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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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entschieden.
    Jeremy blieb ernst. »Ich glaube, du begreifst nicht ganz, was hier wirklich gespielt wird«, sagte er mit einer Kopfbewegung auf die Uhr hin. Natürlich war ihm aufgefallen, daß sie jetzt wieder vollends geschlossen war. Aber er hatte kein Wort darüber verloren. »Ich tue für dich, was ich kann, aber ich fürchte, die Sache wird Kreise ziehen.«
    »Wieso?«
    Jeremy seufzte. »Ich kann es möglicherweise vertuschen«, sagte er. »Aber nur möglicherweise. Ich habe die Gesundheitsbehörde am Hals, Robert. Und mit denen ist nicht zu spaßen.«
    »Die Gesundheitsbehörde?« wiederholte ich verblüfft. »Was zum Teufel haben die damit zu tun?«
    »Eine Menge«. Jeremy nippte nervös an seinem längst kalt gewordenen Kaffee. »Die Ratten, Robert«, fuhr er fort. »Sie waren mit Tollwut infiziert.«
    »Na und? Niemand wurde gebissen oder sonstwie verletzt, und Merlin ist geimpft. Ich kann dir den Impfpaß zeigen.«
    »Tu das«, sagte Jeremy. »Und am besten auch die Katze. Ich werde sie mitnehmen.«
    Ich fuhr erschrocken zusammen, und Jeremy bemerkte es natürlich. Aber er deutete meine Sorge falsch. »Keine Angst«, sagte er hastig. »Ihm passiert nichts. Er kommt nur ein paar Wochen in Quarantäne, bis wir ganz sicher sind. Wo ist er?«
    Ich hätte ihm Merlin ja gerne mitgegeben, wenn ich bloß die leiseste Ahnung gehabt hätte, wo er steckte. Er konnte sich unter dem nächsten Häuserblock herumtreiben, genausogut aber auch in Timbukru. Die Reichweite eines Tores der Großen Alten ist unbegrenzt. Theoretisch konnte Merlin auch in einem anderen Sonnensystem sein.
    »Er ist im Moment draußen und steigt der Nachbarskatze nach«, sagte ich ausweichend. »Aber ich bringe ihn dir, sobald er zurückkommt.«
    »Tu das«, sagte Jeremy. »Und tu es wirklich, Robert. Der Leiter der Gesundheitsbehörde steht kopf. Wußtest du, daß Großbritannien das einzige Land auf der Welt ist, in dem es keine Tollwut gibt?«
    Das hatte ich nicht gewußt, und ich sagte es ihm.
    Jeremy nickte. »Wir haben sehr strenge Einfuhrbestimmungen, was lebende Tiere angeht. Bisher wurde die Krankheit nicht eingeschleppt. Du kannst dir also vorstellen, daß unsere Laborleute die Ratten nicht einfach weggeworfen haben. Es wird eine Untersuchung geben.«
    »Vielen Dank«, murrte ich verärgert. »Das hast du prima hingekriegt. Ich freue mich schon darauf, das Gesundheitsamt im Hause zu haben, und womöglich gleich auch die Presse. Ich sehe die Schlagzeile schon direkt vor mir: AndaraHouse, der Seuchenherd Großbritanniens!«
    Jeremy sah plötzlich ein bißchen schuldbewußt aus, aber ich tat nichts, um etwas daran zu ändern. Im Gegenteil ich gönnte ihm die Gewissensbisse.
    »Die Sache mit der Tollwut bedeutet aber noch etwas anderes«, fuhr er nach einer Weile fort, verlegen und sichtlich darum bemüht, das Thema zu wechseln.
    »So?« knurrte ich.
    »Es bedeutet, daß die Ratten nicht aus England gekommen sein können«, sagte er. »Wer immer sie geschickt hat, sitzt nicht auf den britischen Inseln.«
    Diesmal war ich ehrlich verblüfft. Von dieser Seite aus hatte ich die Sache noch gar nicht betrachtet. Aber natürlich hatte Jeremy recht.
    »Das kompliziert die Sache«, murmelte ich. Ich versuchte zu lachen, aber es klang ein kleines bißchen nervös. »Ich wüßte nicht einmal in England jemanden, der mich so haßt, daß er mich umbringen würde.«
    »Aber irgend jemand tut es«, sagte Jeremy überzeugt. »Und wir finden heraus, wer es ist, keine Sorge. Die Hauptsache ist, daß du dich von dieser verdammten Uhr fernhältst.« Er schwieg einen Moment und fügte dann hinzu: »Vielleicht solltest du für ein paar Tage zu mir ziehen. Ich habe ein bequemes Gästezimmer.«
    »Das wird nicht nötig sein«, antwortete ich. »Ich habe sowieso vor zu verreisen.« Ich reichte ihm das Telegramm, das DeVries mir geschickt hatte. Jeremy las es flüchtig, sah auf das Kalenderfenster seiner Armbanduhr und gab mir das Telegramm dann zurück.
    »Am dreizehnten. Das ist übermorgen. Dieser Mijnheer DeVries scheint es plötzlich sehr eilig zu haben. Seltsam, nachdem er dich monatelang hat zappeln lassen.«
    »Seine Erklärung klingt einleuchtend«, antwortete ich. »Ich werde jedenfalls hinfahren. Jetzt erst recht. Nach dem, was letzte Nacht passiert ist, kann ich jedes bißchen Hilfe gebrauchen, das ich kriegen kann.«
    Jeremy zog eine Grimasse. »Dieser Mijnheer DeVries wird dir allerhöchstens dabei helfen, deinen Kontostand zu senken«, prophezeite

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