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Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Kind erzählte? Er hatte sie nie angerührt, wie also sollte er nicht wütend sein, wenn sie ihm gestand, guter Hoffnung zu sein? Wie sollte er Flint nicht aus dem Haus werfen, wenn die beiden ihn vor vollendete Tatsachen stellten? Schließlich konnte er ihnen ein solches Fehlverhalten nicht durchgehen lassen, ohne ihre Achtung zu verlieren. Seine Würde und seine Ehre als Meister waren alles, was er noch besaß. Er atmete tief durch. Wie sollte es nur weitergehen? So wie Catlin sich benahm, würde sie ihn und die Gießerei womöglich verlassen, wenn er Flint vor die Tür setzte, und ihm folgen. Die Vorstellung, künftig ohne sie leben und arbeiten zu müssen, hielt er nicht aus. Immer wieder hatte er mit ihr darüber gesprochen, wie sehr er hoffte, eines Tages noch größere Glocken als bislang zu gießen, um tiefere, sattere Töne zu erzielen. Wenn sie darüber nachgedacht hatten, wie wunderbar sich die Glocken anhören würden, waren sie stets ins Schwärmen geraten. Zuweilen war es ihnen so vorgekommen, als könnten sie den harmonischen Klang, den sie anstrebten, nicht nur in Gedanken hören, sondern auch fühlen. Niemals hatte er sich inniger mit Catlin verbunden gefühlt als in jenen Augenblicken. Nun aber war sie fahrig und abgelenkt, blickte sich ständig um, ob sich Flint in der Nähe aufhielt, und merkte gar nicht, wie auffällig sie sich benahm. Umso erstaunter war John, als sie an diesem gewöhnlichen Dezembertag mit Kiebitz und Bier nach Hause kam.
    »Ich war bei Nigel«, erklärte sie und erzählte von Richard und der geplanten Reise zu ihrem Vater. Dabei goss sie ihm immer wieder Bier nach, erwähnte den Tag ihrer ersten Begegnung in der Abtei von St. Edmundsbury, sprach von der Anziehungskraft, die das Handwerk und Johns Wissen stets auf sie ausgeübt hatten, erwähnte die große Glocke, die sie eines Tages gemeinsam gießen würden, nahm seine Hand und streichelte sie. Dabei lachte sie und fuhr sich aufreizend durchs Haar, bis er begriff, dass sie ihn verführen wollte. Ärger und Enttäuschung nahmen ihm die Luft zum Atmen. Sie hatte vor, ihn ins Bett zu zerren und ihm anschließend den mit Flint gezeugten Bastard unterzuschieben! John wollte aufspringen, sie anbrüllen, ihr ins Gesicht sagen, dass er sie durchschaute und für ihr Tun verachtete, doch dann wurde ihm klar, wie vernünftig diese Lösung war. Also blieb er sitzen und dachte nach. Seinen Schwur gegenüber Gott wollte er um nichts in der Welt brechen, und doch gedachte er nach dem Strohhalm zu greifen, den Catlin ihm hinhielt. Er leerte einen weiteren Becher, dann wusste er, was zu tun war.

    Als John den Krug schließlich ausgetrunken hatte, schien der rechte Augenblick gekommen, mit ihm die Kammer aufzusuchen. Er kicherte ständig, war gelöster, fröhlicher als sonst und geradezu anhänglich. Er war näher gerückt, hatte seine Hand auf ihren Rücken gelegt und ihr gar einen Kuss auf die Wange gehaucht. Wenn Catlin ihn überhaupt je verführen konnte, dann jetzt. Bei dem Gedanken pochte ihr Herz wie wild. Du wolltest doch unbedingt Glockengießerin werden, das hast du nun davon, sagte sie sich. Um dir deinen Traum zu erfüllen, warst du gar bereit, ihm beizuwohnen, wann immer er darauf bestanden hätte, so wie es deine Pflicht als sein Eheweib gewesen wäre, wenn er nicht zufällig ein Keuschheitsgelübde abgelegt hätte. Also stell dich nicht so an!, rief sie sich selbst zur Ordnung. Als Jungfer hatte sie weder eine Vorstellung davon gehabt, was zwischen Eheleuten geschah, noch hatte sie ein rechtes Bild von der Liebe gehabt. Nichts hatte sie gewusst von den Gefühlen, die Zweisamkeit in einer Frau auslöste, wenn sie sich dem Geliebten ganz ergab, nackt, wie der Herr sie geschaffen hatte, schutzlos und vertrauensvoll. Das Verschmelzen zweier Körper, die Innigkeit jeder Berührung, die Glückseligkeit der Erschöpfung, all das kannte sie nur mit Flint. Mit John würde es ein Akt der Vernunft werden, kein Akt der Liebe. Der Gedanke trieb ihr Tränen in die Augen, die sie jedoch geschickt zu verbergen wusste.
    »Komm!«, sagte sie, nahm ihn bei der Hand und zog ihn die Treppe hinauf, vorbei an der Kammer, in der Flint für gewöhnlich schlief oder darauf wartete, sich zu ihr schleichen zu können. Zum Glück war er nicht im Haus. Wenige Worte und der Anblick des Bierkruges hatten genügt, um ihn über Catlins Absicht in Kenntnis zu setzen. Mit einem herablassenden Zug um den Mund hatte er sich davongemacht. Er wollte in die Schenke,

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