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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zugab. Ich konnte schlecht erwarten, daß man mich einfach in den Panzerschrank einer Bank hineinmarschieren ließ, nur weil ich vorgab, irgendeine Ahnung zu haben. Ich überlegte einen Moment, ehe ich antwortete. »Stell mich einfach als einen Kollegen aus England vor«, sagte ich. »Sag Ihnen, wir hätten dort drüben ein ganz ähnliches Problem, und ich suchte nach bestimmten Spuren, die die Täter hinterlassen haben könnten.«
    Frans schien nicht begeistert, aber er stimmte zu, und keine zehn Minuten später saßen wir in seinem Dienstwagen und bewegten uns durch den abendlichen Hauptverkehr auf das Stadtzentrum zu. Während der Fahrt ertappte ich mich immer wieder dabei, den Verkehr hinter uns ein wenig aufmerksamer zu beobachten, als nötig gewesen wäre. Natürlich entging Dreistmeer meine Nervosität nicht. Und fast ebenso natürlich zog er die richtigen Schlüsse daraus.
    »Du hast Angst, DeVries läßt dich beschatten«, vermutete er.
    Ich zögerte einen Moment, nickte aber dann. »Der Mann ist unheimlich gut informiert«, sagte ich. »Er hat in meinem Hotelzimmer angerufen, keine zehn Sekunden nachdem ich es betreten habe.«
    »Erstaunlich«, sagte Dreistmeer in einer Art, die deutlich machte, wie wenig ihn dies in Wahrheit beeindruckte. »Aber dafür gibt es eine Anzahl einleuchtender Erklärungen.«
    »Eine würde mir reichen.«
    Dreistmeer lachte leise. »Was hältst du zum Beispiel von der, daß er ununterbrochen angerufen hat, bis du ins Zimmer gekommen bist?« fragte er. »Oder der, daß sein Wagen mit einem Sender ausgestattet war?«
    Verblüfft blickte ich ihn an. Auf das Naheliegendste war ich noch gar nicht gekommen und wahrscheinlich ließen sich noch dreißig andere Erklärungen finden, wenn man sich nur die Mühe machte, in Ruhe nachzudenken. Ich schalt mich innerlich einen Narren und nahm mir vor, in Zukunft zuerst einmal gründlich nach natürlichen Erklärungen zu suchen, ehe ich Zauberei und Magie ins Spiel brachte.
    Was nichts daran änderte, daß ich mich beobachtet fühlte.
    DeVries’ Worte waren keine leere Drohung gewesen.
    »Glaubst du, daß er dir auch diesen Roboter auf den Hals gehetzt hat?« fragte Dreistmeer plötzlich.
    Ich nickte zögernd. Nach dem, was heute passiert war, hatte ich Eisenzahn schon fast vergessen, aber Frans’ Worte machten mir sehr drastisch klar, daß Mijnheer DeVries nicht nur auf seine sogenannten Templer und ein wenig schwarze Magie angewiesen war. Es gab gar keinen Zweifel daran, daß der Maschinenmensch mich in seinem Auftrag angegriffen hatte
    auch wenn ich darin bisher keinerlei Sinn erkennen konnte.
    »Hast du die Gegend absuchen lassen, in der ich das Glasauge gefunden habe?« fragte ich. Dreistmeer nickte und schüttelte gleich darauf den Kopf.
    »Ja«, sagte er. »Aber sie haben nichts gefunden außer einer Menge Schrott. Wahrscheinlich ist das Ding beim Aufschlag auseinandergebrochen.«
    »Ja«, antwortete ich zögernd. »Wahrscheinlich.« Jedenfalls hoffte ich es. Die Alternative wäre nämlich, daß ich Eisenzahn über kurz oder lang abermals gegenüberstehen würde. Und ich konnte nicht damit rechnen, immer eine Eisenbahnbrücke zur Hand zu haben, mit der ich ihn k. o. schlagen konnte …
    Vor uns tauchte die Bank auf, und Dreistmeer lenkte den Wagen an den rechten Straßenrand, so daß wir das unangenehme Thema wechseln konnten. Wir fanden auf Anhieb einen Parkplatz, was für Amsterdamer Verhältnisse ein kleines Wunder darstellte. Die Bank hatte schon seit einer Stunde geschlossen, aber nachdem Dreistmeer zweimal an der großen Eingangstür aus Milchglas geklopft hatte, näherte sich von drinnen ein Schatten; einen Augenblick später hörte ich ein Schloß ausrasten, und ein vielleicht fünfzigjähriger Herr mit graumeliertem Haar und in einem dunklen Maßanzug machte uns auf. Er schien nicht sehr erbaut über die Störung zu sein, dem Blick nach zu urteilen, mit dem er erst Frans, dann mich maß.
    Trotzdem behandelte er uns mit ausgesuchter Höflichkeit, wie ich allein an seinem Tonfall erkannte. Nachdem Frans mich verabredungsgemäß als einen Kollegen von den Inseln vorgestellt hatte, wechselte er augenblicklich zur englischen Sprache über, die er ausgezeichnet beherrschte, und gab sich als Direktor der Bank zu erkennen. Sein Name war Daniel Sanders.
    Während wir durch die menschenleere Schalterhalle gingen, gesellte sich ein zweiter Mann zu uns, den der Direktor als seinen Hauptkassierer vorstellte. Wir durchquerten die Halle und

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