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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Körper verschwanden!
    Das fürchterliche Rascheln und Schleifen hinter mir kam immer näher. Ich sah zurück, erkannte, daß das Ungeheuer fast heran war und riß in schierer Verzweiflung an dem Blatt in Frans’ Händen, um es zu zerfetzen. Er machte keinen Versuch, mich daran zu hindern, sondern las wie in Trance weiter, aber das Blatt zerriß auch nicht. Ebensogut hätte ich versuchen können, die massive Panzertür draußen zu zerreißen!
    »Craven!« brüllte Sanders. »Tun Sie etwas! Gleich ist es da!«
    Ich tat etwas, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken.
    Mit einer verzweifelten Bewegung griff ich in Dreistmeers rechte Rocktasche, in der er seine Zigaretten aufzubewahren pflegte, fand das kleine WegwerfFeuerzeug und riß es hervor.
    Meine Finger zitterten so heftig, daß ich zweimal vergeblich versuchte, die einfache Mechanik zu bedienen, aber dann glomm eine kleine, gelbblaue Gasflamme auf.
    Ich hielt sie an das Papier in Frans’ Händen und das Wunder geschah!
    Das Blatt fing Feuer. Sein Rand färbte sich schwarz, wellte sich und plötzlich schoß eine grelle, knisternde Flamme empor und leckte gierig nach Frans’ Fingern. Im gleichen Moment erlosch das Gewebe zuckender Lichtfäden, das ihn seines freien Willens beraubt hatte. Frans schrie auf, und taumelte zurück, während das Blatt sachte zu Boden schwebte und dabei vollends in Flammen aufging.
    Da erscholl hinter mir ein urgewaltiges, zorniges Brüllen, und ich spürte einen Schwall intensiver Hitze, der meinen Rücken wie eine glühende Pranke streifte. Ich hob schützend die Arme vor das Gesicht und drehte mich herum.
    Das Ungeheuer brannte.
    Sein schrecklicher Körper wurde ebenso ein Raub der Flammen wie das Blatt, das zu meinen Füßen verkohlte, und auch das Tor hinter ihm spie jetzt Feuer und Hitze. Sanders schrie etwas, das ich nicht verstand, und auch Dreistmeer begann zu kreischen, aber ihrer beider Stimmen gingen im Brüllen des sterbenden Ungeheuers unter. Es wehrte sich mit all seiner finsteren magischen Macht. Sein Körper zuckte und wand sich, seine schrecklichen Schlangenarme peitschten die Luft wie brennende Schlangen, und die Flammen schlugen hoch bis zur Decke.
    Plötzlich heulte über uns ein schriller Sirenenton los
    und dann schienen sich die Schleusen des Himmels zu öffnen. Ein ungeheurer Wasserschwall regnete auf uns herab, eiskaltes, mit hohem Druck herausgeschossenes Wasser, das Sanders und Frans und mich taumeln ließ und das Toben des Ungeheuers zur Raserei machte. Der Wasserschwall war so dicht, daß ich für einen Moment kaum etwas zu sehen vermochte. Trotzdem erkannte ich, daß die Flammen, die den Körper des Monsters verzehrten, eine nach der anderen erloschen. Mein Herz machte einen schmerzhaften, erschrockenen Sprung.
    Aber die Bestie starb trotzdem.
    Das Wasser erstickte die Flammen so schnell, wie sie aufgelodert waren, aber es vernichtete auch das Ungeheuer! Sein Leib zerfloß, als bestünde er nur aus trockenem Schlamm, der seinen Halt verlor, kaum daß er von der Feuchtigkeit benetzt wurde. Die dünnen, zuckenden Peitschenarme der Bestie lösten sich auf, sein Körper sank in sich zusammen, wurde unförmig und zerlief zu einem schwarzen Morast, den das unablässig niederprasselnde Wasser davonspülte.
    Als der tosende Sturzregen versiegte, war von der Bestie nicht mehr als ein schmieriger Fleck auf dem ehemals glänzenden Stahlboden zurückgeblieben.

    »Es war nicht deine Schuld, Frans. Du warst ein willenloses Werkzeug, sobald du das Papier aufgehoben hattest«, versuchte ich Dreistmeer zu trösten. »Mach dir lieber nicht zu viele Gedanken darüber.«
    Frans sah mich nicht an, sondern blickte weiter scheinbar konzentriert in die Schale mit Eiswasser, die ihm der Ober gebracht hatte, um seine verbrannten Fingerspitzen zu kühlen.
    Wir saßen in einem kleinen Restaurant, nicht einmal einen Block von der Bank entfernt, und es war eine Stunde vergangen, seit Sanders, Frans und ich tropfnaß aus der Stahlkammer gekommen waren. Frans war so schockiert gewesen über das, was ihm geschehen war, daß er wie versteinert war, und auch der Bankdirektor hatte kein Wort mehr geredet, nicht einmal, als ich ihm das feierliche Versprechen abnahm, zu niemandem auf der Welt auch nur ein Sterbenswörtchen von dem verlauten zu lassen, was er gesehen hatte. Aber er hatte genickt, und ich hatte gespürt, daß er das Versprechen einhalten würde und er hatte ja wohl auch gar keine andere Wahl. Kein Mensch würde ihm glauben,

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