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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wahrheit wegzuleugnen.
    »Eine Kreatur der Großen Alten«, sagte ich schweren Herzens, »der Wesen, die das System der Tore erschaffen haben.«
    »Sagtest du nicht gerade, sie wären ausgestorben, noch ehe der Mensch entstand?« fragte Frans.
    Ich nickte. »Ich fürchte, DeVries hat einen schrecklichen Fehler begangen«, antwortete ich. »Ich glaube, er hat nicht einfach nur ein Tor erschaffen, sondern den Großen Alten auch den Weg in die Gegenwart geöffnet.«

    Frans bestand darauf, mich bis vor die Tür meines Hotelzimmers zu begleiten. Und ich muß gestehen, daß ich nicht sehr heftig gegen seine Fürsorge protestierte. Mir war bei dem Gedanken, allein in einem Hotelzimmer zu übernachten, das DeVries kannte, nicht besonders wohl, aber ich war dann doch zu stolz, Frans darum zu bitten, mir ein anderes Quartier zu verschaffen, oder auch bei ihm zu übernachten, was ich zweifellos gekonnt hätte. Und im Grunde wußte ich ganz genau, daß Weglaufen keinen Sinn haben würde. Ich konnte die Konfrontation mit DeVries vielleicht noch ein wenig hinauszögern, aber das war wohl alles. Vermeiden ließ sie sich nicht, dessen war ich mir bewußt.
    Und ich hatte ja auch gar keine andere Wahl. Wenn mein Verdacht zutraf, dann mußte ich mich DeVries stellen schon, um ihn daran zu hindern, das Tor weiter zu benutzen und damit ein Unheil heraufzubeschwören, von dem er wahrscheinlich keine Vorstellung hatte. Trotz allem bezweifelte ich, daß DeVries wirklich wußte, was er tat. Der Mann war vielleicht ein skrupelloser Verbrecher, aber kaum ein Selbstmörder. Sein Traum von der Weltherrschaft wäre recht schnell ausgeträumt, wenn es nichts mehr gab, worüber er herrschen konnte.

    Ich verabschiedete mich von Frans mit dem Versprechen, ihn gleich am nächsten Morgen im Polizeihauptquartier aufzusuchen, wo wir die nächsten Schritte gegen DeVries besprechen wollten, betrat mein Hotelzimmer und schaltete das Licht ein.
    Ich war nicht allein.
    Ich spürte die Anwesenheit eines anderen Menschen, einen Sekundenbruchteil, bevor die Neonleuchten unter der Decke flackernd zum Leben erwachten und das Zimmer in fast schattenlose Helligkeit tauchten, und ganz instinktiv hob ich die Arme abwehrbereit vor die Brust, die Hände wie ein Boxer zu Fäusten geballt und die Beine leicht gespreizt, um festen Stand zu haben.
    Die nächsten fünf Sekunden verwandte ich darauf, mir ziemlich idiotisch vorzukommen.
    Ich brachte kein Wort hervor, und schließlich war es Pri, die das allmählich peinlich werdende Schweigen brach, indem sie leise und sehr spöttisch lachte und dabei die rechte Hand hob, mit der sie bisher Merlin gekrault hatte, der sich auf ihrem Schoß zu einem weißen Pelzball zusammengerollt hatte.
    »Betreten Sie Ihr Hotelzimmer immer so, Robert?« fragte sie.
    Ich blickte einen Moment lang verwirrt auf meine immer noch geballten Fäuste hinunter, rettete mich dann in ein verlegenes Lächeln und ließ endlich die Arme sinken. »Eigentlich nicht«, antwortete ich verstört. »Wie kommen Sie hierher?«
    »Mit dem Wagen, wie denn sonst?« erklärte Pri schnippisch.
    Und fügte hinzu: »Besser gesagt, mit dem, was Sie davon übriggelassen haben.« Behutsam hob sie Merlin von ihrem Schoß hinunter, stand auf und kam einen Schritt auf mich zu, blieb aber gleich darauf wieder stehen. Ihre hübschen Brauen zogen sich fragend zusammen, als sie meinen desolaten Zustand bemerkte.
    »Was ist passiert?« fragte sie. »Haben Sie vergessen, sich auszuziehen, oder baden Sie immer in Ihren Kleidern?«
    »Von Zeit zu Zeit«, erwiderte ich grob. »Das spart die Reinigung, wissen Sie? Was suchen Sie hier?«
    Pri preßte beleidigt die Lippen zusammen, und ich wurde mir der Tatsache bewußt, daß ich einen wesentlich rüderen Ton angeschlagen hatte, als ich eigentlich wollte.
    »Ich … bin eigentlich gekommen, um mich bei Ihnen zu entschuldigen, Robert«, sagte Pri. »Aber ich kann natürlich wieder gehen, wenn ich Sie störe.« Mit einer so gekränkten Geste, wie sie nur die weibliche Hälfte der menschlichen Spezies zustande bringt, klaubte sie ihre Handtasche vom Tisch auf und wollte an mir vorbei zur Tür eilen, aber ich hielt sie rasch am Arm zurück. Und wieder genau wie heute nachmittag, als ich sie unten in der Halle berührt hatte durchfuhr mich ein rascher, sonderbarer Schauer; ein Gefühl, wie ich es nie zuvor im Leben gespürt hatte und das mich fast erschreckte, gleichzeitig aber auch auf eine schwer in Worte zu fassende Art angenehm war. Und

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