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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nisteten. Die Luft roch sehr unangenehm, und der Boden war mit einer dünnen, klebrigen Schicht aus schwarzem Schlamm bedeckt. Der Anblick erinnerte mich an ein altes Kanalisationssystem. Nun, das würde erklären, woher die Ratten gekommen waren. »Merlin?« rief ich. »Bist du hier?« Irgendwo aus der Dunkelheit vor mir erscholl ein Laut, der ein Miauen sein konnte, vielleicht aber auch nicht, doch als ich noch einmal nach Merlin rief, blieb es still.
    Allmählich gewöhnten sich meine Augen an das schwache Licht, und ich begann mehr Einzelheiten zu erkennen: Es war tatsächlich ein alter Abwasserkanal, in dem ich mich befand
    in den Wänden endeten in unregelmäßigen Abständen runde, schräge Tonröhren, aus denen ein dünnes Rinnsal in der Mitte des Tunnels gespeist wurde.
    Irgendwo vor mir bewegte sich etwas. Ich machte einen Schritt und sah mich jäh einer fetten, haarigen Ratte gegenüber, die bei meinem Anblick ebenso erstarrt war wie ich selbst. Angeekelt hob ich meinen Stock und versuchte nach ihr zu schlagen, aber das Tier war schneller. Mit einem Satz verschwand es wieder in der Dunkelheit.
    Dann entdeckte ich das Leuchten. Es war ganz schwach, nur ein grünliches Glimmen, sehr weit von mir entfernt, aber es wurde zusehends deutlicher. Mein Herz begann zu pochen. Ich kannte diesen unheimlichen Farbton es war das gleiche Licht, das das Tor hinter mir ausfüllte, der unheimliche Schein, der stets in Zusammenhang mit der Magie der Großen Alten auftrat.
    Vorsichtig setzte ich mich in Bewegung, meinen improvisierten Knüppel zum Schlag bereit erhoben. Das grünliche Lohen wurde stärker.
    Ich war etwa hundert Schritte weit gelaufen, ehe ich die Quelle des unheimlichen Lichtes erreichte. Es war ein Schacht; ein rechteckiges, mit Beton ausgekleidetes Loch, über dem irgendwann einmal ein metallenes Schutzgitter gewesen sein mochte. Das Licht drang aus ihm heraus, als wäre tief unten ein Scheinwerfer angebracht, der direkt nach oben gerichtet war.
    Und auf dem Grund des Schachtes bewegte sich etwas.
    Ich beugte mich mit klopfendem Herzen vor und starrte in die Tiefe, vermochte aber nicht genau zu erkennen, was es war.
    Der grüne Lichtschein unter mir flackerte und bebte, als wäre er zu einer glänzenden Masse geronnen, und ich glaubte ein ganz leises, unangenehmes Rauschen zu vernehmen. Wäre ich in der magischen Kunst schon geübter gewesen, dann hätte ich vielleicht gewußt, was es war, aber ich stand ja noch ganz am Anfang meines Lernens, was das Erbe meines Vaters anging, und so war ich auf meine normalen, menschlichen Sinne angewiesen.
    Dann hörte ich das Geräusch. Im ersten Moment klang es wie ein tiefes, qualvolles Stöhnen, aber es steigerte sich rasch zu einem widerwärtigen Schmatzen und Saugen, gefolgt von einem sonderbar feuchten Schleifen, einem Gleiten und Tasten, als … kröche etwas zu mir herauf!
    Ein entsetztes Keuchen kam über meine Lippen, als ich sah, was es war. Eine gigantische wabernde Masse aus schwarzgrünem Fleisch, ein Nest peitschender Schlangen und Tentakel wogte und zitterte unter mir wie schwarze Lava, die aus dem Schlund eines Vulkans emporkochte.
    Und noch während ich hinsah, lösten sich zwei, drei dünne Peitschenarme aus der Masse und griffen blitzartig nach mir!
    Entsetzt warf ich mich zurück aber ich war nicht schnell genug. Ein dünner, von Narben und Pocken übersäter Arm berührte mein rechtes Bein. Ich spürte einen harten Ruck, gefolgt von einem plötzlichen Brennen, als wäre meine Haut mit ätzender Säure in Berührung gekommen. Blind vor Angst und Schmerz hieb ich mit dem Besenstiel nach dem Tentakel
    und das Wunder geschah: Der Schlangenarm zog sich zurück und gab mein Bein frei. Für eine Sekunde glaubte ich ein wütendes, enttäuschtes Zischeln zu hören, dann verstärkte sich das Brodeln der schwarzen Masse. Ein ganzer Wald peitschender Tentakel und zitternder schwarzer Nervenfäden schoß zu mir empor. Ich duckte mich, verlor dabei auf dem glitschigen Boden das Gleichgewicht und stieß blindlings mit dem Besenstiel zu. Es war ein Gefühl, als hätte ich in weiches, widerlich warmes Gelee geschlagen. Brennender Schmerz zuckte durch meinen Arm, als einer der sich aufbäumenden Tentakel meine Hand berührte, und mein Hemdsärmel begann zu schwelen.
    Aber der Hieb hatte das Untier zurückgeschleudert. Für einen Moment hatte ich Luft und ich nutzte die Chance. Mit einem Satz war ich auf den Füßen, wirbelte herum und rannte los, so schnell ich

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