Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Nigel in der Hölle, und der Gedanke, dort für alle Zeiten in den Feuern zu brennen, jagte ihr abgrundtiefe Angst ein. John dagegen würde nach seinem Tod das Tor zur Ewigkeit durchschreiten und bei den Engeln wohnen, dessen war sie sicher.
Zwei Tage später betrat ein Fremder mit einer Nachricht ihres Vetters die Werkstatt.
»Das war Richards Bote«, erklärte Catlin, nachdem der Mann gegangen war, und versuchte fröhlich zu klingen, obwohl das schlechte Gewissen sie noch immer plagte.
John nickte, ohne von seiner Arbeit aufzublicken. Seit er sein Gelübde gebrochen zu haben glaubte, konnte er ihr kaum noch in die Augen sehen.
»Morgen nach Sonnenaufgang ist Aufbruch. Ich soll mich bereithalten«, berichtete Catlin weiter und musste nicht einmal Mühe aufwenden, damit ihre Stimme zitterte. Beim Gedanken, zur Schmiede und zu ihrem Vater zurückzukehren, erbebte sie ganz ohne eigenes Zutun.
»Dann solltest du Corvinus gleich zum Mietstall schicken, damit er dir ein Pferd besorgt.«
»Oh, das ist nicht nötig! Laut dem Boten leiht mir Richard eines seiner Pferde. Nun ja, da er weiß, welch jämmerliche Reiterin ich bin, hat er vermutlich eher ein Maultier für mich vorgesehen.« Bei dem Gedanken, wie ungeschickt sie auf einem Maultier aussähe, umgeben von stattlichen Rittern hoch zu Ross, schüttelte sie lachend den Kopf. »Beim letzten Mal hätte ich um ein Haar zugelassen, dass meine beste Freundin zertrampelt wurde.«
John sah plötzlich auf. »Ich erinnere mich daran, du warst noch Tage danach vollkommen aufgelöst.« Er widmete sich wieder seiner Tätigkeit. »Ich will diese Arbeit noch rasch beenden, bevor es zu dunkel wird«, erklärte er und bemühte sich redlich, gleichgültig zu wirken. »Essen wir bald?«
»Ein wenig dauert es noch, ich wollte uns zum Abschied ein Huhn braten, wenn es dir recht ist.« Als John nickte, rief Catlin nach Corvinus. »Komm und hilf mir!«, forderte sie ihn auf und betrat den Hof, um die braune Henne einzufangen, die keine Eier mehr legte, seit der alte Hahn gestorben war. Statt sich mit dem schönen jungen Gockel zu trösten, trauerte sie ihrer alten Liebe nach, rupfte sich die Federn aus und hatte so ihr Schicksal selbst besiegelt.
Catlin tat die ganze Nacht über kaum ein Auge zu, so bang sah sie der Reise entgegen. Die Aussicht, das bevorstehende Christfest nach Jahren wieder einmal in der Schmiede zu verbringen, wärmte ihr das Herz, wenngleich sie sich auch vor dem väterlichen Zorn fürchtete. In der Gießerei war Weihnachten bislang ein einsames, trauriges Fest gewesen. John war an Feiertagen stets noch verschlossener gewesen als sonst, und Flint hatte die meiste Zeit in der Schenke verbracht. Nur Corvinus hatte sich stets bemüht, zusammen mit Catlin für etwas heimelige Stimmung zu sorgen. Er hatte ihr beim Kochen und Backen geholfen und gemeinsam mit ihr Stechpalmen und Mistelzweige aufgehängt.
»Was meinst du – könntest du auch Corvinus entbehren? Ich nähme ihn gern mit, wenn Richard einverstanden ist«, sprach sie darum am Morgen der Reise ihren Ehemann an, als der sich gerade den Bart schabte. »Weihnachten in der Schmiede ist ein ganz besonderes Fest«, fügte sie leise hinzu.
John hob die Schultern. »Ist nicht viel zu tun während dieser Zeit. Meinetwegen nimm ihn mit.«
Catlin strahlte. »Danke!« Sie riss die Tür zur Kammer auf. »Corvinus!«, rief sie. »Corvinus, schnür dein Bündel! Ich werde Richard fragen, ob du mitkommen kannst.«
Die Tür auf der anderen Seite flog auf. »Ist das wahr?«, rief Corvinus aufgeregt. »Ich darf mit?«
»Wenn Richard einverstanden ist.« Catlin lächelte. Sie war sicher, dass ihr Vetter nichts dagegen hatte, und dankbar, die Reise nicht allein antreten zu müssen, auch wenn die anfängliche Übelkeit nahezu verschwunden war und sie sich stark genug für den langen Ritt fühlte.
Flint hingegen würde sie sicher schmerzlich vermissen. Immer wieder hatte sie sich in den letzten Tagen an ihn geschmiegt und seine Küsse ebenso genossen wie die offensichtliche Erregung, die er zeigte, sobald sie in seinen Armen lag. Bevor sie auseinandergegangen waren, hatte Catlin ihm tief in die Augen gesehen und darin nach dem Versprechen gesucht, dass er sie ewig lieben und ihr bis ans Lebensende treu sein werde. Flint aber hatte nur derb gescherzt und war ihrem sehnsüchtigen Blick ausgewichen. Es fällt ihm schwer, mich gehen zu lassen, hatte Catlin überglücklich daraus geschlossen und war nun zum Aufbruch
Weitere Kostenlose Bücher