Das Tor ins Nichts
ihn ein wenig zu gründlich zum Schweigen gebracht. Verärgert knallte ich den Hörer ein zweites Mal wuchtig auf die Gabel und begann unruhig im Zimmer auf und ab zu laufen. Merlin beobachtete mich eine Zeitlang verstört, machte dann eine Bewegung, die wohl das kätzische Gegenstück zu einem Achselzucken war
und sprang mit einem Satz auf Pris Schoß. Pri ächzte unter seinem Gewicht, lächelte aber dann und begann Merlin hinter den Ohren zu kraulen. Der Kater schloß genießerisch die Augen und schnurrte so laut wie ein altersschwacher Ventilator.
»Ich verstehe das alles nicht«, sagte Pri nach einer Weile.
»Das alles hängt mit dieser Katze zusammen, nicht?«
Ich antwortete nicht gleich, aber das war auch nicht nötig
schließlich war Pri weder blind noch dumm.
»Warum erklären Sie es mir nicht einfach?« fragte sie, als ich auch nach einer Weile keine Anstalten machte, irgend etwas von mir zu geben. »Vielleicht finden wir gemeinsam eine Lösung. Was hat es mit dieser Katze auf sich?«
»Kater«, korrigierte ich sie, während sich das verräterische Katzenvieh auf ihrem Schoß zusammenrollte und noch lauter zu schnurren begann. »Er ist ein Kater.« Ich sah sie scharf an.
»Und ja, Sie haben recht es hat mit ihm zu tun. Aber auf eine Weise, die Sie nie verstehen würden.«
»Vielen Dank für das Kompliment«, sagte Pri beleidigt. Und für einen Moment war ich wirklich in Versuchung, ihr die ganze Geschichte zu erzählen. Aber dann entschied ich mich doch dagegen. Zum einen war sie DeVries’ Tochter, die ihrem Vater gegenüber bestimmt loyaler sein würde als einem wildfremden Mann, der sie entführt hatte, und zum anderen verstand ich es ja selbst noch nicht ganz. Sicher Merlins plötzliches Auftauchen hatte meinen vagen Verdacht fast zur Gewißheit gemacht; aber eben nur fast. Mir fehlte noch ein endgültiger Beweis.
Ein lautstarkes Klopfen an der Tür enthob mich der Verlegenheit, antworten zu müssen. Ärgerlich fuhr ich herum, riß die Tür auf und sah mich einem aufgelösten Hotelportier und einem reichlich verstört dreinblickenden Frans Dreistmeer gegenüber.
»Mijnheer Craven?« sagte Dreistmeer.
Ich nickte verblüfft und wollte Dreistmeer gerade fragen, seit wann wir wieder per Sie waren, aber er gab mir keine Gelegenheit dazu, sondern zückte blitzartig seinen Dienstausweis und klappte ihn mit einer routinierten Bewegung vor meinem Gesicht auf. »Ich bin Inspektor Dreistmeer«, sagte er. »Kriminalpolizei. Uns wurde gemeldet, daß es hier gewisse … ähm …
Unregelmäßigkeiten gab.«
Endlich verstand ich. Dreistmeer wollte verhindern, daß der Portier mitbekam, daß wir uns kannten. Warum, war mir zwar nach wie vor schleierhaft, aber ich beschloß, das Spiel mitzuspielen.
»Unregelmäßigkeiten?« wiederholte ich. »Ich verstehe nicht …«
»Es soll da eine junge Dame geben, die nicht ganz freiwillig mit Ihnen gekommen ist«, antwortete Dreistmeer. »Entspricht das der Wahrheit?« Er stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte über meine Schultern hinweg einen Blick in das Zimmer zu werfen. Als ich keinerlei Anstalten machte, zur Seite zu treten, runzelte er die Stirn und wandte sich wieder an den Portier. »Ich kümmere mich um die Angelegenheit«, sagte er. »Vielen Dank, daß Sie uns gerufen haben.«
Der Portier schien eine andere Reaktion erwartet zu haben, aber nachdem Dreistmeer ihn eine Weile wortlos angesehen hatte, zuckte er mit den Achseln und trollte sich, während Dreistmeer mich kurzerhand ins Zimmer schubste und die Tür hinter sich zuschob.
»Was zum Teufel soll das, Robert?« fragte er ärgerlich. »Ich habe versucht, dich zu erreichen, und …« Er verstummte mitten im Wort, als er bemerkte, daß wir nicht allein waren.
Verwirrt blickte er Pri an.
»Darf ich vorstellen?« fragte ich. »Priscilla DeVries die junge Dame, um deren Wohl der Hotelportier so bemüht war.«
»Priscilla DeVries?« fragte Dreistmeer zweifelnd.
»Henk DeVries’ Tochter, ganz recht«, antwortete ich. »Und ehe sie es dir selbst sagt sie ist tatsächlich nicht ganz freiwillig hier. Um genau zu sein, ich habe sie gekidnappt.«
»Was?« machte Dreistmeer verdutzt.
»Entführt«, antwortete ich wütend. »Als Geisel genommen.
Nenn es, wie du willst.«
Dreistmeer wußte nun offensichtlich gar nicht mehr, was er von der Situation halten sollte, zumal in diesem Moment auch noch Merlin von Pris Schoß heruntersprang und seine Hosenbeine zu beschnüffeln begann. Das hört sich
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