wissen und Einsichten zwischen uns kommen wird.
    Darf ich am 14. des Monats mit Ihrem Besuch rechnen? Mit getrennter Post übersende ich Ihnen eine Schiffspassage HarwichRotterdam sowie eine Fahrkarte der niederländischen Eisenbahn, was mir als die bequemste Art der Anreise erscheint. Ein Zimmer auf Ihren Namen ist für den Abend des 13. im Hotel Carola reserviert, und ich werde mir erlauben, mich dort mit Ihnen in Verbindung zu setzen. In Erwartung Ihrer geschätzten Antwort und mit vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich Ihr Henk DeVries.

    Verblüfft ließ ich das Telegramm sinken, las es nach einem Augenblick ein zweites Mal und legte es schließlich ganz aus der Hand. DeVries? Nachdem ich wochenlang vergebens versucht hatte, Kontakt mit ihm aufzunehmen, überraschte mich diese geschraubte Einladung nun doch. Und irgend etwas daran störte mich, ich wußte bloß noch nicht genau, was.
    Trotzdem wies ich Harlan an, DeVries auf demselben Wege zu antworten, allerdings mit sehr viel weniger Worten mit zweien, um genau zu sein: Ich komme.
    Danach zog ich mich in die Bibliothek zurück. Die Nähe der Uhr erfüllte mich jetzt kaum weniger mit Unbehagen als vor einer Stunde, aber noch unbehaglicher wäre mir zumute gewesen, wenn ich nicht ein Auge auf sie gehabt hätte, denn eines hatte mir der schreckliche Zwischenfall sehr klar gemacht: Ich konnte nicht weiter so tun, als wäre das Erbe meines Vaters nichts als ein harmloser Scherz, gerade gut, um ein paar Taschenspielertricks aufzuführen, mit denen ich Mary und einige Freunde verblüffen konnte, wollte ich nicht eines Tages eine weitere, tödliche Überraschung erleben. Ich war keineswegs überzeugt, daß sich die Gefahr endgültig bannen ließ, wenn ich nur ein bißchen an den Zeigern der Uhr herumfummelte. Jemand oder etwas hatte es gestern nacht geschafft, das Tor gegen meinen Willen und von außen her zu aktivieren, und ich traute es ihm durchaus zu, dieses Kunststück noch ein zweites Mal zu vollbringen.
    Ich schloß das Zimmer von innen ab und öffnete den Wandsafe. Er enthielt weder Bargeld noch sonstige Wertgegenstände, sondern drei schwere, in Leder gebundene Bücher, die allerdings nicht halb so harmlos waren, wie sie auf den ersten Blick aussahen; genauer gesagt, konnten sie in den falschen Händen gefährlicher werden als alle Atombomben der Welt zusammen. Das größte der drei Bücher das Necronomicon hatte ich bereits in diesem Safe vorgefunden. Die beiden anderen, die wie durch ein Wunder den Zimmerbrand vor zwei Jahren heil überstanden hatten, hatte ich nachträglich aus dem Regal entfernt und sicher im Tresor verstaut, denn auch sie enthielten gefährliche

Weitere Kostenlose Bücher