Das Tor nach Andoran (German Edition)
geheimnisvoll auftauchte, wie seine Sklaven.
Das Innere der Festung durchzogen unzählige schmale verwinkelte Gänge, in denen sich so mancher Sklave verlaufen hatte und für ewig verschollen blieb. Schon bei ihrem Betreten empfing einen die kalte Düsterheit seines Besitzers und jagte einem Schauer über den Rücken.
Das alles ging Gallan durch den Kopf, während ihn die Wachen Richtung Westflügel schleiften. Alles in seinem Inneren bäumte sich dagegen auf, sang- und klanglos in den Tiefen von Kishos Burg zu verschwinden.
In den Gängen, die seine Bewacher mit ihm passierten, kamen ihnen nur hin und wieder Sklaven entgegen, in deren Gesichtern die Hoffnungslosigkeit und die Qualen eingegraben waren, die sie in ihrer Gefangenschaft erleiden mussten. Erleichtert atmeten die Unglücklichen jedes Mal auf, wenn sie die Wachen mit ihren Gefangenen hinter sich lassen konnten, ohne von ihnen gedemütigt oder geschlagen zu werden. In den von trübem Licht der Fackeln beleuchteten Gängen beobachtete Gallan seine Bewacher aus halb geöffneten Augenlidern. Ihr Ziel war die Treppe im Westflügel, von wo diese hinab zu den Verliesen führte.
Gallans Bewacher, zwei zentarische Krieger stammten aus dem angrenzenden Hochland, das sich im Norden erstreckte, und sie stellten die Leibwache und die Armee Kishos. Sie waren die Soldaten Kashims und diesem treu ergeben, obwohl ihnen bewusst war, dass andrerseits Kashim seine Befehle vom Baron empfing.
Auf diese Truppe mit Kashim an der Spitze konnte sich Kisho verlassen. Kisho hielt den Sohn ihres Fürsten zur Sicherheit gefangen, um sich damit seiner Ergebenheit zu versichern. Kashima, so hieß der Sohn wurde vermutlich in einem der obersten Stockwerke der schwarzen Festung gefangen gehalten, so genau wusste das niemand außer dem Baron selbst. Jeder Versuch den Sohn des Fürsten zu befreien hätte unweigerlich dem Leben des Jungen ein Ende bereitet.
Gallans Gedanken konzentrierten sich auf seine Bewacher.
Seine Wärter waren grobschlächtige Kerle mit ungeheueren Kräften, denen kein Mensch auf Andoran gewachsen war. Sie überragten Gallan um mindestens zwei Köpfe, obwohl die Nayati dessen Volk er angehörte, als hochgewachsen galten. Ihre breite Brust und ihre Schädel waren glatt rasiert, nur wenige von ihnen ließen am Hinterkopf ein Büschel Haare stehen, das sie zu einem Zopf zusammen flochten. Die Gesichter abstoßend und unförmig erinnerten an unfertige Skulpturen, von denen die wulstigen Lippen und der breite Mund besonders hervor stachen. Ihre an Säulen erinnernden Beine steckten in Hosen aus grob gegerbtem Leder, dessen Gestank sie auf Schritt und Tritt begleitete. Viele von ihnen hatten sich zudem die Köpfe und die Brust mit ornamentartigen Zeichen tätowiert, was ihr Aussehen noch bedrohlicher machte.
Doch trotz ihrer gewaltigen Körperkräfte hatte die Zentaren einen entscheidenden Nachteil. Unter ihren massigen Körpern litt auch ihre Beweglichkeit. Sie bewegten sich plump und behäbig, zudem kannten sie kein eigenständiges Denken und Handeln, sie befolgten einfach nur Befehle. Dieser Umstand machte sie zu grausamen unerbittlichen, aber auch zu verletzbaren Kriegern. Wenn sie erst einmal einen Befehl erhielten, führten sie ihn auch gnadenlos aus, selbst wenn es ihr eigenes Leben kostete.
* Du wirst nur Erfolg haben, wenn es dir gelingt, sie zu überraschen. Du musst schnell sein, nur so hast du eine Chance, * hämmerte sich Gallan ein.
Durch die endlosen Gänge der Festung kamen sie an Ständern mit Schwertern, Morgensternen und anderen Mordwerkzeugen vorbei. Die Gänge lagen wie ausgestorben vor ihnen. Keine anderen Wachen oder Sklaven kamen ihnen entgegen oder folgten der Gruppe.
* Jetzt oder nie, * schoss es Gallan durch den Kopf. Wenn er jetzt nicht handelte, bekam er keine Gelegenheit mehr zu fliehen.
Der Druck der Hände seiner Bewacher hatte inzwischen etwas nachgelassen, weil Gallan, obwohl sein Schädel noch immer dröhnte, mit ihnen Schritt halten konnte. Urplötzlich ließ sich Gallan fallen und trat seinem rechten Bewacher von hinten in die Kniekehlen. Mit einem überraschten Laut ließ dieser seinen Arm los und kippte nach hinten, wo er schwer auf dem Marmorboden aufschlug und benommen liegen blieb. Gallan sah das ungläubige Gesicht seines linken Bewachers, als er ihm den Dolch aus seinem Stiefelschaft in die Brust stieß. Sofort wandte er sich dem anderen zu, der gerade versuchte benommen auf die Beine zu kommen und den Mund zu einem
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