Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Schmiede eines Tages übernehmen zu können, dann hatte sie sich geirrt. Lieber kehrte er zu seinem Bruder nach Orford zurück oder zog in die Fremde. Auf keinen Fall würde er der jungen Frau einfach verzeihen, dass sie ihren Vater so bitter enttäuscht hatte. Dass sie einen ihr vollkommen fremden Mann nicht hatte heiraten wollen, konnte Alan ja noch verstehen. Aber dass sie ihren Vater ganz allein mit der Schmiede zurückgelassen hatte und einfach verschwunden war, fand er unverzeihlich. Und so würdigte er sie keines Blickes, selbst als Sir Richard sie miteinander bekannt machte.
»Ich weiß, dass sie dich verletzt hat«, sagte Richard wenig später. »Auch ich war wütend auf sie, doch sie ist meine Base …«
»Nun, meine nicht«, erwiderte Alan kühl. »Sie ist die Tochter des Meisters, und als solche werde ich sie achten«, erklärte er. »Mehr nicht.«
Als sie jedoch alle beim Abendessen um den großen Tisch herumsaßen und Catlin von ihrer Arbeit erzählte, verrauchte sein Zorn. Sie sprach mit solcher Leidenschaft von ihrem Handwerk, dass er nicht anders konnte, als ihr mit halb geöffnetem Mund zuzuhören. Letztlich musste er sie sogar bewundern, dass sie ihre Freunde, ihr Heim und den ganz offensichtlich geliebten Vater aufgegeben hatte, nur um sich den Traum vom Glockengießen zu erfüllen. Von ihrem Gemahl sprach sie mit größter Hochachtung, allerdings ohne das Funkeln, das die Liebe in die Augen einer Frau zauberte. Sobald sie aber von den Tönen der Glocken, ihrer Klangfülle und Ausdrucksstärke, ihrem Widerhall und dem Gefühl tiefster Rührung sprach, die das Geläut verursachte, leuchtete sie wie der hellste Stern am Himmel. Alle hingen an ihren Lippen und freuten sich, wenn sie stolz von den Erfolgen der Gießerei berichtete. Sie bangten mit ihr, wenn sie erzählte, wie schwierig es war, eine Glocke zu gießen, ohne dass Einschlüsse oder Risse entstanden. In dieser Hinsicht, so stellten die Schmiede fest, ähnelte der Guss einer Glocke dem Härten von Schwertklingen, das jedes Mal zu einem aufregenden Ereignis wurde und mit einem Festmahl begangen wurde, wenn es gelang. Nach und nach begriff Alan, dass Catlins Arbeit, ihre Hoffnungen und Ängste sich von den seinen nicht sonderlich unterschieden, und wollte plötzlich Näheres über dieses Handwerk erfahren. Während Corvinus die Schilderungen der jungen Frau immer wieder mit heftigem Nicken bestätigte, geriet diese so sehr ins Schwärmen, dass ihre Wangen vor Aufregung kirschrot erglühten. Bei diesem Anblick begriff Alan, was seinen Großvater Jean so sehr an Catlins Großmutter gefesselt haben musste, dass er sein Leben lang an ihrer Seite gearbeitet und nie das Verlangen verspürt hatte, an ihrer statt Meister in der Schmiede zu werden. Nie hatte Alan eine Frau kennengelernt, die solch eine Leidenschaft besaß, nie sich so sehr gewünscht, dass ein Abend nicht enden möge.
Als Catlin am nächsten Morgen die Schmiede aufsuchte, schmiedete Alan gerade eine Klinge aus und hätte gut ein wenig Hilfe gebrauchen können. Da alle Helfer beschäftigt waren, wandte er sich an Catlin.
»Traust du dir noch zu, einen Hammer zu schwingen?«, erkundigte er sich freundlich und warf einen kurzen Blick auf die Werkzeuge, die an der Wand hingen. Auch Catlins alter Handhammer befand sich darunter.
»Gewiss doch!«, antwortete sie freudig, nahm geschwind den Hammer in die Rechte, stellte sich auf die andere Seite des Ambosses und wartete auf Alans Zeichen. Als er mit dem Kopf nickte, schlug sie auf das Werkstück, wartete, bis auch er zugeschlagen hatte, so wechselten sie sich auch weiterhin mit jedem Hieb ab. Auf diese Weise nutzten sie die Hitze zweimal so gut aus und kamen einen ganzen Schritt schneller vorwärts. Alans Herz klopfte wild, als er das Eisen erneut ins Feuer legte. Sie hatten in so vollkommenem Rhythmus gearbeitet, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes getan, als miteinander zu schmieden. Catlins Gesicht war feuerrot und glänzte vor Schweiß. Wie schön sie doch war!
»Ich hatte fast vergessen, wie aufregend das Schmieden sein kann«, sagte sie ganz außer Atem und lächelte. »Ich verstehe, warum mein Vater so große Stücke auf dich hält«, sagte sie anerkennend, dann senkte sie schuldbewusst den Blick. »Es tut mir leid«, murmelte sie kaum hörbar. »Es hatte nichts mit dir zu tun. Ich meine … dass ich gegangen bin.«
»Ich weiß.« Alan nickte und warf einen Blick auf das weiß glühende Eisen. »Hilfst du mir noch
Weitere Kostenlose Bücher