Das Tor nach Andoran (German Edition)
Drachengebirge, mich bringen keine zehn Pferde dazu, einen Mantikor zu besteigen.«
Abwehrend hob Kalero die Hände, dabei machte er einige Schritte zurück. Riana baute sich demonstrativ vor Kalero auf. Die Hände in ihre Hüften gestemmt sah sie ihn einige Zeit schweigend an. Ihre Stimme nahm einen schneidenden Tonfall an, aus dem Ungeduld zu hören war, als sie zu sprechen begann.
»Kalero denke an die Wurrler, die sicher darauf aus sind, sich an jedem zu rächen, der für ihre Niederlage verantwortlich ist. Dazu kommt noch Jehaso, dem deine Flucht auch nicht gleichgültig sein dürfte. Wenn du dich weigerst, mit uns zu kommen, ist das deine Sache, aber ich kann nicht zulassen, dass du unsere Pläne verrätst.«
Kalero hob abwehrend die Hände, wobei ihn ein unbehagliches Gefühl beschlich, als er Riana in die Augen blickte. Dort sah er grenzenlose Entschlossenheit, die ihr Gesicht wie in Marmor gemeißelt erscheinen ließ. »Selbst wenn sie mich über einem Feuer rösten, von mir erfahren die nichts,« beteuerte Kalero rasch und zog sich noch weiter zurück. Riana machte ihm mit einem Mal Angst, doch ihre Antwort jagte ihm einen Schrecken ein, dass es ihm kalt über den Rücken lief.
»Sie werden dich töten Kalero, glaub mir, aber zuvor werden die Wurrler dich foltern und du wirst unsägliche Schmerzen erleiden. Am Ende wirst du alles verraten, was du weißt. Weshalb steigst du nicht einfach auf den Mantikor und kommst mit uns? Du hast zwei Minuten dich zu entscheiden.«
»Was willst du dagegen tun, mich einfach umbringen,« reagierte Kalero trotzig. Rianas Miene hellte sich unmerklich auf, als sie nachdenklich zugab.
»Daran hatte ich schon gedacht, aber ich kenne einen anderen, unblutigeren Weg. Ich werde dich, um uns nicht in Gefahr zu bringen, dazu zwingen mit uns zu kommen, du weißt ich habe die Macht dazu. Willst du in Zukunft als Marionette herumlaufen, oder uns freiwillig folgen? Es ist deine Entscheidung, überleg aber nicht zu lange, denn wir haben nicht mehr viel Zeit. Wie entscheidest du dich?«
Sprachlos starrte Kalero Riana an und fragte unsicher zurück. »Das würdest du tun?«
Rianas Schulterzucken und ihr Gesichtsausdruck bestärkten ihn, dass sie es ernst meinte. Sie würde ihn zwingen, vielleicht sogar töten, wenn er nicht mitkam.
»Gut ich besteige dieses Vieh, aber es ist deine Schuld, wenn ich dabei umkomme,« gab Kalero kleinlaut bei. Mit zusammengepressten Lippen näherte er sich dem Mantikor, der ihn nur kurz musterte. Kalero schwang sich auf den Rücken, wo er hinter den leicht ausgestellten Flügeln Platz nahm.
Kalero hielt seine Augen geschlossen und krallte sich in der Mähne fest. Er wagte es kaum zu atmen, als der Geflügelte zu laufen begann und mit den mächtigen Schwingen schlug. Als er nach bangen Minuten die Augen wieder öffnete, klammerten sich seine Finger noch fester in der Mähne fest.
Unter ihm zog die Hügellandschaft des Vorgebirges mit seinen einzelnen Baumgruppen, den kleinen Wasserläufen und seinem sattgrünen Gras dahin. Weiter vorne sah Kalero den Drachen, auf dem Granak und der Junge saßen. Daneben erblickte er Riana auf einem Mantikor. Zu beiden Seiten wurden sie von Harpyien flankiert, die wachsam die Landschaft unter ihnen beobachteten. Allmählich entspannte sich Kalero, in dessen Inneren sich eine Euphorie zu regen begann, die er nur schwer unterdrücken konnte. Als er sich umblickte, sah er weitere Harpyien und Mantikore, die sie begleiteten. Er konnte nicht anders und mit einem entzückten Schrei machte er seiner Euphorie Luft. Sie flogen auf das Drachengebirge zu, das sich mächtig mit seinen eisbedeckten Gipfeln vor ihnen aufbaute.
Mit gleichmäßigen Flügelschlägen glitt sein Mantikor dahin, da bemerkte Kalero eine der Harpyien, die vorsichtig an den Drachen heranflog und sich mit dem Jungen durch Handzeichen verständigte. Sie deutete über ihre rechte Schulter nach unten und gestikulierte aufgeregt.
Julian sah zu der angedeuteten Stelle hinunter, dann nickte er kurz und sprach mit Riana, die das Zeichen zur Landung gab. Kalero fühlte, wie sich der Körper seines Mantikor nach vorne senkte und den anderen folgte. Nahe eines lichten Wäldchens setzte sein Mantikor die Füße auf dem Boden auf und lief einige Schritte, bis er zum Stehen kam.
Kalero vernahm das Rauschen eines Baches, der in der Nähe vorbeiführte, und hoffte dort vielleicht für das Abendessen Fische zu fangen. Er spürte die Aufregung, die die Gruppe ergriffen
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