Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
verbarg. Vielleicht hatte er gar eine heimliche Geliebte. Eine verheiratete Frau womöglich. Catlin straffte die Schultern. Im Grunde geschah es ihm ganz recht, dass er hintergangen wurde, war er doch ebenfalls nicht ganz ehrlich.
»Mach ihn einfach betrunken!«, hatte Flint vorgeschlagen, nachdem sie ihm erklärt hatte, dass John ihren Reizen ganz sicher widerstehen werde. Die Aussicht auf Erfolg indes – nachdem er sich einen Rausch angetrunken hätte – war in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Catlin atmete tief durch. Wie auch immer sie es anstellte, sie würde John ein Unrecht zufügen. Ganz gleich, was er in der Vergangenheit getan hatte und vor ihr verbarg, er war ihr stets ein guter Gemahl gewesen und verdiente eine solche Missachtung nicht. Trotzdem musste sie es tun. Am besten, noch bevor sie mit Richard zu ihrem Vater aufbrach. Nach ihrer Rückkehr würde sie John dann von dem Kind erzählen und achtgeben, dass man ihren Bauch nicht zu früh bemerkte.
Schweren Herzens beschloss sie also, auf dem Heimweg einen Krug Starkbier zu kaufen, um den Plan in die Tat umzusetzen. Wenn sie selbst nur daran nippte, dann reichte der Inhalt gewiss, um John betrunken zu machen, denn er vertrug nicht viel. In der Hoffnung, ihn zum Bruch des Keuschheitsgelübdes zu bewegen, erstand sie einen Krug Bier und einige Bissen von Johns Leibspeise. Er schätzte das zarte Fleisch des Kiebitzes, besonders wenn die winzigen Keulen und Bruststücke kräftig angebraten und dadurch kross und saftig zugleich waren. Die Portion, die sie erstand, war groß genug, um den ersten Hunger eines hart arbeitenden Mannes zu stillen, doch zu klein, um ihn zu sättigen. Je weniger er zu essen bekam, desto rascher würde der Gerstensaft ihn benebeln. Catlin zupfte sich unsanft am Ohr und kämpfte gegen ihr schlechtes Gewissen an. Damit John nicht misstrauisch wurde, galt es nun noch, einen Grund zu finden, warum sie sein Lieblingsgericht und das Bier gekauft hatte. »Richard!«, murmelte sie, und ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Sie würde John tatsächlich um Erlaubnis bitten, ihren Vetter nach St. Edmundsbury begleiten und ihren Vater besuchen zu dürfen. So würde der Glockengießer glauben, sie wolle ihn mit Fleisch und Bier milde stimmen. Ja, er würde nicht einmal Verdacht schöpfen, falls er ihr schlechtes Gewissen bemerkte. Catlin seufzte aus tiefster Seele. Was sie vorhatte, fühlte sich niederträchtig an, auch wenn es so aussah, als gebe es keinen anderen Ausweg. Einige Schlucke Bier werde ich für mich selbst benötigen, dachte sie verzagt, denn es war schwer, die Kraft für diesen unheiligen Akt zu finden und einen Mann zu verführen, den sie nicht liebte. Auch der Gedanke, John könne gar Gefallen am Vollzug der Ehe finden und künftig womöglich häufiger auf seinem Recht bestehen, jagte ihr Angst ein. Was, wenn er glaubte, nichts mehr zu verlieren zu haben, sobald sein Keuschheitsgelübde erst einmal gebrochen war?
Nachdem Randal der Frau des Glockengießers zum Haus des jungen Kaufmannes gefolgt war, hatte er nicht anders gekonnt, als den beiden auf den Fersen zu bleiben – in der Hoffnung, etwas in Erfahrung zu bringen, das sich gegen sie verwenden ließ. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Die Früchte seiner Arbeit konnte er nicht gleich ernten, doch seine Geduld würde gewiss schon bald umso großzügiger belohnt werden. Einer Liebschaft zwischen den beiden war er nicht auf die Schliche gekommen, als er sie belauscht hatte, dafür war etwas viel Unglaublicheres dabei herausgekommen. Etwas, das er nutzen würde, um die Werkstatt zurückzugewinnen, darum war er mehr als zufrieden. Darüber hinaus hatte er erfahren, dass der junge Kaufmann, der die Werkstatt erworben und sie nicht ihm, sondern dem Glockengießer verpachtet hatte, vom Schicksal hart bestraft worden war. Beinahe zu bedauern war er, fand Randal, schließlich schmerzte es gewiss, sein Weib auf so unglückselige Weise zu verlieren. Außerdem bedeutete der Umstand, eine Selbstmörderin zur Frau zu haben, nichts als Schande und Schmach. Wie schnell kamen in einem solchen Fall Gerüchte in Umlauf, die sich auf sein Geschäft auswirken, ja, sogar den Verlust seines Vermögens bedeuten konnten. Verleumdungen und Verdächtigungen trieben in solchen Fällen oft seltsame Blüten und hinterließen auf diese Weise nicht nur einen trauernden, sondern früher oder später womöglich auch einen verarmten, vielleicht gar saufenden Ehemann.
Wie gut,
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